Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Kurz bevor der Sauerstoff zu Ende ging, errichtete Neri um sich eine Schutzglocke. Es war ein furchtbares Sterben für ihre Freunde. Als die Seherin endlich fühlte, dass alle fünf Seelen an ihr hingen, mobilisierte sie jede erreichbare Energiequelle. Gemeinsam mit ihnen tauchte sie in einen Tunnel wirbelnder Funken. Zurück blieben fünf verkrümmte, tote Körper, in einem geöffneten Sarkophag.
In der heiligen Grotte auf Atla hatten sich die Magier und die Senatoren versammelt. Vor dem Wasserfall auf der großen Wiese wartete fast die gesamte Bevölkerung von diesseits des Gebirges, so wie die Angehörigen der beiden Zeitreisenden aus dem anderen Teil der Insel. Seit Hatik in der vergangenen Nacht urplötzlich alle aus dem Bett gejagt hatte, weil sein Amulett brandheiß und gleißend hell geworden war, saßen Wächter am Eingang zur Höhle. Als der Morgen graute, begannen die Magier die Sperren zu lösen und die Deckel von den Steinwannen zu heben. Die leblosen Körper der Auserwählten sahen aus, wie am ersten Tag, als ob sie schlafen würden. Aron hielt sich mit Hatik ständig in der Nähe des schwarzen Kristalls auf, um nötigenfalls Energie einzuspeisen. Die Sonne hatte den Zenit noch nicht erreicht, als plötzlich Hatiks Udjat einen Energiestrahl in den schwarzen Kristall sandte. Ein Knistern war zu hören, dann schraubte sich eine weiße Lichtsäule empor. Die beiden jungen Männer verständigten sich mit einem kurzen Blick, dann gaben sie volle Energie in die Spirale. Nach langen Minuten schälte sich die Gestalt einer Frau aus dem Licht. Neri war zurück. Sie breitete die Arme aus und gab die Seelen ihrer Begleiter frei. Als feine leuchtende Wolken schlüpften sie in die Steinwannen, umhüllten die Gestalten der Liegenden. Nachdem die Magier über jedem Schläfer ein paar Beschwörungen gemurmelt hatten, öffneten diese die Augen, bereit, sich zu erheben. Nur in einer der Wannen rührte sich nichts. Solon und Talos versuchten, all ihr Wissen einzusetzen. Hatik trat zu ihnen. „Sie wird nicht kommen. Ihre Seele ist im Nirgendwo.“ Betroffen schauten ihn die beiden alten Magier an. Hatik nickte traurig, dann wandte er sich den Ankömmlingen zu. Neri hatte ihn als Erste entdeckt. Sie fuhr regelrecht zusammen. „Aber das ist doch nicht möglich! Hatik! Wie kommst du denn hierher?“ Aufjauchzend fiel sie ihm um den Hals. Auch die anderen Gefährten umarmten ihn stürmisch. Dann fiel Neris Blick auf den Sarkophag mit Kiras leblosem Körper. Sie trat an ihn heran und betrachte lange und ernst die liegende Gestalt. Auch die anderen Atlan hatten sich eingefunden. Der junge Tarronn war neben Neri getreten. „Verschließt ihn wieder. Vielleicht kommen Körper und Geist eines Tages wieder zusammen. Ich hab ja auch die Gunst der Stunde genutzt.“
„Du hast Recht. Lasst sie ruhen, bis ihre Zeit kommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Als die Zeitreisenden die Grotte verließen, wurden sie von einer jubelnden Menge empfangen. Eine wahrhaft grandiose Wiedersehensfeier nahm ihren Lauf. Hatik erzählte den Freunden seinen Teil der letzten Tage und die Geschichte von seiner Ankunft auf Atla übernahm Solon.
„Ihr wisst ja, dass immer wieder Menschen hier um Rat suchen. So kam eines Tages ein schwerkranker junger Mann zu uns. Als er unsere Insel erreichte, war es eigentlich schon zu spät. Die Strapazen der Seereise hatten ihn zu sehr geschwächt. Wir versuchten alles, um sein Leben zu retten. Als er sein Ende nahen fühlte, bat er uns, ihn noch einmal zum großen Wasserfall hier an den klaren Bergsee zu bringen. Mit Tränen in den Augen nahm er Abschied von dieser Welt. Als er seinen letzten Atemzug getan hatte, ging plötzlich eine seltsame Wandlung mit ihm vor. Seine helle Haut wurde dunkler, die blonden Haare färbten sich schwarz und auch die Gesichtszüge veränderten sich. Euer Freund Hatik hatte also genau im rechten Moment Hilfe von Horus bekommen, wer auch immer das sein mag.“
Safi legte seinem Freund die Hand auf den Arm. „Ich bin mehr als dankbar dafür. Die Freude über das Wiedersehen wiegt den Kummer über seinen vermeintlichen Tod mehrfach auf.“
Talos wollte wissen: „Wie ist es euch eigentlich die ganze Zeit ergangen? Habt ihr eine Lösung für unser Problem gefunden?“
Neri zuckte mit den Schultern. „Wir haben einen neuen Freund und Verbündeten gefunden. Das Problem um Letan können wir mit seiner Hilfe vielleicht später einmal lösen. Ja, Talos, vielleicht später einmal.“
Ein
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