Die Magie des Falken
gewinnen. Gurun für ihre Rache, Æringa für Vergebung und Taufe. Die Liebe zu Æringa setzte Kyrrispörr erheblich unter Druck, jedoch konnte er ihren Wunsch nicht ganz erfüllen, da ihn seine Mannschaft und seine Bestimmung banden.
»Dann kämpfe an der Seite des Christenkönigs Tjúguskegg, aber nicht für Rache an Olaf«, beharrte Æringa.
Schließlich kam der Winter, und mit ihm Einsamkeit und Hunger über die Stadt. Nur dass Kyrrispörr diesmal nicht mehr einsam war – manchmal wünschte er sich die ruhigen Tage des ersten Winters in Heiabýr zurück, wenn Gurun und Æringa im engen Raum des Hauses nicht voneinander lassen konnten und die Atmosphäre voller Streit war.
Es war eine schwere Zeit. Der Winter dauerte lange, viel zu lange. Aber es tat sich einiges.
»König Sveinn sammelt Verbündete gegen Olaf«, berichtete Hvelpr, als die Schlei eisfrei war und die ersten Schiffe fahren konnten. »Man sagt, die Schweden seien auf unserer Seite.«
Kyrrispörr trainierte gerade seine Falken vor Heiabýr, als ein Mann in den Gewändern des Königshofes hoch zu Ross auf ihn zugeritten kam. Kyrrispörr ließ Laggar beireiten und steckte ihm eine Belohnung in den Schnabel, als der Reiter bei ihm ankam.
»Ich habe Botschaft von König Sveinn«, erklärte der Mann. »Der König lässt Euch sagen, Ihr sollt einen Herrn nach Norwegen fahren. Macht Euer Schiff bereit, aber wenn Ihr gefragt werdet, verratet niemandem davon. Der König sagt, Ihr sollt tun, als wolltet Ihr Falken holen. Der Herr wird sich zu Euch aufs Boot gesellen, als sei er einer Euerer Männer, nehmt ihn mit.«
»Dann sei es so«, sagte Kyrrispörr, der zwar einigermaßen überrumpelt von dem Auftrag war, aber ahnte, dass es sich um König Olaf drehte. »Richtet dem König aus, es wird geschehen.«
Hárvar war wenig begeistert, als Kyrrispörr ihm seine Abreisepläne mitteilte, ohne den wahren Hintergrund zu offenbaren.
»Mein Ross der Wellen dürstet nach dem Wind und der See«, sagte er. »Ich werde auf die Suche nach Falken fahren.«
Zuerst hatte es den Anschein, als wolle Hárvar ihm widersprechen. Schließlich zuckte der Mann aber mit den Schultern.
»Die Zeiten, als du mein Lehrling warst, sind wohl allzu schnell vorbei. Du bist wahrlich ein wundersamer Mann. Gehe also hin, meinen Segen hast du.«
Kyrrispörr sandte Hvelp, die Männer zu sammeln. »Wir fahren morgen, wenn der Wind günstig steht«, befahl er. Hvelpr fragte nicht, sondern eilte sogleich davon.
Anders verhielt es sich mit Gurun und Æringa.
»Du willst doch nicht jetzt, wo König Sveinn endlich gegen Olaf ziehen möchte, davonfahren?«, fragte Gurun entrüstet. Kyrrispörr konnte ein spöttisches Grinsen nicht unterdrücken und schwieg. Schwieriger verhielt es sich jedoch mit Æringa.
»Du fährst wieder nach Norwegen! Ich fahre mit dir. Es zieht mich zu den Fjorden, und ich muss wissen, wie es um meine Verwandten steht!«
»Aber ich kann dich nicht mitnehmen«, erwiderte Kyrrispörr verlegen.
»Bin ich etwa eine, die Angst vor der See hat? Glaubst du am Ende, ich würde dir zur Last fallen?«
»Nein, nein …«
»Na also. Ich komme mit.«
Damit ließ sie Kyrrispörr stehen. Er sah sich in einer denkbar üblen Lage: Auf der einen Seite wünschte er nichts lieber, als dass Æringa ihn begleitete. Auf der anderen Seite … Auf der anderen Seite, warum denn nicht?, fragte er sich. Mochte sie von seinem wahren Auftrag erfahren, da würden sie ohnehin schon segeln. Und genaugenommen hielt er sie für vertrauenswürdiger als manchen jungen Krieger seiner Mannschaft.
Nur war damit das Problem noch keineswegs ausgestanden. Als er und Hvelpr am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang ihre Sachen zusammenpackten, da erschien Gurun mit einer gepackten Tasche.
»Können wir los?«, fragte sie von oben herab.
»Was? Wieso wir?«, fragte Kyrrispörr. »Du kannst nicht …«
»Erzähle der ehemaligen Gemahlin König Tryggvasons nicht, was sie kann und was nicht«, erwiderte Gurun und stellte die Tasche mit einem Knall vor ihn auf den Boden. Damit stolzierte sie zur Kochstelle und packte einige flache Brotlaibe zusammen.
»Oh je«, flüsterte Hvelpr. Kyrrispörr verdrehte die Augen und nickte.
»Ich kann sie nicht abweisen«, zischte er, als er für einen Augenblick mit Hvelp allein war. Der rothaarige Junge sah ihn fragend an. »Das würde auffallen. Es geht nicht um Falken …« Er erzählte ihm die Wahrheit seiner Mission. Hvelpr machte große Augen.
»Dann
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