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Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane

Titel: Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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wild und zerrissen wie ein Überbleibsel aus der Unterwelt. Schreiend und wütend rannte es auf ihn zu, und bei diesem Gebrüll wäre Pen beinahe trotz der Mahnung seiner Beschützer losgerannt.
    - Bleib stehen. Sei stark
Hilfe,
dachte er.
    Dann hatte das Ungeheuer ihn erreicht.
    Auf der anderen Seite der Schlucht beobachtete Khyber Elessedil, wie Pen plötzlich stehen blieb und sich seinem Verfolger zuwandte, als habe er begriffen, dass er entdeckt war. Dann sprang der Jäger in dem schwarzen Mantel aus der Deckung und preschte wie von Sinnen auf den Jungen zu. Das zerfetzte Aussehen des Ungeheuers erschreckte sie, die Kleidung war zerrissen und verdreckt, aber das Wesen war zu allem entschlossen. Selbst aus dieser Entfernung konnte sie das Blitzen der Klinge sehen, als es angriff.
    Ihr blieb nur ein Moment und nur eine Sache, an die sie denken konnte. Sie warf die Hände in die Luft, und die Druidenmagie sammelte sich schlagartig in ihren Fingern.
Ich weiß so wenig,
dachte sie. Sie brauchte mehr Zeit, musste sich besser vorbereiten, brauchte Ähren, der an ihrer Stelle handeln sollte, sie brauchte so vieles und würde nichts davon bekommen. Nicht einmal eine zweite Chance würde sie erhalten, wenn sie beim ersten Mal scheiterte. Sie grätschte die Beine, stemmte die Füße in die Erde und streckte die Arme aus.
    Für Pen fühlte es sich an, als habe ihn die Faust eines Riesen getroffen, und die Wucht des Aufpralls warf ihn von den Beinen, als der Angreifer auf die Stelle sprang, an der sich Pen gerade noch befunden hatte, und als das Messer durch den leeren Raum zischte. Aber mit der Rückhand erwischte die Riesenfaust auch den Angreifer, schleuderte ihn in einem hörbaren Windstoß davon, mit dem Staub und Schutt aufgewirbelt und Büsche und Gras aus dem Boden gerissen wurden. Die schwarz verhüllte Gestalt flog auf die dunkle Schlucht zu und fuchtelte heftig mit Armen und Beinen. Die Kapuze löste sich vom Kopf, und zum ersten Mal sah Pen das Antlitz des Verfolgers - ein zertrümmertes, zerfetztes Gesicht, das kaum menschliche Züge trug und unergründlichen Wahnsinn spiegelte.
    Das Wesen öffnete den verzerrten Mund und stieß erneut einen Schrei aus, der nicht von Angst und Qual erzeugt wurde, sondern von Wut, ein Schrei, in dem das Versprechen grauenhafter Vergeltung mitschwang. Pen wollte fliehen und kroch auf allen vieren rückwärts. Die unnormal langen Glieder des Angreifers langten nach den Wurzeln, die überall am Rande der Schlucht aus dem Boden wuchsen, fanden Halt, und das Wesen grub die Zehen in die Erde. Dort hing es und versuchte, nach oben zu klettern, während es Pen mit Wahnsinn in den Augen fixierte.
    Dann schlängelte sich eine erdverkrustete Wurzel aus der Schlucht wie das Tentakel eines Leviathans und wickelte sich fest um das Bein des Verfolgers. Das schwarz verhüllte Wesen wand sich und wehrte sich, während es langsam den Halt verlor. Einmal zerrte das Tentakel noch an ihm, dann fiel das Wesen in den Abgrund, in die Schwärze. Mit lautem Krachen schlug es auf, und dann hörte man das Schürfen der Wurzeln von Mutter Tanequil, die sich übereinander schoben. Pen hörte Geräusche, als würde Fleisch zerfetzt, als würden Knochen brechen, als würde Blut aus abgetrennten Gliedern spritzen.
    Ein letzter Schrei erhob sich aus den Tiefen der Schlucht. Danach herrschte Stille.

Dreißig
    Pen saß am Rand der Schlucht und atmete so heftig, dass er fürchtete, sein Herz würde versagen. Er starrte in die Leere und erwartete halb, das Wesen mit dem Kapuzenmantel würde wieder auftauchen, obwohl er diesmal sicher wusste, dass es tot war und niemals zurückkehren würde. Benommen angesichts der Plötzlichkeit dieses Endes und nicht ganz sicher, ob er seinen Augen wirklich trauen sollte, wartete er trotzdem ab.
    Als er den Blick hob, entdeckte er Khyber. Sie stand auf der anderen Seite der Schlucht, hatte die Arme ausgestreckt und die Beine in den Boden gestemmt. Ihre Haltung und der Schock in ihrer Miene verrieten, welche Rolle sie bei den Ereignissen gespielt hatte. Ihre Druidenmagie hatte ihn zur Seite gestoßen. Sie hatte die Magie wieder eingesetzt, wie vor Wochen an Bord der
Rochen
in Anatcherae, wo sie ihren Jäger vom Deck des Luftschiffs in das Wasser des Lazareens gefegt hatte. Beide Male hatte sie ihm das Leben gerettet.
    Er schaute ungläubig und dankbar zu ihr hinüber, dann hob er die Hand und winkte ihr zu. Sie richtete sich auf und erwiderte das Winken. Einen Augenblick lang

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