Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
Linken, zwischen den Bäumen und ein Stück von der Schlucht entfernt, nahm er eine Bewegung wahr. Er bemerkte sie aus den Augenwinkeln und erstarrte sofort. Laub und Gräser zitterten, die Luft stand still. Zwielicht hatte die Welt mit ihrem Mantel eingehüllt, Schatten verwandelten sich in seltsame Muster, die allem den Anschein gaben, lebendig zu sein.
Er wurde sich plötzlich der Tatsache bewusst, dass sich seine Silhouette gegen den Horizont abzeichnete und leicht zu erkennen wäre. Schon wollte er sich flach auf den Boden werfen, doch hätte er sich mit einer solchen Bewegung sofort verraten. Also verharrte er wie eine Statue und wartete.
Zwischen den Bäumen erhaschte er wieder eine Bewegung. Diesmal sah er deutlich, was es war, erkannte, wie die Schatten sich voneinander lösten und Gestalt annahmen, die Umrisse eines Wesens in einem Mantel. Es kroch durch das Labyrinth dunkler Stämme wie ein Tier, geduckt und auf allen vieren.
Spinnenartig.
Nun erkannte er es, erinnerte sich an die vorherigen Begegnungen. Es war das Wesen, das ihn gejagt hatte, als er sich auf der Flucht aus dem Hafen von Anatcherae befunden hatte, um den Lazareen zu überqueren. Es war das Ungeheuer, das Gar Hatch und seine Mannschaft auf dem Gewissen und Cinnaminson entführt hatte. Es hatte ihn die ganze Zeit verfolgt.
Sein Mut sank. Es entfernte sich wieder von ihm, also wusste es nicht genau, wo er sich befand. Aber das würde es bald genug entdeckt haben, und dann würde er sich diesem Wesen stellen müssen. Ihm würde keine andere Wahl bleiben. Das wurde ihm mit einer Sicherheit klar, die keinen Widerspruch zuließ. Er könnte sein Heil in der Flucht suchen und über die Brücke zu seinen Gefährten zurückkehren, aber er würde es nicht schaffen. Die Flucht würde ihn nicht retten. Nicht vor diesem Wesen.
Seine Finger schlössen sich fester um den Dunkelstab, und er fragte sich erneut, ob dieser Talisman eine Magie besaß, die ihn retten konnte.
Und schließlich fragte er sich, ob ihn überhaupt etwas retten konnte. Khyber Elessedil war fast zwei Stunden gegangen und dabei der dunklen Linie der Schlucht durch die Bäume gefolgt. Ohne Erfolg hatte sie einen Weg zur anderen Seite gesucht. Manchmal wurde die Schlucht schmaler, doch nie so eng, dass man hoffen durfte, sie mit einem Sprung zu überwinden oder einen Baumstamm quer darüberlegen zu können. Äußerlich unverändert erstreckte sie sich in Windungen bis zum Horizont. Khyber blieb stehen und überlegte, ob sie weitergehen sollte.
Sie blickte nach Westen, wo die Sonne sich den zerklüfteten Gipfeln des Klu-Gebirges näherte. Ihr blieben noch eine oder zwei Stunden Tageslicht. Wütend seufzte sie. Aufgeben wollte sie nicht, aber ebenso wenig wollte sie sich von der Dunkelheit überraschen lassen. Erneut schaute sie nach vorn, dann drehte sie widerwillig um und machte sich auf den Rückweg. Es hatte keinen Sinn. Morgen würde sie, falls Pen und Cinnaminson dann immer noch nicht zurück waren, überlegen, ob sie in die andere Richtung der Schlucht nach Norden suchen würde.
Oder vielleicht würde sie einfach ungeachtet ihres Versprechens die Brücke überqueren.
Genug war genug.
Sie marschierte durch Bäume und Gräser zurück, murmelte vor sich hin und dachte, dass es ihnen allen bei diesem Unternehmen nicht gut ergangen war, und zwar angefangen mit der fragwürdigen Entscheidung des Königs vom Silberfluss, Pen die Rettung der Ard Rhys anzuvertrauen. Gewiss zweifelte sie nicht an Pens Mut, doch war er noch ein Junge, viel jünger sogar als sie, und ihm mangelte es einfach an den notwendigen Fähigkeiten und der richtigen Magie. Dass er überhaupt bis hierher überlebt hatte, grenzte an ein Wunder. Man brauchte nur zu schauen, wie viele andere schon den Tod gefunden hatten, darunter einige der Begabtesten und Erfahrensten. Aber solches Denken half ihr auch nicht weiter - sich einzureden, Ähren Elessedil sei gewissermaßen ohne Grund gestorben -, und so ließ sie diese Angelegenheit auf sich beruhen. Ihre Zweifel und Ängste sollte sie jedenfalls den Gefährten nicht unter die Nase reiben. Wenn sie sich Sorgen machte, würde sie auf andere Weise damit zurechtkommen müssen.
Wie eigenartig sich die Dinge entwickelt hatten, seit sie Emberen verlassen hatte. Dort hatte ihre Hauptsorge darin bestanden, wie und wann sie Ähren den Diebstahl der Elfensteine am besten gestehen könnte, damit er sie im Gebrauch der Talismane unterrichtete. Jetzt, da sich die Elfensteine in
Weitere Kostenlose Bücher