Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
in umgekehrter Farbverteilung vorzustellen. Eigentlich war der Unterschied doch völlig egal. „Weißt du, wovon ich träume?“, fragte sie den Drakon.
„Ich kann es mir lebhaft vorstellen“, flüsterte er. „Von weiten Wiesen, murmelnden Bächen, glasklaren Seen und hohen Bäumen, die Schatten spenden. Davon träume ich auch schon seit Jahrhunderten. Ich möchte den Wind unter meinen Schwingen fühlen und hoch in den Himmel fliegen.“
Die beiden unterschiedlichen Wesen schwiegen und hingen ihren Gedanken nach. Sobek war unter Drakos’ Schwinge gekrabbelt, wo er friedlich eingeschlafen war, bewacht von seiner Freundin Sara, die sich ebenfalls in die Flughäute der Echse gekuschelt hatte. Lara erklärte Drakos, wie sie sich die neuen Plantagen vorstellte und wie viel Arbeit dafür nötig sei.
Drakos hob eine Vorderklaue und betrachtete sie. Dann sah er Lara von der Seite an. „Reicht das zum Umgraben?“
„Das ist eine prima Idee! Wenn du mir hilfst, dann bin ich in Rekordzeit fertig. Für dich ist es ein Leichtes, Bewässerungsgräben in die Erde zu ziehen.“
Drakos lachte. „Auf gute Zusammenarbeit! Dafür gestehe ich aber auch jetzt schon, dass ich ab und zu ein paar Früchte stehlen werde. Ich liebe süßes Obst.“
„Ehrlich? Ich dachte, du isst nur Fisch.“
„Eigentlich schon, aber ab und zu ein Leckerchen…“ Drakos verdrehte selig die Augen.
„Oh, ich hatte fast vergessen, dass dein Leben erst wieder neu begonnen hat.“ Lara streichelte mitleidig Drakos´ Nase. „Ich werde die besten Pflanzen so setzen, dass du auch gut herankommst. Das verspreche ich dir ganz fest.“
Drakos wusste genau, wenn eine Atlan das sagte, dann galt das in alle Ewigkeit.
Auf dem Transporter und auf Taris liefen die Vorbereitungen für die Abreise auf Hochtouren. Der Test der Zusatzantriebe für das Raumschiff verlief zur vollsten Zufriedenheit. Kommandant Kebechsenef fiel ein riesiger Stein vom Herzen.
Mitten in der ganzen Betriebsamkeit huschte Maris von einem Synthetisator zum anderen. Er ließ sich Äpfel und Datteln erzeugen. Der aufgeweckte Junge hatte bald seinen Beutel voller Obst. Schnell brachte er seine Schätze zu Lara, um sie dann gemeinsam mit ihr Drakos zu überreichen. Kaum hatte sich die Tür geöffnet, hob Drakos witternd den Kopf und bekam riesengroße Augen.
„Das ist alles für dich. Lass es dir schmecken“, wünschten die beiden Atlan, als sie den Beutel ausleerten.
„Ich träume.“ Der Wächter schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, war der Berg Früchte immer noch da. Drakos wischte sich eine Freudenträne weg. Vorsichtig zog er mit seiner gespaltenen Zunge ein paar Datteln heran. Genüsslich sog er ihren Duft ein und schob sie schließlich in seinen riesigen Rachen. „Hmmm! So etwas habe ich noch nie gegessen.“
Lara lachte. „Kein Wunder, das sind Früchte von der Erde. Mit ein bisschen Glück kannst du in ein paar Jahren mehr davon haben.“
Sie wandte sich mit Maris wieder zum Gehen. Vor der Tür drehte sie sich noch einmal um. „Übrigens habe ich gehört, dass wir schon in rund zwei Monaten auf Tarronn sind. Unsere Träume werden also bald Wirklichkeit.“
Sie ließen einen überglücklichen Drakos im Laderaum zurück, dessen genussvolles Schmatzen bis auf den Gang zu hören war. Auch Maris strahlte über das ganze Gesicht, schließlich war ihm das süße Obst für seinen riesigen Freund supergut gelungen. Seine Vorstellungskraft hatte ausgereicht, den Automaten genau zu suggerieren, was sie herstellen sollten. Lara hatte ihn sehr gelobt. In dem Jungen steckte ein großes Potenzial.
Sie beschloss, mit Talos und Solon über dessen Ausbildung zu sprechen. Das Versprechen von Imset hatte er ja schon, von ihm alle Kampftricks zu lernen, sobald er alt genug sei. Seit er das Buch über die Drakon gelesen hatte, war er oft bei Lara und ließ sich alles über Kräuter und ihre Wirkung erklären. Stundenlang blätterte er in Talos’ Büchern mit den wunderschönen Zeichnungen. „Wenn ich groß bin, werde ich ein berühmter Heiler“, sagte er dann immer. Lara glaubte es ihm aufs Wort. Bei dem Fleiß war alles möglich.
Am Abend fand die Abschiedsfeier für die Reisenden statt. Wieder trugen alle ihre strahlendweißen Gewänder. Schon während des gemeinsamen Abendbrotes fiel den Atlan um Solon auf, dass ihm ungewöhnlich viele Blicke der Damen von Taris zugeworfen wurden. Wenn sie es sich recht überlegten, dann war in den ganzen Tagen auf der Station nie ein
Weitere Kostenlose Bücher