Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
Lubilien erschaffen. In zehn Jahrtausenden wird die Art aussterben. Andere Bäume werden sie ersetzen, vielleicht auch eine Quelle oder ein Tier. Oder gar nichts. Je nachdem, was die Menschen wollen.«
»Ich wusste bisher nicht einmal, dass es das Jal’dara überhaupt gibt«, warf Léti ein. »Wie kann ich da entscheiden, wie es hier aussieht?«
Sie hatte nicht vergessen, dass sie Yan um einen Gefallen bitten wollte. Doch in diesem Gespräch ging es um genau das, wovor sie Angst hatte.
Das Jal’dara löschte sie langsam aus, und Léti wollte wissen, warum.
»Wie können sich die Menschen einen Ort, von dem sie nichts ahnen, so genau vorstellen?«, pflichtete Corenn ihrer Nichte bei.
Nol lächelte freundlich, wie immer, wenn er die Rolle des Lehrenden einnahm. Sie schien ihm ohnehin besser zu gefallen als die des Ewigen Wächters.
»Die Sterblichen haben schon immer von diesem Ort gewusst. Er kommt in ihren Träumen vor, in ihren Religionen und ihrer Kunst. Im ersten Lächeln eines Säuglings und im letzten Atemzug eines Sterbenden. In ihren Tränen und ihrem Lachen. Das Jal’dara ändert sich ständig. Jede menschliche Generation hinterlässt ihre Spuren. Und doch bleibt es in all seinen Erscheinungsformen immer dasselbe.«
»Deshalb löscht es auch fremde Spuren aus«, sagte Corenn. »Die Grashalme richten sich wieder auf, wenn wir sie niedergedrückt haben. Die Erde saugt das Wasser auf und bleibt doch trocken. Wir sind Eindringlinge«, ergänzte sie traurig. »Menschen gehören nicht ins Jal’dara.«
»Und nicht nur das«, sagte Yan, der den Gedanken weiterführte. »Auch unser Gepäck hat nichts auf der Wiese verloren. Es dürfte eigentlich nicht da sein. Vielleicht würde es mit der Zeit verschwinden?«
Nol musterte die Säcke und Bündel, die sie in einiger Entfernung abgelegt hatten. »Ja, aber das würde eine Weile dauern«, sagte er und nickte Yan anerkennend zu. »Wenn Ihr Wert auf Euer Gepäck legt, solltet Ihr es von Zeit zu Zeit an eine andere Stelle bringen. Eure Vorfahren haben so gut wie nichts verloren«, sagte er in der Absicht, sie zu beruhigen.
Die Erben starrten ihn entsetzt an. Nol hatte soeben eine ihrer schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Sie wunderten sich über die unbekümmerte Art des Gottes. Warum hatte er sie nicht gewarnt? Was verheimlichte er noch? Was war, wenn sie nicht die richtigen Fragen stellten?
»Und wie lange würde das dauern?«, brachte Lana schließlich heraus. »Mehrere Monde?«
»Das weiß ich nicht«, gestand der Ewige Wächter. »Das kommt ganz darauf an.«
»Wie kann dieser Ort zugleich bewahren und zerstören?«, sagte Corenn nachdenklich. »Das ist paradox.«
»So haben ihn die Sterblichen erschaffen«, erwiderte Nol.
Léti war der Meinung, dass das Gespräch damit beendet war. Sie wusste nun, dass Grigán neben seiner Krankheit von einer weiteren Gefahr bedroht war: Irgendwann würde er aus dem Gedächtnis des Jal’dara verschwinden.
Die junge Frau nahm Yans Hand und zog ihn von Nol und Corenn fort. Sie wollte nicht, dass die beiden mitbekamen, worum sie ihn bat. Léti hatte keine Lust, sich ihre Ermahnungen anhören.
Sie wusste genau, was sie von der Idee halten würden, im Jal’dara Magie anzuwenden.
Wieder einmal hatte eine goronische Kompanie die Front im Tal der Krieger durchbrochen. Nun marschierten die Goroner Richtung Süden, um den Anführern der Barbarenarmee den Garaus zu machen. Gors’a’min Lu Wallos, der König der wallattischen Klans, kochte innerlich vor Wut, als er an die Taugenichtse dachte, denen er die Bewachung des Tals überlassen hatte.
Sein Hang, anderen Schmerzen zuzufügen, hatte ihm den Beinamen »der Zimperliche« eingebracht. Gors hasste diesen Namen. Für einen schlichten Geist wie ihn war das viel zu sehr um die Ecke gedacht. Er hätte es lieber gehabt, wenn man ihn unumwunden »Gors den Quäler« genannt hätte. Und weil die Grenze im Tal der Krieger so löchrig war wie ein Sieb, schwor er sich, bei der Bestrafung der Schuldigen seinem Ruf alle Ehre zu machen. Zurzeit hockten er und seine Männer in einem Versteck am Col’w’yr und warteten auf die Goroner - und das bei einer Kälte, bei der dem zähesten Tuzeener die Zähne ausgefallen wären.
Gors kam der Gedanke, dass einige seiner Pikenträger Tuzeener waren. Die Richtigkeit des Sprichworts zu überprüfen, wäre eine willkommene Abwechslung. Seit über zwei Tagen warteten sie nun schon auf den Feind, und der Barbar hatte ein
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