Die magische Höhle - Die geheime Kammer
nahmen die Mönche Fremde auf. Oder doch nicht? Wie war das noch gleich?
Jetzt ging alles wie von selbst. Ausnahmsweise fiel ihr einmal etwas sofort ein. Erst im letzten Jahr war das alte Klostergebäude zur Stadtbücherei umgebaut worden, nachdem jahrelang die Feuerwehr dort ihre Autos abgestellt hatte. Genau, deswegen hieß die kleine Straße dort auch Klostergasse! Natürlich! Stolz auf ihr computergenaues Gedächtnis nahm sie Niklas bei der Hand und machte sich auf den Weg. Obwohl es langsam dunkler wurde, fand sie auf Anhieb das Kloster. Das düstere Gemäuer mit den kleinen Fensterschlitzen und der großen, schweren Flügeltür erinnerte sogar entfernt an das Gebäude von heute.
Julia klopfte schüchtern an die Klosterpforte. Erst glaubte sie, niemand hätte das Klopfen gehört. Enttäuscht wollten sie schon wieder gehen. Doch dann öffnete sich ein kleines Fenster in der Tür und ein Mönch mittleren Alters streckte seinen Kopf heraus und blickte sie verwundert an.
„Guten Abend“, grüßte Julia höflich.
Der Mönch starrte sie nur an und gab keinen Laut von sich. Wie sprach man Mönche eigentlich an?
„Herr Mönch“, versuchte sie es kurzerhand, „wir sin d …“ Sie hielt verdutzt inne. Der Mönch verzog keine Miene und sagte wiederum kein Wort.
„Hochwürden!“, startete Julia einen neuen Versuch. Mit dem gleichen Ergebnis.
„Ehrwürdiger Pater!“
Nichts.
„Geistlicher Bruder!“
Keinerlei Reaktion.
„Ich glaube, die haben ein Schweigegelübde abgelegt“, flüsterte Niklas seiner Schwester zu. Julias Miene verdüsterte sich. Die Miene des Mönchs dagegen hellte sich auf. Er lächelte zufrieden und nickte überdeutlich. Jetzt fiel es Julia plötzlich ein. Das Kloster der schweigenden Mönche! So hieß das Kloster. Jetzt wusste sie auch, warum es so hieß. Diese Art von Mönchen sprach außer beim Beten und Singen nie ein Wort. Die konnten ihnen jetzt am wenigsten weiterhelfen.
In diesem Moment läutete aus dem Klosterinneren ein helles Glöckchen: Das Signal zum gemeinschaftlichen Abendgebet. Julia gab auf.
„Schon gut, dann entschuldigen Sie die Störung!“, murmelte sie tonlos.
Der Mönch lächelte ihnen noch einmal zu, schloss die Pforte und verschwand.
Wieder war eine Hoffnung zerplatzt. Julia war frustriert. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl gehabt, sich zurechtzufinden. Und dann gab es trotz ihrer Ortskenntnisse und ihres Schulwissens so eine Pleite!
Ziellos irrten sie durch die Straßen und Gassen. Inzwischen war es fast völlig dunkel geworden. Eine Straßenbeleuchtung gab es nicht, nur aus ein paar Häusern drang schwacher Kerzenschein.
„Was habt ihr hier zu suchen?“, schnarrte plötzlich eine laute, unfreundliche Stimme.
Julia und Niklas fuhren erschrocken zusammen und blickten sich um. Ein Nachtwächter mit geschulterter Lanze stand vor ihnen und funkelte sie böse an. Die Geschwister waren viel zu erschrocken, um zu antworten.
Er war nicht allein. Einen Störenfried hatte er bereits aufgegabelt und zerrte ihn unsanft am Arm mit sich herum. Es handelte sich um einen schlanken, jungen Mann mit kurzrasiertem Vollbart und schulterlangen schwarzen Haaren.
Für den Nachtwächter gehörten auch Niklas und Julia nicht auf die Straßen dieser ehrbaren Stadt. Mit seinem geübten Kennerblick hatte er das sofort bemerkt.
„Gesindel muss außerhalb der Stadtmauern übernachten“, fuhr der Wächter sie mit schneidender Stimme an. „Raus mit euch!“
Julia wollte protestieren, aber der junge Mann, den der Nachtwächter auch hinauswerfen wollte, zerrte sie am Ärmel mit sich weg.
„Es hat keinen Sinn, sich mit diesem Rüpel anzulegen“, flüsterte er ihr zu. Julia beschloss, ihm zu glauben. Es war wirklich besser, so schnell wie möglich zu verschwinden.
„Wenn ich euch noch einmal erwische, landet ihr im Karzer!“, brüllte der Nachtwächter ihnen hinterher.
Niklas wollte ihm noch etwas zurufen, aber das verkniff er sich. Vermutlich hatte der Fremde Recht und sie fingen besser keinen unnötigen Streit an.
„Ein gastliches Städtchen, nicht wahr?“, sagte der junge Mann grinsend. „Darf ich mich vorstellen? Ich bin Leonardo, der Gaukler. Künstler, Artist, Schauspieler, Experte in allen Arten der Unterhaltungskunst.“
„Und was hast du verbrochen, dass dich der Blödmann aus der Stadt geworfen hat?“, wollte Niklas wissen.
„Nichts“, antwortete Leonardo grinsend. „Außer, dass ich zum Gesindel gehöre. Wie ihr übrigens auch!“
„Wir sind
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