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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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ganz zu schweigen. Ich habe gewiß keine Lust, mein Privileg einzubüßen, nur weil mich meine Mägde vor dem Brautag im Stich lassen.«
    Ein lautes Aufschluchzen kommentierte die energische Rede. »Aber Herrin, Ihr habt doch immer noch Barbara, Valentin und den Knecht vom Saumarkt. Ich flehe Euch an, laßt mich auf dem Freihof bleiben. Im Schwarzen Kloster fühle ich mich … unwohl!«
    »Von diesem Unsinn will ich kein Wort mehr hören, Maria Lepper! Morgen trittst du deinen Dienst im Haus wieder an, oder du kannst dich gleich nach einem neuen Dienstherrn umsehen!«
    Philippa gelang es im letzten Moment zur Seite zu springen, um nicht von der Tür getroffen zu werden, die laut quietschend aufgestoßen wurde.
    Zwei Frauen traten auf den Hof. Die jüngere von beiden, ein etwa zwanzigjähriges rothaariges Mädchen mit Sommersprossen, trug die einfache Kleidung einer Dienerin: eine Leinenbluse mit sparsam verziertem Brüstlein und einen sandfarbenen Rock. Mit einem Zipfel ihrer Schürze tupfte sie sich eine Träne aus dem linken Auge. Ihre Herrin schüttelte den Kopf und erklärte eine Spur versöhnlicher: »Heute abend kannst du ohnehin nicht mehr auf den Freihof zurückkehren, Maria. Die Stadttore sind längst geschlossen. Sei vernünftig, ich brauche dich doch nur, solange die Herren des Fürstenbundes unser Haus beehren. Sobald die Ritter Wittenberg in Richtung Schmalkalden verlassen haben, kannst du zu Ave und Magdalena zurückkehren.«
    »Dann wird es zu spät sein«, klagte Maria und glättete eine Falte ihrer Schürze. »Glaubt mir doch, Herrin!«
    Philippa trat aus dem Schatten des Brauhauses, um nicht von den beiden Frauen als Lauscherin ertappt zu werden, doch die Hausherrin war so sehr in ihre Diskussion mit der jungen Dienstmagd vertieft, daß sie noch immer weder Philippas Reisewagen noch sie oder ihre Begleiter wahrgenommen hatte.
    »Verzeiht, ich wollte Euch gewiß nicht stören, aber …« Philippa stockte. Wie sollte sie sich der fremden Dame vorstellen? Konnte sie zugeben, daß ihr eigener Bruder sie aus dem Haus getrieben hatte und sie nun hoffte, daß die Wittenberger sie unterstützten?
    Noch während sie überlegte, bemerkte Philippa, wie sich ein Paar graue Augen forschend auf sie richteten. Die vornehm wirkende Frau mit den hohen Wangenknochen zeigte weder Scheu noch Angst vor der Fremden im Schatten ihres Brauhauses. Aus ihren Zügen sprach vielmehr unverhohlene Neugier. Sie mußte um die vierzig sein. Ihr langes, braunes Haar war zu einem Knoten aufgesteckt, der von einem straffen Wollnetz sittsam gehalten wurde. Mit Ausnahme ihres Eheringes trug sie keinerlei Schmuck und wirkte wie eine Frau, die sich nicht zu fein war, an der Seite ihrer Mägde mit eigenen Händen zuzupacken, wenn die Umstände es erforderten. Dennoch machte sie auf Philippa keinen abgezehrten Eindruck, denn ihre Finger waren schmal, beinahe zart. Lediglich das Gesicht mit den üppigen Lippen und den wachsamen Augen wies auf eine Frau hin, die in ihrem Leben Freude und Leid gleichermaßen kennengelernt hatte.
    »Wer seid Ihr, Jungfer, und was wünscht Ihr zu später Stunde auf unserem Hof?« fragte die Frau schließlich und stemmte resolut ihre kräftigen Arme in die Taille. Die grauen Augen glitten Philippas Gestalt hinab. Plötzlich hob die Frau grüßend ihre rechte Hand. Sie hatte den Prediger entdeckt, der soeben mit Roswitha im Schlepptau auf das Brauhaus zuhielt.
    »Magister Bernardi, seid Ihr es wirklich? Wie schön Euch gesund und munter wiederzusehen. Mein Gemahl wird sich freuen. Aber warum habt Ihr uns nicht geschrieben, daß Ihr die Absicht habt, unserem Wittenberg einen Besuch abzustatten, und wer ist diese junge Dame? Felix Bernardi, Ihr habt doch nicht …«
    »Ich muß Euch enttäuschen, Frau Katharina«, fiel ihr der Prediger ins Wort. Galant zog er sein Barett und verbeugte sich höflich. »Noch bin ich dem Beispiel meines hochverehrten Lehrmeisters nicht gefolgt!« Lachend versuchte der junge Mann sich der stürmischen Begrüßung der Frau zu erwehren, während Philippa und Roswitha sich ein wenig verlegen anschauten.
    »Frau Katharina, leider bringe ich schlechte Nachrichten aus Lippendorf.« Bernardi ergriff sanft die Hand der älteren Frau. »Euer Bruder ist tot. Er starb vor wenigen Tagen an der Pest.«
    Philippa beobachtete, wie die Miene der Frau, die allem Anschein nach ihre Tante war, einen versteinerten Ausdruck annahm. Sanft entzog sie sich der tröstenden Berührung des Predigers, faltete

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