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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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flieg! Hinauf, hinauf! Sonst wird es schon zu spät sein. Denn langsam, langsam fährt das Schiff …
    Samuel Taylor Coleridge
     
     
     
    FALKIN TEILTE DIE NACHT in halbe Wachen ein, um den erschöpften Männern, die sie noch übrig hatte, zumindest den Teil einer Nachtruhe zu gönnen. Dreso und Jaques scheuchten die Meuterer unter Deck, aber die Männer machten den beiden Piraten keine Schwierigkeiten. Ihr Feuer war erloschen, sobald Bardo zu strampeln aufgehört hatte.
    McAvery kehrte an seinen üblichen Platz neben der Achterdecksleiter zurück und saß an die Reling gelehnt auf dem Deck. Falkin teilte die restlichen Wachen ein, unterhielt sich einen Moment lang mit Shadd und ging dann auf McAvery zu.
    Er nickte und lächelte liebenswürdig. »Ende gut, alles gut, nicht wahr?«
    Falkin wies mit der Hand auf Bardos Leichnam. Er schwang in der Nachtbrise hin und her; der Strick knarrte in einem scheußlichen Rhythmus, und sein Schatten fiel auf Falkins Gesicht, wenn er den Kegel des Lampenlichts durchquerte. »Für ihn ist es vorbei. Nicht aber für uns. Wir haben noch Arbeit vor uns. Bei Tagesanbruch werden wir vor Pecheta liegen. Ich will mich mit Shadd, Tom und dir zusammensetzen und den besten Weg besprechen, das hier zu erledigen.«
    Er riss die Augen auf. »Planungen? Kapitän! Ich dachte, du betest die Götter der Launenhaftigkeit an.«
    Falkin trat nach ihm. Er packte ihren nackten Knöchel. Der Schreck über seine Berührung brachte sie beinahe aus dem Gleichgewicht. Sie spannte das Bein an und schob dann den Fuß kräftig nach vorn, so dass sie ihn an der Brust traf und ihn rückwärts gegen die Reling stieß. Sie stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Fuß und verschränkte die Arme auf ihrem erhobenen Knie. »Ich bin deiner Tändelei allmählich müde. Du hältst nicht gerade viel von mir oder von der Art, wie ich diese Mission bisher erledigt habe. Das ist dein gutes Recht, aber ich muss mir das nicht ständig anhören. Von diesem Augenblick an erwarte ich von dir, dass du deine Meinung für dich behältst.«
    »Du hörst sie vielleicht nicht gern«, sagte er, und seine Stimme klang unter dem Druck ihres Fußes gezwungen, »aber du tätest gut daran zuzuhören. Jeder Anführer braucht eine Stimme, die die Gegenmeinung vertritt.«
    »Ich hatte eine.« Sie wies mit einer Schulter nach hinten. »Mir hat aber nicht gefallen, was sie gesagt hat, also schmückt sie jetzt meine Takelage.«
    »Ja, du bist sehr wild, du blutrünstiger Piratenkapitän! Stellt euch Falkin nicht in den Weg, sonst baumelt ihr.«
    »Freut mich zu hören, dass meine Botschaft ankommt.«
    Er rollte ungeduldig die Augen. »Eine abweichende Meinung kann auch nützlich sein. Sie zeigt einem, welche Möglichkeiten man noch hat.«
    Sie lachte bitter. »Selbst, wenn das nicht gegen die Artikel verstieße, unter denen wir segeln, ich könnte doch keine Uneinigkeit erlauben. Das ist ein anderes Wort für Selbstmord.«
    McAvery hustete, als ringe er um Atem. »Es ist ja nicht so, als ob deine Mannschaft mit dir zu streiten versuchte, besonders jetzt nicht.«
    »Was versuchst du denn sonst zu sagen?«
    »Erinnerst du dich nicht daran, wie du für deinen geliebten Kapitän die Stimme der Vernunft warst, wann immer du dachtest, dass er sich wie ein Idiot benahm?«
    »Binns hat sich nie …«, begann sie und hielt dann inne. Ein plötzliches Bild erschütterte sie. Nasses Haar in ihren Augen, Wind, Dunkelheit, zerfetzte Segel, die über ihr flatterten. Und ihre eigenen Worte, die aus ihr herausbrachen. Wir sind nicht imstande, ein Schiff zu kapern, schon gar nicht das da… Was, wenn er kein eitler Geck ist? Sie hatte nie darüber nachgedacht, wie sie sich angehört haben musste. War sie Binns so auf die Nerven gegangen, wie McAvery ihr auf die Nerven ging? Unmöglich. Binns musste doch wissen, dass sie nur mit ihm stritt, weil er ihr wichtig war. Oder nicht?
    Ohne ein weiteres Wort von McAvery abzuwarten, marschierte sie zu ihrer Kajütentür hinüber und rief im Gehen über die Schulter: »Shadd! Her zu mir, sofort!«
    Shadd winkte den Roten Tom mit dem Finger herbei und stapfte übers Deck, um an der Kajütentür auf Falkin zu stoßen.
    »Die Nachtwache ist unter Deck eingesperrt, Kapitän«, sagte er. »Und Angus steht am Steuerrad.«
    »Gut.« Sie zögerte und warf einen Blick zurück. McAvery war wieder damit beschäftigt, den Nachthimmel zu betrachten, aber diesmal wusste sie, dass seine Gleichgültigkeit nur vorgetäuscht war. Ganz

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