Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Kräutertee.
„Ich weiß, dass ich dich beunruhigt habe, das tut mir auch sehr leid – aber mir ist etwas ein-, beziehungsweise aufgefallen. Du solltest es wissen, bevor wir heute Nacht zur Grotte gehen.“
Erstaunt schaute Solon hoch.
„Ist dir beim letzten Vollmondritual zufällig etwas seltsam erschienen?“
Nachdenklich wiegte Solon den Kopf. Er überlegte angestrengt, was Neri wohl meinen könnte. „Tut mir leid, aber ich habe nichts Ungewöhnliches bemerkt.“
„Na gut, vielleicht habe tatsächlich nur ich es bemerkt. Vielleicht war es auch optisch gar nicht vorhanden. Aber es war da, ich habe es gefühlt. Als Hatik die Energiespirale in den Altarstein senkte, überzog sich seine Haut mit metallischem Glanz und ich konnte Drachenschuppen sehen. Sonst zitterte immer die Grotte, wenn der Drakon wieder gefesselt war – diesmal nicht. Er erstarrte in Stille.“
Solon erstarrte ebenfalls, als er das hörte, aber vor Verblüffung und in einer so urkomischen Pose, dass Neri einfach lachen musste. Solon war gerade dabei gewesen, sich in eine andere Sitzposition zu bringen. So stand er nun leicht vornüber gebeugt, mit großen Augen und offenem Mund, wobei es aussah, als würde die Kinnlade jeden Moment bis zur Tischkante klappen. Nach der ersten großen Überraschung ließ er sich fast übertrieben vorsichtig auf seinen Hocker zurücksinken. Mühsam mit den Händen am Tisch festgeklammert, versuchte er, seine Gedanken zu beruhigen. Die Seherin hatte nicht mit dieser Art von Reaktion gerechnet. Sie war davon geeilt, um dem Magier eine kleine Herzstärkung zu bringen. Dankbar nahm ihr Solon die Phiole mit dem magischen Kräuterelixier aus der Hand, setzte sie vorsichtig an die Lippen und trank einen Schluck. Einige Augenblicke später hatte sich sein Herzschlag beruhigt und der alte Mann drehte das Fläschchen langsam zwischen den Fingern. Versonnen betrachtet er die drei kleinen Larimare, die im Inneren leise tönend zusammenstießen. Sie mischten den Trank und gaben ihm Kraft. Drei kleine Steine mit großer Kraft – drei junge Männer mit steinernem Willen. Seine Miene hellte sich zusehends auf. Sein Lächeln fiel allerdings noch etwas gequält aus, als er sich an Neri wandte: „Das verfluchte Alter – ich bin eben keine 500 mehr. Weißt du, ich bin froh, dass Hatik hier ist. Die Tarronn sind das Drachenvolk. Sie haben damals, als die Caiphas-Explosion unsere Galaxie fast unbewohnbar machte, schließlich die Drakoneier auf fast alle Planeten gebracht, damit alle Völker eine Überlebenschance bekamen. Ich kenne so viele Legenden über dieses Volk und alle entpuppten sich bisher als Wahrheit. Vielleicht ist Hatik sogar einer der legendären Drachenmänner. Aber davon erzähle ich dir später. Ich glaube, ich muss langsam aufbrechen.“
Solon erhob sich. „Ich muss noch meinen Energiekristall holen.“ An der Tür wandte er sich noch einmal um. Augenzwinkernd rief er: „Übernimm heute bitte meinen Part mit, ich glaube, ich habe dort oben andere Aufgaben!“
Neri sah ihm kopfschüttelnd nach. Der alte Fuchs hatte doch sicher schon einen Plan. Als Solon heimwärts eilte, umspielte ein zufriedenes Lächeln seine Mundwinkel. Er hatte tatsächlich einen raschen Entschluss gefasst, der ihn zu beflügeln schien. Entgegen seiner sonstigen Zurückhaltung erhellte er sich seinen Weg durch die Finsternis mit ein paar magischen Tricks. Was hatte er nur vor? Als er seine Hütte erreichte, stellte er zufrieden fest, dass Hatik bereits auf dem Weg zum Heiligtum war. Solon begann, den Inhalt seiner vielen Truhen und Kästchen zu sichten. Seine Hand glitt suchend über Steine, Amulette und Beutelchen mit getrockneten Kräutern. Nach einer Weile hatte er gefunden, wonach er suchte. Er hielt den Gegenstand hoch, sodass das Mondlicht ihn genau treffen konnte. Leise flüsterte er: „Gut, sehr gut.“ Mit der einsetzenden Wirkung zufrieden, steckte er ihn unter die Falten seines weißen Umhangs. Schließlich hob er noch seinen großen, grün fluoreszierenden Energiekristall vom Sockel. In der einen Hand den Stein, in der anderen seinen Stab, machte er sich gemächlich auf den Weg zum Wasserfall. Er hatte es heute nicht eilig. Während er durch die klare Nacht schlenderte, überdachte er seinen Plan. Hätte er Neri einweihen sollen? Nein, es war sicher besser, wenn er ein reines und unbeeinflusstes Ergebnis bekam. Ab und zu blieb der alte Magier stehen und lauschte in die Nacht. Außer dem leisen Rauschen der Blätter im
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