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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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jetzt erschien ihm alles unwichtig im Vergleich mit Æringa. Dunkel ahnte er zwar, dass da eine Entscheidung auf ihn lauerte, der er irgendwann nicht mehr würde ausweichen können. Aber im Augenblick war es vollkommen gleich.
    Am nächsten Tag ging er gleich früh morgens mit seinem Tragereck vor die Tore der Stadt, um Laggar und einige andere Vögel zu fliegen. Hárvar hatte ihm eingeschärft, nur Krähen zu beizen und anderes Getier, was für den König nicht von Wert war. Kyrrispörr hörte dies nur ungern, da er gerade die jüngeren Falken nicht durch die Jagd auf wehrhafte Krähen verschrecken wollte. Aber heute ging ihm dennoch alles ganz leicht von der Hand. Als er am Abend nach seiner Mannschaft sah, war er fröhlich und gelöst wie nur selten. Die Männer dankten es ihm mit guten Trinksprüchen. So kam er erst spät wieder zurück und hatte sich doch den ganzen Abend nur auf diesen Moment gefreut: Wo er endlich wieder ein Weilchen Æringa für sich hatte.
    Die nächsten Tage vergingen in ähnlicher Folge. Bis Hárvar Kyrrispörr eines Morgens sagte, er solle die Vögel allesamt prüfen, auf dass sie sich für den nächsten Tag gut präsentierten und saubere Schnäbel haben mögen. Der Knecht würde sich um die Recks und Julen und Blöcke kümmern, und Hárvar selbst um die Adler.
    »Der König hat sich angekündigt«, erklärte er. Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile riss es Kyrrispörr aus den Träumen um Æringa.
    »König Tjúguskegg kommt?«
    Hárvar nickte.
    »Und er möchte die Greifen sehen. Stell die allzu ramponierten auf das große Reck im Hof, wir bringen sie morgen im hinteren Teil unter. Ach, und sieh zu, dass du den Sperber fein machst! Des Königs Gemahlin Sigri begleitet ihn, und du weißt ja, wie die Damen die kleinen Glutäugigen lieben.«
    »Die Sigri?« Kyrrispörr schluckte. »Die früher fast König Olafs Gemahlin geworden wäre?«
    »Was weiß ich.«
    Hárvar gab dem Knecht Anweisungen, während Kyrrispörr hastig Hvelp herbeiwinkte.
    »Ist Tjúguskeggs Frau die Sigri, die König Olaf beinahe ehelichte? Weißt du das? Ich glaube, ich habe mal so was gehört!«
    »Sigri … von der man sagt, dass der König ihr einen goldenen Reif geschenkt hat, der aus Kupfer war? Die er geohrfeigt hat, als sie heiraten wollten? Ja, ich glaube schon.« Hvelpr klopfte ihm auf die Schulter. »Kümmer dich um dein Gefieder. Ich finde das heraus.«
     
    Gegen Mittag, als Kyrrispörr gerade alle unansehnlichen Vögel im Hof angebunden hatte, kam sein Freund zurück.
    »Sie ist es. Sigri ist Olafs ehemalige Verlobte. Aber warum interessiert dich das so?«
    Ehe Kyrrispörr antworten konnte, hörten sie hinter sich Guruns aufgeregte Stimme.
    »Sigri kommt? Mit König Tjúguskegg?«
    »Ja«, erwiderte Kyrrispörr. »Warum?«
    »Ja, warum?«, hörten sie Æringas Stimme, und Kyrrispörr war von einem Augenblick zum anderen wie verzaubert. Gurun wirkte hingegen wie vereist.
    »Warum sollte ich mich nicht für den König der Dänen und seine Gemahlin interessieren?«, entgegnete sie schnippisch. »Sie und ich sind schließlich von gleichem Stand gewesen.« Damit stolzierte sie hinfort, nicht ohne Kyrrispörr einen schmachtenden Blick zugeworfen zu haben.
    »Von gleichem Stand!«, schnaubte Æringa. »Eingebildete Gans, die. – Was war mit der Sigri?«
    »Sie wollte Olaf heiraten. Aber sie hat sich geweigert, den christlichen Glauben anzunehmen. Da hat er sie geohrfeigt, und sie hat ihm geschworen, dass dies einst sein Leben kosten wird. – Und dann war da noch das hier …« Kyrrispörr führte sie zu Laggar, der auf seinem Block saß und vor sich hin knilferte.
    »Das war einst der Vogel von König Olafs Schwester Astrid.«
    »Das war was?«, fragten Hvelpr und Æringa wie aus einem Munde.
    »Hvelpr, du erinnerst dich doch bestimmt an König Olafs Botschaft, die er an seine Schwester gesandt hat, als sie sich weigerte zu heiraten?«
    »Was, der gerupfte Falke?«
    »Das war Laggar hier. Astrid hätte ihn verenden lassen, aber Sigri bekam ihn in die Hände. Sie brachte ihn zum Treffen mit Olaf mit, als ihrer beider Heirat besiegelt werden sollte. Vielleicht um Olaf zu zeigen, dass sie sich ihm nicht unterwerfen wolle. Na, jedenfalls, als Olafr sie geohrfeigt hat, ist der Falke meinem Vater gegeben worden, der hat ihn in meine Obhut gelegt, weil er dachte, der Vogel stirbt ohnehin. Dank Oins Gnade konnte ich ihn erretten. Deswegen sind Laggar und ich so eng verbunden. Und jetzt kommt die Sigri wieder –

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