Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
Taris?“, fragte der Magier vorsichtig.
„Siebenundneunzig – minus einer, die ich nicht hergebe.“ Horus klopfte Solon auf die Schulter. „Viel Spaß!“
„Oh.“ Solon schlug in komischer Verzweiflung die Hände vor das Gesicht. Dann begann er zu lachen. „Ich kann mich ja auf dem Weg nach Tarronn von den Strapazen erholen.“ Mit diesen Worten drehte er sich um, winkte den Freunden über die Schulter zu und ging in sein Quartier.
Horus sah ihm belustigt nach. „Ich glaube, wir werden noch richtig was erleben…“
Neri und Lara hatten die beiden Kleinen versorgt und mitsamt ihren wärmenden Kuscheldecken Drakos in Obhut gegeben. Nirgends waren sie besser behütet. Schlafend lagen sie neben ihm. Die Schwingen hatte er ausgebreitet, seinen langen Schweif schützend um die Kinder geringelt, um sie keine Sekunde aus den Augen zu verlieren. Die beiden Mütter konnten beruhigt den Abend im großen Saal verbringen. Für Maris holte Horus eines der wunderschönen alten Kinderbücher über die Drakonat aus der Bibliothek. Die Geschichte fesselte den aufgeweckten Jungen von der ersten Seite an.
Die dankbaren Eltern folgten Horus in den Saal, dem er für diesen Abend eine ganz besondere Atmosphäre gegeben hatte. Unzählige Öllämpchen, die statt des elektrischen Lichts brannten, künstliches Kaminfeuer und ein Sternenhimmel an der Decke riefen bei den Atlan Erinnerungen wach. Für die Tarronn war es wie ein Traum aus uralten Zeiten.
Mit Laras und Safis Hilfe war es sogar gelungen, den typischen Palmwein der Atlan zu synthetisieren. Erstaunlicherweise trugen die Tarronn, obwohl es nicht abgesprochen war, ihre Faltengewänder und so waren die Angehörigen beider Völker kaum zu unterscheiden. Für Horus ein gutes Zeichen. Fast als Letzte erschienen die Mitglieder des Magischen Rates und ihre Partner.
Ein Raunen ging durch den Saal. Ausnahmslos alle Frauen trugen kunstvolle Hochsteckfrisuren, die eindeutig Lunas Werk waren. Kebechsenef kam gleich mit zwei blendend aussehenden Damen am Arm in den Saal. Links schritt die brünette Luna und rechts die goldblonde Seschat, die er lächelnd Horus entgegenführte.
Seschat hatte sich mit Freuden in die Hände Lunas begeben und sah umwerfend aus. Horus war die Freude darüber, deutlich anzusehen. Talos bändigte seine Löwenmähne durch einen schmalen goldenen Stirnreif.
Horus schaute ihn lange an. „Heute erinnerst du mich ganz besonders an einen Asen. Es ist wirklich verblüffend. Würde man dir die doppelschneidige Streitaxt in die Hand geben, dann kämen gar keine Zweifel mehr auf. Irgendwann nehme ich dich einfach mit zu ihnen. Ich möchte zu gern Thors erstauntes Gesicht sehen.
Alle paar Hundert Jahre finden mit den Helion und den Asen die üblichen kleinen Zusammenkünfte statt. Warum sollten nicht auch Atlan daran teilnehmen? Noch besser wäre natürlich ein Treffen auf Tarronn.“ Horus musste lachen. „Was denkst du, wie die Asen Drakos anbeten würden! Ihre magischen Drachen sind von der Erde auch schon fast alle verschwunden. Ihr wäret auch ein guter Gegenpol, zu den immer kämpferischen Nordischen.“
Talos hob die Hände. „Sachte, sachte – erst mal müssen wir auf Tarronn sein und uns halbwegs zurecht finden. Große Kontakte können wir dann immer noch knüpfen.“
„Wenn es um Kontakte knüpfen geht, fällt mir Solon wieder ein.“ Hapi schaute sich suchend um. „Wo steckt er denn eigentlich?“
Duamutef lachte. „Ich glaube, er knüpft schon. Vor ein paar Augenblicken habe ich ihn in Nechbets und Utos Begleitung gesehen.“
„Ach du großer Gott! Na, wenn das mal gut geht! Die beiden sind von den Menschen nicht umsonst zu Fruchtbarkeitsgöttinnen erkoren worden…“, antwortete Hapi erschrocken.
Imset, Talos und Safi sahen sich kurz an und begannen lauthals zu lachen. Sogar die Frauen lächelten sehr hintergründig.
„Mach dir mal keine Sorgen“, beruhigte ihn Horus. „Erstens ist er alt genug und zweitens können stille Wasser seeehr tief sein“, sprach er gedehnt.
Lara bekam einen leichten Anflug von Röte. Schließlich hatte sie auch eines dieser besonders stillen, tiefen Wasser kennen und lieben gelernt.
Imsets Blick huschte zu Neri. Bei diesem Thema dachte er daran, dass sie Hathor war und dieser Rolle in allen Punkten gerecht wurde. Es war wieder einer jener Momente, wo er sein Glück kaum fassen konnte.
Horus schien ähnliche Gedanken zu verfolgen. „Würdest du für uns Harfe spielen?“, fragte er sie
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