Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
Wanne, die darin stand, hatte sie noch nicht ausprobieren können.
    Bis sie es geschafft hatte, aus ihrem Korsett herauszukommen, würde sie sich damit begnügen müssen, sich auf dem Zimmer mit dem Schwamm abzuwaschen.
    Nachdem die Herrschaft zu Abend gegessen hatte, half Margaret Mrs Budgeon, im Abstellraum neben ihrer Stube das Porzellan zu spülen. Der Raum war zu diesem Zweck mit einer speziellen hölzernen Spüle ausgestattet, die mit Blei ummantelt war. Nach dem Abtrocknen prüfte die Haushälterin jedes einzelne Stück sorgfältig auf irgendwelche Beschädigungen und stellte es dann zurück in den Schrank.
    Der Abend ging in die Nacht über und Margaret begann sich heftig nach ihrem Kämmerchen mit dem schmalen Bett zu sehnen – obwohl sie sich fragte, ob ihre zitternden Beine sie auch nur noch ein einziges Mal die vielen Treppen hinauftragen würden! Vor Müdigkeit und Selbstmitleid traten ihr die Tränen in die Augen. Noch so einen Tag würde sie nicht durchstehen, ganz zu schweigen von dreieinhalb Monaten.
    Als ihre Pflichten endlich erfüllt waren, ging Betty mit ihr hinauf auf den Dachboden und in ihre Kammer. Dort schloss sie die Tür und sah sie an. Nach dem langen Tag hatten sich einige Strähnen ihres rotbraunen Haars gelöst und kamen unter der Haube hervor. Ihre elfenblauen Augen betrachteten sie besorgt. Margaret erwartete einen Tadel, doch stattdessen sagte Betty: »Ich habe heute Morgen gesehen, dass du in deinem Korsett geschlafen hast. Hast du es noch immer an?«
    Margaret bekam rote Wangen und nickte schüchtern. »Ich komme nicht an die Bänder heran.«
    Betty schüttelte den Kopf und seufzte schwer geprüft auf. »Gut. Ich ziehe es dir aus.«
    Das tat sie auch. Welch ein Segen, das Ding los zu sein! Margaret hatte das Kleidungsstück rund um die Uhr getragen, während sie schwere, ihr völlig ungewohnte Arbeit verrichtete, und es hatte Spuren auf der Haut hinterlassen. Betty betrachtete die Striemen und erklärte, dass sie ihr von nun an morgens und abends helfen würde.
    Wenn ich so lange lebe , dachte Margaret.
    Betty drückte ihren Arm, als könne sie ihre Gedanken lesen. »Mit der Zeit wird es leichter, du wirst schon sehen.«
    Es war zehn Uhr vorbei, als Margaret schließlich ins Bett kroch. Trotz ihrer Erschöpfung konnte sie nicht sofort einschlafen. Sie hatte das Betttuch bis zum Kinn hochgezogen, doch die Decke, die an diesem warmen Sommerabend viel zu dick war, am Fußende zusammengefaltet. Sie hatte das kleine Fenster geöffnet, aber es regte sich kein Lufthauch. Sie schob das Bettlaken bis zur Taille hinunter – schon diese geringe Anstrengung ließ sie aufstöhnen. Noch nie war sie körperlich dermaßen erschöpft gewesen. Ihre Arme schmerzten von der ununterbrochenen Anstrengung – fegen, Lappen auswringen, Böden schrubben, Geländer polieren, Betten machen, sich recken, um Fenster zu putzen und Spinnweben zu entfernen, schwere Wassereimer tragen und mehr. Ihre Beschäftigung mit Nadel und Aquarellfarben, ihre Stunden am Klavier hatten ihre zarten Arme nicht auf derartige Tätigkeiten vorbereitet.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und massierte sich die Oberarme. Ihre Hände waren voller Blasen und völlig ausgetrocknet von dem heißen Seifenwasser, der schwarzen Schuhwichse und der Lauge. Gott sei Dank war sie nicht als Waschfrau eingestellt worden, dann würde sie Fairbourne Hall mit Armstümpfen verlassen.
    Sie drehte sich im Bett um. Auch ihre Beine taten weh, vom ständigen Treppensteigen mit Eimern, Stapeln gebügelter Bettwäsche, Körben mit frisch gewaschenen Kleidungsstücken und ihrer Kiste mit Putzutensilien. Wenn das so weiterging, hatte sie in Kürze Beine wie ein Maultier.
    Sie war so müde … und konnte dennoch nicht einschlafen. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken an Arbeitsgeräte, Pflichten, Unterweisungen und Warnungen. Schuhbürsten, Kaminrostbürsten, Bettbürsten. Fensterläden öffnen um sieben, Betten machen um elf. Niemals Kerzenwachs heruntertropfen lassen. Niemals Mahagoni wachsen. Immer die Hände schrubben zwischen dem Schuheputzen und dem Bettenmachen. Was immer du tust, sprich niemals die Herrschaft an, es sei denn, du wirst angesprochen. Unaufhörlich drehte sich das Karussell. Margaret stöhnte erneut. Sie hätte nie gedacht, dass die Arbeit eines Dienstmädchens so anstrengend war.
    Es kam ihr noch immer unwirklich vor, dass sie diese Arbeit tatsächlich auf dem Landsitz der Familie Upchurch verrichtete. Wie seltsam es

Weitere Kostenlose Bücher