Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
er mehrere Male, entschlossen, seine magischen Kräfte so lange zu gebrauchen, bis er Erfolg hatte oder vor Erschöpfung umfiel.
In diesem Moment ging beiden auf, dass sie sich seit ihrer Flucht aus dem Matriarchat nicht mehr so nah gewesen waren. Léti trat einen Schritt zurück, ohne seine Hand loszulassen, und er erwiderte schweigend ihren Blick.
Sie trug die schwarze Kluft aus Acorleder, die sie von Grigán geschenkt bekommen und seither nicht mehr abgelegt hatte. Léti hatte allerdings einige Verbesserungen vorgenommen. Dabei ging es ihr nicht so sehr um die Zweckmäßigkeit, denn an welchen Stellen die Beschläge und Metallplatten am sinnvollsten angebracht waren, wusste der ramgrithische Krieger besser als jeder andere. Seine Schülerin hatte dem Kampfanzug nur eine persönliche Note verliehen: Sie hatte ihn mit einem Gürtel und einem Hemd aus Far kombiniert und die Lederbänder verflochten.
Dazu trug sie lorelische Stiefel, die sie mit Wachs poliert hatte, damit sie in der Farbe ihrer Kluft schimmerten - und in der ihres Haars, das sie offen über die Schulter trug, so ungebändigt, wie sie selbst es war.
Vor allem aber trennte sich Léti nie von ihrem Rapier, einem Geschenk Reys, mit dem sie auf dem Mittenmeer gegen Piraten und im Schönen Land gegen die Vampirratten gekämpft hatte. Mit dieser Waffe hatte sie in Ith einen Zü getötet. Auch den Dolch, mit dem sie in Lorelia einem Zü die Kehle durchgeschnitten hatte, legte sie nicht mehr ab.
Léti war eine Kriegerin geworden, dachte Yan voller Bewunderung. Herrin ihres Schicksals. Stolz und mutig. Widerspenstig und kämpferisch.
Aber nicht zu stolz, um ihn um Hilfe zu bitten. Um den Hals trug sie den Opal, in den ein goldfarbenes Papier eingeschlossen war. Ein Geschenk Yans, das er ihr im Eroberten Schloss in Junin überreicht hatte.
Sie erwiderte seinen Blick voller Zuneigung. In den vergangenen drei Monden war Yans Körper kräftiger geworden, auch wenn er selbst es nicht zu bemerken schien. Das Haar trug er mittlerweile länger, und durch die weiße Strähne, die ihm in die Stirn fiel, wirkte er erwachsener. Er hatte nun etwas von Reys selbstsicherem Auftreten, das Léti bei ihrer ersten Begegnung so bewundert hatte. Seine Haut war von der Sonne des Mittenmeers braun gebrannt, und seine Augen leuchteten heller als früher, ganz anders als bei einem typischen Kaulaner.
In jedem der Länder, durch das die Gefährten gereist waren, hatte er seine Kleider gewechselt, weshalb nun nichts mehr seine Herkunft verriet. Im Wald von Oo hatte er gegen die Kälte eine dicke Weste übergezogen, die er von einem der romischen Gaukler geschenkt bekommen hatte. Im Jal’dara hatte er sie gegen ein lorelisches Hemd getauscht, über dem er ein juneeisches Wams trug. Als es am Abend kühler geworden war, hatte er einen itharischen Mantel übergestreift, den er jedoch wieder ausgezogen hatte, um Grigán damit zuzudecken. Das einzige kaulanische Kleidungsstück, das er noch am Leib trug, war eine Hose aus festem Stoff, die an der Hüfte mit Riemen zusammengeschnürt war und weit über seine guorischen Schaftstiefel fiel. Seine Kleider waren bunt zusammengewürfelt, und doch standen sie ihm hervorragend: Auch wenn Yan nicht Reys Eleganz besaß, sah man ihm an, dass er sich in seiner Haut wohlfühlte. Die innere Ruhe, die er ausstrahlte, empfand Léti als angenehm.
Beide hatten ihre Naivität verloren. Durch die Gefahren, die sie überstanden hatten, und das Geheimnis, das sie teilten, waren sie frühzeitig erwachsen geworden. Sie trugen Verantwortung, trafen schwere Entscheidungen und hatten viel Leid gesehen. Trotzdem war Yan nicht abgestumpft. Er war immer noch der einfühlsame und rücksichtsvolle Freund ihrer Kindheit.
Er hatte Eza verlassen, um ihr zu folgen, und war nach Berce gegangen, wo es vor Züu nur so wimmelte. Auf der Insel Ji hatte er ihr das Leben gerettet. Er war in Usuls Höhle hinabgetaucht und hatte die Pforte ins Jal’dara durchschritten. Und jetzt war er abermals bereit, sich in Gefahr zu begeben, um einen Freund zu retten - ohne sich damit zu brüsten oder zu klagen. Dabei war er kein Erbe von Ji und hätte sich einfach aus der Sache heraushalten können.
Léti hielt es nicht länger aus. Sie wusste nicht, was Yan für sie empfand, und war seit dem Tag der Versprechen schon zu oft enttäuscht worden. Doch was sie in diesem Moment empfand, war einfach zu überwältigend.
Sie näherte ihren Mund Yans Lippen und gab ihm einen Kuss. Dann legte
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