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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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älter als fünfzig. Falkin hatte den Geschichten niemals viel Glauben geschenkt, weil sie nie damit gerechnet hatte, den Mann je zu treffen. Und jetzt versuchte Binns, ihr weiszumachen, dass er bei ihm einen Stein im Brett hatte? Die Folter hatte seinen Verstand gebrochen, so musste es sein.
    Binns grinste. Das sah schon mehr nach dem Mann aus, den sie kannte. Das gefährliche Funkeln, das ihr immer sagte, dass sie gleich in Schwierigkeiten geraten würden, glitzerte in seinen Augen.
    »Wie soll ich durch das Palasttor kommen?«
    »Du bist ein einfallsreiches Mädchen, also lass dir auch was einfallen. Es ist lebenswichtig, dass mein Buch den König erreicht. Lig ist der Mann, der das bewirken kann. Nicht der Torwächter, nicht der Haushofmeister, noch nicht einmal Prinz Jeremie. Vor allem nicht der Prinz. Verstehst du mich?«
    »Ich verstehe.« Selbst, wenn ich auf dem Weg dorthin in einem Verlies auf Pecheta lande , dachte sie.
    »Noch eines, mein Mädchen.« Er senkte die Stimme zu einem kaum hörbaren Flüstern. »Vertrau nicht dem ersten Eindruck, den du von irgendjemandem hast. Verrat kann aus der unwahrscheinlichsten Quelle hervorsprudeln. Aber auch Hilfe. Nimm an, was das Schicksal dir bietet, ganz gleich, wie du über die Verpackung denkst, in die gehüllt es erscheint. Verstehst du mich?«
    Sie runzelte die Stirn. »Kein Wort davon. Du beginnst schon, wie dieser Bettler mit seinen Geheimnachrichten zu klingen. Aber ich werde mein Möglichstes tun, mich an deinen Rat zu halten.«
    »Das weiß ich«, sagte er. »Du warst ja schon immer so stur.«
    »Musste ich auch sein, um mit dir zusammenzuarbeiten«, blaffte sie, »sonst hättest du uns in ein Missgeschick nach dem nächsten gesteuert.«
    Er spreizte die Finger, so dass Falkins schmalere dazwischengleiten konnten, und drückte sie sacht. »Ich würde dich nicht um meinetwillen darum bitten. Ich könnte mich nicht ruhig begraben lassen, wenn ich wüsste, dass du für meinen erbärmlichen Kadaver gestorben bist. Aber dieses Buch ist wichtiger, als ich dir sagen kann.«
    »Die Zeit ist um!« Die Ansage erscholl schneller den Korridor herunter, als es Falkin lieb war.
    Falkin griff nach ihrem linken Ohr und schob den Verschluss ihres Ohrrings auf. Es war ein kleiner Silberring, schlicht und zierlich. Binns hatte ihn ihr nach ihrer ersten Schlacht geschenkt, als Symbol ihres neuen Lebens. Sie hatte ihn nie abgenommen. Bis jetzt.
    Sie nahm den kleinen Silberring in die Hand und schob ihn aufs erste Glied von Binns’ kleinem Finger. »Nimm das«, flüsterte sie. »Bewahr es für mich auf.«
    Er nickte, zog die Hand zurück und schlang die andere darum. »Möge der Wind günstig stehen, Mädchen«, murmelte er. »Ich hoffe, ich geb dir das hier bald zurück.«
     
    Die warme Luft der Straße vor dem Gerichtsgebäude war so einladend wie die Umarmung eines Liebhabers. Falkin stand einen Moment lang starr oben auf der Marmortreppe und ließ ihren Augen Zeit, sich an das helle Sonnenlicht zu gewöhnen. Ströme von Einkaufenden und Geschäftsleuten fluteten vorbei; alle waren auf ihre ach so bedeutenden Erledigungen und Besorgungen konzentriert. Wie konnte die Welt derart normal aussehen, wenn alles so furchtbar falsch war?
    »Und einen für dich!« Olympia warf der letzten ihrer Herrenbekanntschaften eine Kusshand zu und schloss sich Falkin an. »Nun, ich bin erschöpft. Was hältst du von einer Erfrischung, Schätzchen?«
    »Nur, wenn wir uns dabei auch unterhalten können«, sagte Falkin. Jetzt, da sie Binns besucht und mit ihm gesprochen hatte, machte ihre Aufgabe einen doppelt dringlichen Eindruck. Hätten keine Wachen die Straßen nach ihr abgesucht, so hätte sie Olympias alberne Verkleidung sofort abgeworfen und wäre mit Höchstgeschwindigkeit zum Hafen gerannt.
    Olympia tätschelte ihr den Arm. »Geduld, Süße. Alles zu seiner Zeit.«
    Die beiden Frauen stiegen die Stufen hinunter und schlossen sich dem Strom der Menschen an, drängten und stießen sich ihren Weg in die Mitte der breiten Straße frei und ließen sich in die Richtung von Camberlins Schenke mitschwemmen. Falkin sah sich um. Da sie keine blauen Uniformen entdeckte, entschied sie sich, ein Wort zu riskieren. »Und?«
    »Und, was?«
    »Hast du’s?«
    Olympia tätschelte Falkin die Hand. »Beruhig dich, Liebes. Wir werden darüber reden, wenn wir nach Hause kommen.«
    »Ich kann aber nicht warten!« Sie war über ihre eigene Heftigkeit erschrocken.
    »Du bist aber auch eine ungeduldige Frau!

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