Die Magie des Falken
Ankunft des Königs. Die Frauen kannten sich – beide waren erstaunt über die andere, die viel jüngere Gurun bewunderte die Königin, und die beiden waren sofort in ein angeregtes Gespräch vertieft.
»Die Welt ist voller Wunder«, hörte Kyrrispörr Gurun sagen. »Da komme ich in diese Stadt und treffe dort jene Frau, der beinahe das gleiche Schicksal widerfahren wäre wie mir – Heirat mit Olaf, dem Hundsfott.«
»So ist es wohl. Aber sag, hast du wirklich Tryggvason zu töten versucht?«, fragte Sigri neugierig, und in ihrer Stimme lag Anerkennung. »Wäre es dir nur gelungen!«
»Was nicht ist, kann noch werden«, erwiderte Gurun.
»Ein Schinder ist er und ein Lügner«, bestätigte Sigri. »Seine Worte scheinen oft von Gold, aber wenn man den Glanz abkratzt, findet sich nur schnödes Kupfer – wie bei seinem Ring für mich. So fährt er auch ungehindert an unserer Nase vorbei zu den Jomsvikingern. Sobald er kann, wird er auch unsere Küsten verheeren!«
»Aber das sind Christenlande«, wagte Æringa aus dem Hintergrund einzuwerfen.
Gurun machte eine wegwerfende Handbewegung. »In Norwegen wollte er König sein, indem er alle seinem Gott unterwirft. Hier wird er diesen Vorwand nicht mehr brauchen, sobald er stark genug ist. England hätte er auch erneut überfallen, wenn es das Danegeld nicht gezahlt hätte. Seimar Kyrrispörr, du hast von seinem Schiffbau erfahren.«
»Er baut an einem großen Drachen, größer als alle Schiffe«, bestätigte Kyrrispörr. »Und er hat einen weiteren gewonnen, als er Rau besiegte. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
»Er muss aufgehalten werden, ehe er zu stark wird!«, bestätigte Gurun.
Sigri nickte zustimmend. »Das ist meine Rede. Ich hoffe, mein Gemahl schenkt ihr endlich Gehör, wo er diese Worte vernimmt?«
Sveinn wiegte den Kopf, ohne etwas zu erwidern.
»Seimar Kyrrispörr Hæricson hier befehligt ein Schiff mit vielen Männern«, erklärte Gurun, »deren einziges Ziel es ist, Olaf zu besiegen. Er selber ist ein mächtiger Magier, der von Oinn selbst den Befehl erhalten hat, Tryggvason zu töten. Wenn Ihr gegen Olaf fahrt, wird er unter Oins Schirm das Schlachtglück zu Eueren Gunsten wenden.«
»Aber der König ist Christ«, wandte Æringa ein. Es kostete die junge Frau große Überwindung, so frei vor dem König zu sprechen.
»Kyrrispörr trägt das Kreuz um den Hals, er hat die Primsegnung erhalten«, sagte Gurun. »Wenn die Hilfe von ihm kommt, wird sie wirken.«
»Aber er ist nicht getauft.«
Sveinn Tjúguskegg hob die Hand. Die Frauen verstummten.
»Ein Schiff hast du«, wandte er sich an Kyrrispörr.
»So ist es! Mit zwölf Kriegern, die nach dem Blut des Königs dürsten. Sie alle kommen aus Norwegen, sie alle haben durch seine Hand Verwandte verloren, sie alle stehen in Blutsfehde.«
Der König riss ein Stück vom Brot ab, das Hárvas Frau aufgetischt hatte, und nickte. Er erwiderte nichts, und alle spürten, dass die Zeit der Worte vorbei war. Nicht viel später verließ der König mit seinem Gefolge die Falknerei. Gurun und Sigri verabschiedeten sich ausnehmend herzlich.
Guruns Worte an den König schienen zunächst ungehört zu verhallen. Doch Kyrrispörr hatte erlebt, wie gut sich die Königin mit ihr verstanden hatte, und er war sich sicher, dass sie es nicht vergessen würde. Als es dann hieß, Sveins Schwester Þyri sei gen Norwegen geflohen und habe sich mit Olaf vermählt, da ahnte Kyrrispörr, dass der König nun nicht mehr zusehen konnte: Die Heirat seiner Schwester ohne seine Einwilligung war eine offene Herausforderung seiner Macht.
»Er wird ihn nicht angreifen«, widersprach Hvelpr. »Nicht in Norwegen. Da ist Olafr sicher. Aber wenn er in die Nähe kommen sollte … Nach Jomsburg vielleicht …«
Dies blieb freilich fürs Erste Wunschdenken. Olafr war ganz mit der Mission Norwegens und der Festigung seiner Macht beschäftigt. So verging das Jahr mit Warten. Immerhin zeigte König Sveinn sich tatsächlich interessiert an Kyrrispörrs Mannschaft: Die ganze Zeit über wusste er die Männer als Wachen einzusetzen und hatte sogar dann und wann kleinere Aufträge für Kyrrispörr, mit seinen Mannen kostbares Gut von einem Hafen zu einem anderen zu schaffen oder Botschaften zu überbringen. Ansonsten übte Kyrrispörr die Vögel und ließ seinen Laggar fliegen, wann immer es ging. Gurun und Æringa waren weiterhin unausstehlich, sowie sie beisammen waren. Beide versuchten Kyrrispörr für ihre jeweilige Sicht zu
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