Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
neben der Spur hatte ich ihn noch nie erlebt.“ Neri zog die Brauen zusammen.
„Tut mir leid, Neri, ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Schon gut, aber tu es nie wieder!“ Neri drohte Solon scherzhaft mit dem Finger.
„Versprochen. Aber nun erst mal raus ins Freie, da können wir in Ruhe weiterreden.“
Vorsichtig hoben die Atlan ihre Kristalle aus den Halterungen, verbeugten sich noch einmal vor Kiras Ruhestätte, um die Grotte für einen weiteren Monat zu versiegeln.
Auf der Wiese am See setzten sich die nächtlichen Wanderer nieder. Jeder wollte einmal, ganz zufällig natürlich, die Drachenhaut berühren. Hatik fand es recht lustig. „So, Leute, nun mal anstellen zum Anfassen, dann aber wieder in Ruhe lassen, ich beiße sonst.“ Dabei zeigte er ein waschechtes Echsengebiss mit dreieckigen, nach hinten geneigten Reißzähnen. Karo, die gerade seine Hand streichelte, sprang vor Schreck einen Schritt zurück. Die anderen lachten.
Safi sagte trocken: „Füttern verboten. Aber sag mal, wie lange hält die Wirkung denn nun an. Du siehst doch etwas zu exotisch aus.“
Neugierig schaute auch der Rest der Gruppe zu Solon. Der fuhr sich nervös mit den Fingern durch den Bart. „Äh – hm – ja – ich weiß es nicht.“
Safi fuhr auf. „Du weißt es nicht? Du verwandelst meinen besten Freund in ein…in ein…na, in das da und weißt nicht, wie lange die Wirkung anhält?“
Hatik legte ihm die Hand auf die Schulter. „Beruhige dich. Nicht er hat mich verwandelt, sondern ich hab mich verwandelt. Jeden anderen Tarronn hätte es genau so wenig erwischt wie euch. Die Drachenschuppe war für mich bestimmt, sonst wäre ich nicht hier bei euch, so viel weiß ich inzwischen sicher. Heute bei Sonnenaufgang wird der sichtbare Teil der Verwandlung zurückgehen und bei jedem Vollmond wieder kommen. Der unsichtbare Teil wird aber möglicherweise geringe Spuren hinterlassen, da ich in einem Menschenkörper stecke. Welcher Art die sein können, weiß ich auch nicht. Wenn euch etwas auffällt, dann sagt es mir bitte.“
Aron schaute zurück zum Wasserfall. Was würde wohl im Gedächtnis der Grotte geschehen? Er beschloss, Solon später danach zu fragen. Erst einmal beruhigte es ihn, dass Hatik die ganze Sache so gelassen nahm. Immerhin schien er nun mit ungeahnten Kräften ausgestattet zu sein, die sicher nicht ganz ungefährlich waren. Talos sprach aus, was einige dachten: „Sag mal, kann sich nun auch dein Charakter ändern?“
„Normalerweise nicht, ich war trotz Gastkörper immer nur wenig Mensch.“
Safi, der inzwischen den Schock überstanden hatte, gab wieder eine Probe seines trockenen Humors. „Falls du herrschsüchtig wirst, nennen wir dich Hatik, den Despotischen .“
„Na, du kannst einem aber auch Mut machen!“ Der Drachenmann begann zu lachen. „Der Schreckliche scheine ich ja jetzt schon zu sein.“ Er beugte sich über das Wasser, um sein Spiegelbild zu betrachten. „Hm …, tja …, ich bin doch noch ein ganz passables Kerlchen. Mit d e n Zähnen kann ich bestimmt Kokosnüsse zerbeißen.“ Sich mit einem breiten Grinsen umwendend: „Aber bitte nicht im Käfig ausstellen!“
„Und ich wollte gerade einen besonders Schönen für dich bauen.“ Aron klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Autsch! An dir kann man sich ja die Knochen brechen! Ich dachte, die Panzerplatten wären nur Verzierung!“
Neugierig geworden, traten auch die übrigen Atlan wieder näher zu den drei Freunden.
Hatik war ernst geworden. „Freunde, hinter dieser Sache steckt mehr, als ihr in euren kühnsten Albträumen erlebt. Ich möchte es nur in Ruhe und allein testen, bevor ich hier ernsthaft Schaden anrichte. Was Letan mit der Erde gemacht hat, wisst ihr ja. Meine jetzigen Kräfte sind nicht viel geringer. Lasst mir also bitte Zeit.“
„Die sollst du haben.“ Neri war vor ihn getreten, legte ihm beide Hände auf die Schultern und schaute ihm tief in die Echsenaugen. Nach einer endlos scheinenden Weile ließ sie ihn los. Mit dem orakelhaften Satz: „Sie wird sich freuen“, wandte sie sich zum Gehen und die anderen folgten ihr. Solon und Talos schritten am Ende des Grüppchens. Die beiden Weisen tuschelten leise miteinander, sie waren wohl zu aufgeregt, um ihre Gedanken telepathisch zu tauschen. Was sie nicht ahnen konnten – Hatiks fächerartige Drachenohren standen, trotz der großen Entfernung, voll auf Empfang. Safi und Aron brachten Hatik bis vor Solons Hütte. Unterwegs hatten sie immer wieder
Weitere Kostenlose Bücher