Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
neben seines. Falkin fühlte sich ohne ihren Degen zwar nackt, doch er hatte unpassend ausgesehen, als er so zwischen den Röcken gehangen hatte, die wirbelten und sich um ihre Beine verhedderten, sich an ihren Stiefeln verfingen und drohten, sie bei jedem Schritt zu Fall zu bringen.
Nun wandte sich Falkin Olympia zu. »Danke für alles. Vergiss nicht, die Danisober kommen vielleicht noch bei dir vorbei auf der Suche nach mir. Wenn ich nicht zurückkomme …«
»Still, Mädchen.« Olympias Augen standen voller Tränen. »Ich habe keine Angst vor diesen faltigen alten Männern. Geh und befrei Artie. Ich erwarte, alles darüber zu hören, wenn du damit fertig bist.« Sie schlang die Arme um Falkin. »Sei vorsichtig, Süße.«
Sabas schüttelte Shadd die Hand und umarmte Falkin dann ebenfalls. »Pass mit der Schulter auf, Mädchen.«
Sie lächelte ihn an. »Danke, Sabas.«
Sie verließen die Schenke, ohne zurückzublicken. Shadd und sie bewegten sich in Schlangenlinien auf den Hafen zu und stolperten dann und wann, um gegeneinanderzufallen; sie taten ihr Bestes, wie ein betrunkenes Pärchen auszusehen, das zu einer Verabredung auf einem Schiff unterwegs war. Dies war auf Eldraga kein ungewöhnlicher Anblick und würde kaum Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
»Komm schon, Mädel, gib uns einen Kuss!«, brüllte Shadd plötzlich. Er verstärkte den Griff des Arms, den er ihr um die Taille geschlungen hatte, schwang sie gegen seinen breiten Brustkorb und presste die Wange an ihre.
»Bei allen Göttern! Wenn du mir mit dem Mund zu nahe kommst, dann reiß ich dir die Eier mit bloßen Händen ab!«, zischte sie.
»So dumm bin ich nicht«, murmelte er ihr ins Ohr. »Blaukittel, auf der anderen Straßenseite.«
Sie senkte den Kopf. Zwei Wachen lehnten an der Wand eines Lagerhauses an der Hafenkante. Sie wirkten entspannt, zwei Kerle, die ihrer Arbeit mit so wenig Eifer wie möglich nachgingen. Ihre Augen waren aufmerksam, musterten jeden, der vorbeikam. Vielleicht suchten sie auch gar nicht nach ihr. Sicher gab es noch andere Verbrecher, die wichtiger waren als sie.
»Schlüpf in das Gässchen da!«, wies Falkin Shadd an und deutete rasch mit dem Finger auf den schattigen Durchgang zwischen zwei Gebäuden hinter ihm. In drei Schritten erreichten sie den vagen Schutz, den das Gässchen zu bieten hatte. Shadd setzte Falkin ab, drückte sie mit dem Rücken an die Wand und platzierte seine fleischigen Hände beiderseits von ihr, so dass er sie wirkungsvoll mit seinem Körper abschirmte.
»Folgen sie uns also?«, flüsterte er und senkte den Kopf, als versuche er, einen weiteren Kuss zu bekommen. Falkin spähte unter seinem Arm hindurch und warf einen kurzen Blick dorthin zurück, wo sie hergekommen waren. Die Soldaten lehnten noch immer an der Holzwand und starrten die Straße hinauf.
»Nein. Wir haben Glück.« Shadd richtete sich auf – und die beiden gingen die enge Seitengasse hinunter. So nahe am Meer umfing sie der seltsam beruhigende Geruch nach Teer und toten Fischen. Schleimige purpurne und grüne Pilze wucherten an den langsam verrottenden Wänden der Lagerhäuser. Als sie das andere Ende der Gasse erreichten, trat der große Kanonier als Erster ins Freie, warf einen Blick nach rechts und links und winkte Falkin dann hinaus.
»Unsere Jungs warten«, murmelte er, »da drüben.« Die Kais wirkten so geschäftig wie immer; Männer löschten Kisten und Fässer aus kleinen Ruderbooten. Ein Trupp Soldaten in den blauen Röcken der Königlichen Armee marschierte beiläufig den Kai in der Gegenrichtung hinunter. Falkin war erstaunt, dass ein so kleines Kontingent abgestellt worden war, um die ganze Hafenkante zu überwachen. Aber sie verschwendete ihre Zeit nicht damit, darüber nachzudenken. So langsam, wie sich die Blauröcke bewegten, würden sie nicht wieder an diesem Ende ankommen, bevor ihre Männer und sie längst fort waren.
Sie richtete den Blick aufs Wasser. Die Sieg lag sanft schaukelnd an einem Ende des Hafens vor Anker; sie hatten die Vogelfrei am anderen zurückgelassen. Es war ein schmales, kleines Schiff, leuchtend gestrichen, mit sauberen Segeln und sechs Stückpforten auf jeder Seite. Männer in blauen Uniformen eilten geschäftig auf den Decks herum und bereiteten das Schiff zum Ablegen vor. Ein Beiboot, das mit noch mehr Blaukitteln überfüllt war, ruderte gerade zur Sieg hinaus. Falkin fragte sich, ob darin wohl Proviant oder Gefangene transportiert wurden. Binns mochte dort sitzen, umgeben von
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