Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
den Vorhang beiseite.
Sie hatte keine vier Schritte gemacht, als Grigán sich abrupt aufrichtete, ein Messer in der Hand. Sie beruhigte ihn mit einem Handzeichen, und mit einem grimmigen Knurren legte er sich wieder hin.
Sie bewegte sich so lautlos wie möglich auf Yan zu. Auch er schlief noch. Ihr fiel ein, wie schlecht es ihm ergangen war, nachdem er die übermenschliche Anstrengung unternommen hatte, sie zu retten. Er hatte sich den Schlaf mehr als verdient.
Sie setzte sich neben ihn und betrachtete ihn voller Zuneigung. Yan hatte nicht um ihre Hand angehalten, also liebte er sie wohl nicht. Aber er war ihr Freund seit Kindertagen, und er hatte ihr das Leben gerettet. Selbst wenn sie nun mit jemand anderem den Bund schließen musste - Rey kam ihr flüchtig in den Sinn -, war und blieb Yan ihr bester Freund. Vorsichtig streckte sie sich neben ihm aus und gab sich Träumen von einer glücklichen Zukunft hin. Sie und Rey, Yan und eine Frau, die er auserwählt hatte, plauderten fröhlich und stolz über ihre Kinder. Auch sie würden Erben sein.
Dieser Gedanke wirkte wie eine Ohrfeige. Die Züu wollten ihr diese Zukunft rauben. Sie hatten ihren Freunden, den anderen Erben und ihr selbst bereits so vieles genommen. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste. Das würde sie nicht zulassen. Nie wieder.
Sie schlief mit dem Gedanken an die drei Schurken ein, die sie auf der Insel verspottet und bedroht hatten. Einer der Männer hatte eine Hand verloren, einer ein Auge und der dritte war mit ihr in den Abgrund gestürzt.
Im Vergleich zur Wirklichkeit waren ihre Albträume beinahe angenehm.
Raji der Tunnelwärter verbrachte eine schlaflose Nacht. Als die Müdigkeit endlich siegte und er einnickte, war die Sonne längst aufgegangen, und es hatte aufgehört zu regnen. Er erwachte erst mitten im dritten Dekant. Das war zu spät, viel zu spät.
Er eilte zu seinem Lager, ohne sich auch nur anzuziehen. Dass die Pferde der Fremden immer noch da waren, konnte ihn nicht beruhigen. Jeder Dieb würde sein Pferd zurücklassen, wenn er dafür mit seinem Schatz durch den Tunnel nach Lorelia verschwinden konnte!
Er fegte den Rest des fauligen Strohs beiseite und zog an dem Ring in der Falltür. Sie bewegte sich keinen Zoll.
Er versuchte es erneut und zog diesmal mit beiden Händen, doch seine Bemühungen waren vergeblich. Er kniete nieder, hämmerte mit der Faust gegen das Holz und rief lauthals nach Rey, obwohl er längst davon überzeugt war, dass niemand mehr da war.
Wider Erwarten ertönte ein Klopfen als Antwort, und jemand schob die Falltür auf. Raji stürzte so flink die Treppe hinunter wie ein Stehschläfer auf der Flucht vor einem Jäger. »Warum habt Ihr die Falltür verschlossen?«, herrschte er Rey an.
Jemand hielt ihm eine Klinge an den Hals, packte mit eisernem Griff seinen Arm und drehte ihn auf den Rücken. Der Schmuggler rührte sich nicht mehr und warf Rey einen furchtsamen Blick zu.
Der setzte eine gelangweilte Miene auf und musterte den Mann, der sich hinter Raji geschlichen hatte. »Grigán, was soll unser Gastgeber denn nur von uns denken? Dass wir Diebe sind? Nun gut, ich habe mir ein paar Flaschen ausgeliehen, aber nur, weil ich sonst verdurstet wäre. Raji wird uns das doch nicht übel nehmen, oder?«
»Nein, natürlich nicht«, beeilte sich der Schmuggler zu versichern.
»Hört auf mit dem Unfug«, befahl Grigán. »Seht oben nach, ob alles in Ordnung ist.«
Rey erklomm die Treppe und grinste über Rajis Aufzug. Der Schmuggler hatte sich ein Tuch von zweifelhafter Sauberkeit um die Hüften geschlungen, doch angesichts der kalten Klinge an seinem Hals war das seine geringste Sorge.
»Grigán, lasst ihn bloß nicht los«, rief Rey nach unten. »Wir sind von einer Horde bis an die Zähne bewaffneter Enten umzingelt.«
Der Krieger seufzte resigniert und gab Raji frei, der sich sogleich in die entfernteste Ecke verzog. Die anderen Fremden beobachteten ihn von der Tür zum zweiten Keller her. Auch die beiden Frauen. Raji hatte sich noch nie so sehr geschämt.
»Das Wetter ist wunderbar«, verkündete Rey, als er von seinem Erkundungsgang zurückkehrte. »Es wird ein schöner Tag.«
»Umso besser«, murmelte Raji. »Das erleichtert Euch die Reise.«
»Komm schon, alter Freund, du willst uns doch wohl nicht schon vor die Tür setzen!« Rey legte Raji einen Arm um die Schulter. »Unser Freund dort drüben ist verletzt und muss sich ausruhen.«
»Aua«, sagte Bowbaq halbherzig und tat so, als habe
Weitere Kostenlose Bücher