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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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Schlinge zu knüpfen.
    Falkin hatte noch nie den Tod eines Menschen befohlen. Übelkeit stieg ihr in der Kehle auf. Es gab keine Wahl. Barmherzigkeit mochte eine Tugend sein, aber an Bord ihres Schiffes konnte sie nur eine Bürde bedeuten. Obwohl sie das wusste, stieß ihr eigener Befehl sie ab. Sie konnte die Vorbereitungen nicht mit ansehen, aber sie durfte sich auch nicht anmerken lassen, dass sich ihr Magen in Krämpfen zusammenzog und ihr schlecht war.
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging stattdessen dorthin, wo McAvery noch immer angebunden war. Sie griff nach oben zu dem festgebundenen Ende seines Stricks und sägte mit ihrem Dolch daran herum, bis es riss. McAverys Arme sanken herab.
    »Aahh!«, seufzte er. »So ist es schon viel besser.«
    Falkin setzte ihm den Dolch auf die Brust. »Ich weiß eine Hilfe zu schätzen, aber wenn du das noch einmal tust, schlitze ich dir den Bauch auf.«
    »Ich habe doch nichts getan.« Ein winziges Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Aber du musst zugeben, dass es dir die« – er zwinkerte – »Haut gerettet hat.«
    Zur Hölle mit ihm. Er hatte sie gezwungen, die magische Fähigkeit einzusetzen, die sie ihr Leben lang verleugnet hatte, und jetzt wollte er, dass sie ihm auch noch dafür dankte? Und wenn sie den Rest ihres Lebens dazu brauchen sollte, sie war entschlossen, das letzte Wort zu behalten. »Du bist für den Augenblick frei. Wenn du aber nicht wieder gefesselt werden willst, dann halt den Mund, verhalt dich unauffällig, und behalt deine Tricks gefälligst für dich.«
    Gehorsam neigte er den Kopf. »Wie du wünschst, Kapitän.« Er ließ sich aufs Deck fallen, schlug die Beine unter und massierte sich die Schultern.
    »Kapitän!« Falkin wandte sich dem Ruf zu.
    Über die unterste Rahe des Hauptmasts war ein Strick geworfen worden; das lose Ende war festgebunden. Am anderen Ende hatte jemand eine Schlinge geknüpft. Shadd hielt sie auf, während Jaques und Angus den gefesselten Bardo, der sich aber immer noch wehrte, vorwärtsstießen. Sobald er nahe genug herangekommen war, führte der große Kanonier die Seilschlinge über den Kopf des kleineren Mannes und zog sie fest zusammen. Bardo hörte zu kämpfen auf. Er sah plötzlich erbärmlich aus und zitterte sichtlich; die Maske der Tapferkeit, die er zur Schau trug, war nun mit Fäden von Furcht durchsetzt. Er wäre wohl kaum ein Mensch gewesen, wenn er keine Angst vor dem gehabt hätte, was ihm gleich zustoßen würde. Zu wissen, dass der Tod unmittelbar bevorstand, dass es keine Möglichkeit gab, ihm zu entgehen … Falkin fragte sich, ob sie selbst wohl stark genug gewesen wäre, ihrem Henker aufrecht stehend zu begegnen … Sie grub die Erinnerung aus, wie er mit ihr geredet hatte, wie er sie behandelt hatte, und baute das Bild entschlossen an vorderster Front ihres Verstandes auf. Kein Platz für Gefühle.
    »Irgendwelche letzten Worte, Bardo?«
    »Ja.« Er holte tief Luft und hob dann den Kopf. Feuer loderte in seinem Gesicht, und er spie die Worte förmlich aus: »Ich würde es auch jetzt noch wieder tun. Jeder Mann, der einer Frau in die Schlacht folgt, ist ein Narr, der sich noch immer unter den Unterröcken seiner Mama versteckt.« Er lachte leise; es war aber ein kalter, blutleerer Laut. »Du bist nicht mein Kapitän. Häng mich ruhig auf, aber du wirst mich doch nicht dazu bringen zu tun, was du sagst. Ich werde aus den Sieben Höllen zu dir hochsehen, und das Letzte, was du hörst, bevor sie dich niederstrecken, wird mein Gelächter sein!«
    Falkin warf einen Blick hinter Bardo. Angus und Jaques hielten den Strick und beobachteten sie genau; sie warteten darauf, dass sie das Signal gab. Falkin hob die rechte Hand. Die Arme der beiden Männer spannten sich an dem Strick, den sie hielten, an.
    »O ja, du wirst mich lachen hören, während sie dich in Stücke hacken und dir dein schönes Schiff abnehmen …«
    Sie ließ die Hand mitten in seiner Tirade herabsausen. Ihre Männer zerrten, setzten ihr Körpergewicht ein, um Bardo von den Beinen und in die Luft zu ziehen. Falkin wollte und konnte sich nicht abwenden. Sie stand starr wie eine Marmorstatue da, während Bardos Zappeln zum Erliegen kam. Beinahe konnte sie den Zug der Hanffasern an ihrem eigenen Hals spüren, die unerträgliche Enge, während ihrem Körper die Luft entzogen wurde. Während sie zusah, stellte sie sich vor, ihr Körper stecke dort in der Schlinge. Fast wäre es ja auch dazu gekommen.

Kapitel 28
     

     
    Flieg, Bruder,

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