Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
unschlagbares Trio
Auf Atla war wieder Ruhe eingekehrt. Die Heimkehrer gewöhnten sich langsam wieder an das gemächliche und sichere Leben auf ihrer Insel. Nur – einfach war es für sie dabei nicht. Zwanzig lange Jahre unter Menschen hatten tiefe Spuren hinterlassen. Dabei waren zwischen Abreise und Rückkehr auf Atla nur zwei Sonnenjahre vergangen. Neri hatte also, allen Widrigkeiten zum Trotz, ihre Aufgabe mit Bravour gemeistert. Nur war sie jetzt noch stiller und in sich gekehrter als früher. Zwar hatte sie ihr großes Glück gefunden, aber bald einsehen müssen, dass es nicht von ewiger Dauer war. Am schwersten war ihr der Abschied von Merit-Amun gefallen, ihrer geliebten, ältesten Tochter. Ein anderer Verlust machte ihr auch immer mehr zu schaffen – der sinnlose Tod von Kira. Die Magier konnten zwar deren Körper vorerst vor dem Verfall schützen, aber die geheime Kraft hielt nicht für immer. Mara, die zweite Hüterin, weinte fast jeden Abend um ihre Freundin.
Hatik, der junge Tarronn, der auf so seltsamen Wegen nach Atla gekommen war, war inzwischen von Solon aufgenommen worden. Seit dem Tod von Rami, Solons einzigem Sohn, standen zwei Zimmer frei und der alte Mann mochte die tiefe Stille im Haus nicht. Er freute sich unverhohlen über Hatiks Gesellschaft und auch darüber, dass nun immer gleich drei junge Männer ein- und ausgingen. Sein Famulus Aron hatte sich nämlich schnell mit Hatik und Safi angefreundet. Wo der eine auftauchte, waren die anderen zwei bestimmt nicht weit weg. Nach getaner Arbeit saßen sie oft mit Solon am Kamin und erzählten ihre Erlebnisse aus der Zukunft. Wenn Hatik über Ramses sprach, dann leuchteten die Augen des alten Mannes vor Stolz und Freude. Während die meisten Atlan still im Dunkel der Geschichte verschwanden, so würde man über Ramses und seine Nefertari noch in Jahrtausenden erzählen.
Mit Neri, wie Nefertari ja eigentlich hieß, hatte der Magier auch noch nicht unter vier Augen sprechen können. Er konnte die Veränderungen sehen, die in ihr vorgegangen waren und er ahnte auch, dass das etwas mit der menschlichen Lebensweise von Rami, oder Ramses, wie er in Ägypten hieß, zu tun hatte. Im Gegensatz zu diesem, hatte sie kein neues Leben begonnen. Sie trug das Wissen um die Vergangenheit mit in die Zukunft und umgekehrt. Nur mit Hatik und Safi sprach sie manchmal über ihre Sorgen und Nöte. So hatte es sich im Laufe der Zeit ergeben, dass die beiden, gemeinsam mit Aron, zu Hütern mit weit reichenden Befugnissen und Vollmachten wurden. Mara teilte gern die schwere Aufgabe mit den drei Freunden, brachten sie doch durch ihre Anwesenheit auch immer ein wenig Licht und Freude in ihr Dasein.
Das Kleeblatt, wie die drei Männer scherzhaft genannt wurden, ließ sich auch gemeinsam und intensiv von Solon unterrichten. Dabei erstaunte Hatik die Atlan immer wieder mit ungeahnten Fähigkeiten. Talos nickte dann stets bedeutsam, wobei er murmelte: „Er ist eben ein Tarronn, in welchem Körper auch immer. Ich bin ja gespannt, was er noch so drauf hat.“ So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Unzertrennlichen bei jedem Vollmond am Ritual der Fesselung Letans teilnahmen. In der heutigen Nacht sollte der Mond wieder voll und rund sein. Neri saß am Fenster und schaute in die beginnende Dämmerung. Ihr Blick huschte ab und zu über die kleine Statue neben ihrem Energiekristall. Die kunstvolle Arbeit stellte die Drakon Siri dar, deren ausgebreitete Schwingen eine Kobra mit drohend aufgerichteter Haube beschützten. Im Abendlicht irisierten die Schuppen des Drachen in unzähligen Farben. Die Augen der Schlange hingegen leuchteten intensiv grün. Immer wieder blieb sie bei der Musterung am Schuppenkleid von Siri hängen. Sie stutze. Dann eilten ihre Gedanken nach Ägypten zurück, zu dem Tag, an dem Hatik mit Safi Krokodile gefangen hatte. Plötzlich fiel ihr noch etwas ein …
Solon war, so schnell es eben ging, zu Neri geeilt. Ihr telepathischer Ruf hatte ihn auf halbem Wege nach Hause erreicht. Wenn die Seherin kurz vor der Zeremonie nach ihm rief, dann musste schon Außergewöhnliches vorgefallen sein. Mara erwartete ihn bereits an der Tür, um ihn direkt in Neris magischen Raum zu führen. Die junge Frau reichte ihm lächelnd beide Hände. Sie spürte die Unruhe und Sorge, die der alte Mann mühsam zu unterdrücken versuchte.
„Komm, setz dich, Solon.“
Während der Angesprochene Platz nahm, füllte Neri zwei Becher mit duftendem
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