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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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der Loge, und der älteste, feisteste, kritzelte etwas auf ein Papierchen, malte noch verschiedene Schnörkel darunter, die Ziffern ähnlich sahen, summierte bedächtig und schmiß ihm den Zettel hin. Hierauf wartete er mit eiserner Miene den Effekt auf den Geknickten ab.
    Perlafinger war zu konsterniert, um den Zettel würdigen zu können.
    »Wieviel macht's denn beiläufig«, murmelte er.
    »Hundert Schilling. Denn der Herr wer'n gern noch ein Trinkgeld drauflegen in Anbetracht des unliebsamen Aufsehens, was der Herr verursacht ham.«
    »Hundert Schilling!« kam nach einer Pause ein Stöhnen aus dem Kaiserbart. »Für zwei Flasch'n Champagner hundert Schilling?«
    »Erstens war's ein französischer Champagner, was der Herr g'habt ham, zweitens kommt die Unterhaltungsgebühr für die Empfangsdame, die hier am Tisch gesessen is. – Also bitte.«
    Er wartete mit eiserner Miene. Perlafinger durchsuchte all seine Taschen. Mehr als vierzig Schilling wurden es nicht. Der Ober raffte sie an sich und wich nicht.
    »Unseren Star abknutschen und net amal zahlungsfähig«, sagte er lehrerhaft. »Das hab' i gern.«
    »Sie kriegen Ihren Sündenlohn schon, Sie Halsabschneider«, stotterte Perlafinger, bei dem der Zorn, das Bastardkind der Beschämung, allmählich die Oberhand gewann. »Und überhaupt – diese Ausdrück'. Für wen halten Sie mich denn eigentlich?«
    »Für einen Gent, der die Folgen seines Tuns auf sich nimmt«, äußerte der Ober streng. »Wollen S' jetzt zahlen? Wann S' net zahlen, wer'n S' außerg'setzt, und dann ham S' noch Unannehmlichkeiten, Herr . . . Hofrat.«
    »Nichts bekommen Sie! – Eine solche Unverschämtheit!«
    »Mir sind demokratisch jetzt, Herr Hofrat. Darf ich um Ihren werten Namen bitten samt Adresse? Sonst hol' i an Wachtmann und krieg' auch noch a Belobigung.«
    Seinen Namen zu nennen, wünschte Perlafinger nun ganz und gar nicht, und die Situation spitzte sich zum zweiten Male bedenklich zu. Wie eine Erlösung schien es ihm deshalb, als er plötzlich die Empfangsdame nahen sah. Sie hörte die eifernden Stimmen.
    »Was is denn?« fragte sie munter.
    »Ganz rabiat ist der Herr«, sagte der Ober mit Nachdruck. »Man muß Maßregeln ergreifen.«
    »Ergreifen S' keine«, beschwichtigte die Dame. »Es lohnt sich net. – Was fehlt denn?«
    »Die Unterhaltungsgebühr.«
    »Ich verzicht' drauf. Zehn Schilling leg' ich selbst zu; das deckt den Sekt. So, jetzt drucken S' Ihnen.«
    Zögernd schritt der Ober davon und Perlafinger starrte seinen rettenden Engel mit maßlosem Erstaunen an.
    »Aber Gnädigste,« brachte er endlich hervor, »das is ja . . . das is ja . . . geradezu fesch ist das ja von Ihnen . . .«
    »Machen S' keine Sprüch'«, sagte sie mütterlich. »Ich hab' mir gleich gedacht, Sie sind weltfremd. Wenn einer aus der guten alten Zeit hochgenommen werden soll in seiner Heimatstadt, da bin ich auf dem Plan. Gibt ja genug Amerikaner, die man rupfen kann. Aber wir wollen doch zusammenhalten, was, Herr Hofrat?«
    Diese Dame mit den Silberpailletten, mit den schön gepuderten Schultern – – – sie kam zu ihm; löste ihn aus, sagte nette Sachen, benahm sich mütterlich . . . Wenn das nur in seinen Kopf hineinginge! So träumerisch ward ihm zumut . . .
    »Unangenehm is es halt, wenn der Mensch allein ist«, murmelte sie klangvoll. »Auch ich, mein Herr, stehe allein. Wenn ich meinen Sohn nicht hätt' – aber er is ja noch jung. Beiläufig zwanzig.« Sie tupfte sich mit einem Spitzentuch vorsichtig ins Auge. »Wissen S', – man kommt auf Gedanken , wenn man allein ist. – Sie zum Beispiel vergeben sich was mit einer braunen Tänzerin . . . und dann machen S' Dummheiten. – Das war schon eine Leistung!«
    Sie lachte plötzlich silberhell.
    »Ein Naturkind will er einfach abbusseln, die von ganz Europa verwöhnt wird und dreitausend Schilling bekommt pro Abend, Überstunden net einberechnet . . .«
    Die Komik überwältigte sie. Sie lachte Tränen.
    Aber die Tränen, die Herrn Perlafinger in den Bart zu schleichen begannen, waren anderer Natur. »Mein Gott«, sagte er dumpf. »Sie haben recht.«
    »Satteln S' um, Herr Hofrat.«
    »Ach was Hofrat«, sagte er plötzlich rauh. – »Ich bin gar kein Hofrat.«
    Jetzt sagte die Empfangsdame etwas sehr Erstaunliches. Sie zwinkerte, brannte sich eine Zigarette an und sprach:
    »Aber der Herr Perlafinger sind S'. Und das langt mir.«
    Seine Augen wurden kreisrund. »Sie kennen mich?«
    »Ich hab' doch schau'n müssen,

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