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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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gurrte:
    –
»You like my dance?«
    Ihre Augen rollten purpurbraun in bläulichem Weiß; ihr Stubsnäschen mit lichtroten Nüstern schnupperte. Herrn Perlafinger war die Sprache fremd, deren sie sich bediente. Aber ein wahrhaft gebildeter Mensch wird nicht abgeschreckt.
    »Hofrat von Perlafinger . . .« stellte er sich vor. (Form ist Form.) – »Also, Fräulein Josephine . . . Respekt! – Wie Sie tanzen können! – Mein Gott! – Ganz schwindlig is mir geworden . . . Jetzt werden Sie durstig sein; wie?«
    »O you jolly old boy . . .«
sagte sie voll verträumter Güte und ließ ihre Augen unbefangen spazierengehen.
    »Ob Sie Durst haben, Fräul'n Baker?«
    »Gosh!«
meinte sie darauf.
»So hot!«
    »Da kennt sich der Teufel aus mit so einem Wildendialekt«, dachte der Hofrat. – »Red'n wir nur weiter; es wird schon gehn.« – »Hott!« sang er und schnalzte mit den Fingern. »Hü und Hott!«
    Miß Josephine lächelte gütig.
»Funny«
, sprach sie beifällig, in ihren Taubenlauten. –
    Dann zog sie die Schultern hoch. Durch dies Manöver spazierten die Brüstchen um einen Zentimeter höher; voll Andacht betrachtete Perlafinger das Phänomen. – Er war atemlos bemüht, ein bekanntes Wort zu erhaschen. Er rang nach einer Ideenverbindung . . .
    Miß Josephine rieb ihre Schulterblätter am Logenpolster wie eine Katze am Ofen. – Plötzlich warf sie hin:
    »Don't you speak English?«
    Hurrah! Englisch! Das hatte er begriffen. – »Nein. – Leider nicht Englisch. Leider nicht, Fräulein Peperl. – Wienerisch halt. – Deutsch, sozusagen –«
    »Oh. – Dutch. That's a pity.«
    Nun schien es, als habe sie gefragt: »Bitte?«, und er wiederholte seine Information mit dem gleichen negativen Resultat. – So trat denn eine Pause ein; ungemütlich für beide Teile.
    »Das beste wird sein,« dachte er, »ich geb' ihr halt ein Busserl; das is auch eine Unterhaltung und eine internationale Verständigung . . .« – worauf er die Peperl ganz plötzlich um die geschmeidige Hüfte packte, und das ging so schnell, daß sein Bart die ganze kunstvolle Freskomalerei ihres Antlitzes wie ein Besen durcheinanderwischte.
    Sein Gesicht ward mohnblumrot, während er versuchte, einen Kuß anzubringen; – es war lediglich Vaseline, was er zu schmecken bekam, und nicht Miß Baker selbst. Sie begann zu strampeln und schrie:
»Stop!!«
– Aber so leicht ließ er nicht locker. Es war ziemlich schwer festzuhalten, das Fräulein; wie eine Eidechse wand sie sich. Aber er war einmal im Schuß. Jetzt hatte er das Knie erwischt, doch sie hatte Muskeln und rutschte aus jedem Griff. »Obst net stillhaltst!« schnaufte er. – »Stillhalt'n sag' ich . . . Sei doch nicht blöd . . . Ja, Herrgott, sei doch nicht so blöd . . . Lieb's G'schmacherl bist, ein lieb's . . . mach doch keine G'schicht'n . . .«
    » Stop!! «
schrie Miß Baker und strampelte.
    – – – Hier griffen höhere Gewalten ein und trennten Herrn Perlafinger von der Diva. –
    Sie ließ einen Strom von exotischen Worten los. Mehrere Herren fanden sich ein, der Direktor, der Zahlkellner, der Servierkellner, der Aufsichtsinhaber mit dem schwarzen Bärtchen und dann noch ein italienisch aussehendes Individuum, das Englisch verstand und der Impresario der Diva war . . . Und sie alle lauschten ihr, wie sie einen Kübel voll von heimischem Dialekt überschwappen ließ und sie alle mit dem Osten von New York bekannt machte.
    Sie standen voll grimmer Trauer und blickten auf Herrn Perlafinger wie eine Korona von Oberlehrern. Ein Sektgast war er ja; aber so ein Schauspiel! – Der Ruf von Wien! – Wenn die Diva nun ihre Koffer packen tät'? – Gar nicht auszudenken wär' das . . . Hatte sie's etwa nötig, sich einfach hernehmen zu lass'n? –
    Miß Baker zupfte an sich herum; wie ein gerupfter Spatz sah sie aus. Dem Impresario, der sie begleitete, gelang es, sie zu beruhigen . . . wenigstens halbwegs. – Man starrte ihr ratlos nach, während sie ihr niedliches Gesäß resolut von hinnen trug. Und es sah so aus, als ob sie es diesmal nicht ausschließlich aus Liebe zur Kunst so deutlich schwenke . . .
     
    Nun wenden wir uns dem wahren Opfer zu, dessen Schäferstündchen von so kurzer Dauer gewesen.
    Er wurde während der ganzen Verhandlung nicht einmal angesprochen, sondern der Aufseher, der sich gleich anfangs von ihm ignoriert gefühlt, warf befehlsgewohnt das Wort hin: »Der Herr möcht' zahlen.«
    Hierauf näherte sich ein Kellnertrio

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