Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
oben ihren Rausch ausgeschlafen haben? Hochgescheucht, während wir heute Morgen unsere Besorgung gemacht haben.« Olympia schüttelte den Kopf. »Das ist mehr als eine reine Anklage wegen Piraterie. Irgendjemand will da ernsthaft was von eurem Kapitän. Und … ein wichtiger Jemand muss das sein.«
»In Ordnung, damit ist die Sache entschieden.« Falkin verspürte einen winzigen Funken Erleichterung. Sie hatte gehofft, von der Insel verschwinden zu können, bevor die Danisober mehr als nur Kopfgeldjäger auf die Suche nach ihr schickten. Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. »Tom, Jaques, ihr beiden zieht durch die Straßen. Findet und benachrichtigt so viele der anderen, wie ihr nur in die Hand bekommen könnt. Shadd, du kommst mit mir, um die Vogelfrei fertig zu machen. Ich laufe mit dem Nachmittagshochwasser aus«, warnte sie, »egal wer an Bord ist oder nicht. Jeder, der zurückbleibt, ist selbst schuld, weil er sich nicht schneller bewegt hat.«
»Aye aye, Maatin.« Die beiden rannten geradewegs zur Tür hinaus. Falkin versuchte gar nicht erst, sich einzureden, dass sie ihretwegen so viel Eifer an den Tag legten. Artemus Binns segelte schon länger zwischen den Neun Inseln umher, als einige seiner Leute am Leben waren – bei dem Abenteuer mitzumachen, ihn zu befreien, würde zwar gefährlich sein, aber wenn sie damit Erfolg hatten, würden ihre Namen gewiss für Generationen in die Volkssagen eingehen.
»Olympia, kannst du eine Hose und ein Hemd für mich auftreiben? Ich muss mir etwas anderes als diesen Schnickschnack hier anziehen.«
»Das ist keine gute Idee. Sie halten doch Ausschau nach einer Piratin, besonders jetzt«, sagte Olympia mit einem missbilligenden Zungenschnalzen und wedelte mit der Hand. »Wenn du in Hosen durch die Straßen marschierst, wirst du schon in Ketten sein, bevor du auch nur den Kuchen auf dem Markt riechen kannst.«
Sie hatte nicht unrecht. Die Behörden hatten sicher nicht nur Falkins Beschreibung; ihr Hemd war ruiniert und ihre Hose steif von dem Schlamm, der sie durchtränkt hatte. Es hätte zu lange gedauert, beides zu waschen und zu ihr zurückzubringen.
»Gut. Aber nur, bis ich wieder an Bord meines Schiffes bin.« Falkin trommelte auf das Logbuch. »Wie kann ich das hier transportieren, ohne dass jemand etwas bemerkt?«
»Warum lässt du es nicht einfach bei mir?«, fragte Olympia. »Du kannst es später abholen, nachdem du Artie befreit hast.«
»Nein. Wenn ich das Schiff nicht einholen kann, ist das hier die einzige Währung, in der sich Arties Freiheit erkaufen lässt.«
»Wer wird es denn deiner Meinung nach so unbedingt haben wollen?«
Falkin beugte sich näher zu ihrer Freundin. »Artie sagt, es soll zum König gebracht werden.«
»Das kann nicht stimmen. Ein Buch?« Olympia streckte die Hand aus, um den Buchdeckel anzuheben. »Was steht denn darin, das es für den Alterslosen König so wertvoll machen sollte?«
Falkin schlug den Deckel zu. »Artie sagt, wir dürfen es nicht lesen.«
Olympia schob die Unterlippe zu einem kindlichen Schmollen vor. »Dann behalt dein Geheimnis nur für dich. Ich hatte eine wunderbare Möglichkeit, das verdammte Ding unbemerkt zu transportieren, aber vielleicht werde ich den Mund halten. Es ist ja nicht so, dass du meine Hilfe brauchen würdest.« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und starrte in die Luft.
Falkin seufzte. »Tut mir leid, Olympia. Artie hat mir das Versprechen abgenommen. Er sagte, das, was darin steht, sei zu gefährlich, um von irgendwem gelesen zu werden. Und ich könnte mir nie vergeben, wenn ich zuließe, dass dir etwas zustößt.«
Olympia hob das Kinn ein wenig höher und stieß schnaufend einen langen Atemzug aus. »Ich nehme an, wenn du dir das Mieder hübsch eng schnürst und das Buch zwischen das Mieder und deinen Rücken steckst, würde es vielleicht unbemerkt bleiben.«
Blutige Grace, nicht schon wieder das Mieder! Selbst, wenn sich die Erhebung auf ihrem Rücken abzeichnete, würde ihr Haar, das in schwarzen Wellen bis zu ihren Hüften hinabfiel, verhindern, dass das Buch von einem beiläufigen Beobachter bemerkt wurde. Falkin verabscheute es, wie ihr Haar ihr ins Gesicht glitt und an den Lippen klebte, wann immer sie tief einatmete, aber wenn sie das Buch auf ihrem Rücken versteckte, hatte sie keine Wahl.
Sobald sie eingeschnürt war, reichte sie Shadd ihren Degen. »Trägst du mir das, Junge?«
Er nickte, löste die Schnalle seines eigenen Gürtels und schob sich ihr Wehrgehänge
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