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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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und zog das wärmende Lammfell enger um ihre Schultern. »Und nun, mein gelehrter Herr, dürft Ihr mir erzählen, wie mein Onkel und seine Anhänger über die Verehrung von Heiligen denken. Speziell über die Verehrung einer ganz bestimmten Heiligen.«
    ***
    Sie erreichten Wittenberg erst in den frühen Abendstunden des folgenden Tages.
    Philippa hatte sich während der anstrengenden Fahrt über das trostlose, flache Land redlich bemüht, ihren Weggefährten von der Wichtigkeit ihres Vorhabens zu überzeugen, doch je näher sie der Stadt gekommen waren, desto übellauniger war Bernardi geworden. Zum Schluß hatte sie es aufgegeben, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Vielleicht hält er mich für eine verkappte Papistin, die nur darauf lauert, seinem Herrn und Meister den Scheiterhaufen zu entzünden, dachte sie amüsiert. Der Prediger hatte nur wenige Monate in Lippendorf gewohnt, demnach konnte er die Fehde der Häuser von Bora und Medewitz einzig aus den Erzählungen der Dorfbewohner kennen. Ein paarmal war er Philippa und Roswitha auf der Dorfstraße oder bei der Kapelle über den Weg gelaufen, doch bei diesen zufälligen Begegnungen hatte er lediglich kurz gegrüßt und dann das Weite gesucht.
    Den Rest der Wegstrecke hüllte sich Philippa in Schweigen und ließ die Silhouette der näherkommenden Stadt auf sich wirken, die sich am Horizont mit ihren Türmen und Zinnen wie ein Märchenschloß im Abendlicht vor ihr auftat.
    Im Westen Wittenbergs erkannte sie das Schloß des sächsischen Kurfürsten, ein breites Gebäude, das ein wenig düster wirkte und sich an eine Kirche mit einem gewaltigen Rundturm schmiegte. Dicke, weiß gekalkte Befestigungsanlagen kündeten von Macht und Unantastbarkeit. Am Fuße der Mauer wies das Geräusch monotonen Plätscherns auf einen von einem Bach oder der Elbe selbst gespeisten Wassergraben hin.
    Bernardi schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Das hatte ich mir eigentlich denken können. Die Wachsoldaten am Schloßtor sind stets die ersten, für die es finster wird. Haben ja auch ein hartes Los, eine Residenz zu bewachen, die nicht öfter als dreimal im Jahr genutzt wird. Hier finden wir keinen Einlaß mehr. Alles verrammelt. Es ist zum …«
    »Und wenn wir die Türmer herunterrufen?« Philippa deutete auf einen der runden Wachttürme, von dessen hölzerner Brustwehr ein Mann einen Eimer mit Unrat ausleerte. Das erwartete Aufklatschen im Wassergraben blieb aus. Statt dessen brüllte irgend jemand wütend auf. Vom Wehrgang des Turms erscholl schadenfrohes Gelächter.
    »Ich rate Euch, es bleiben zu lassen, Jungfer von Bora!« erwiderte Bernardi. »Wittenberg ist eine friedliche Stadt, aber für die Hakenbüchse eines betrunkenen Torwächters lege ich meine Hand nicht ins Feuer.«
    Im hinteren Wagenteil machte sich Roswitha durch ein lautes Schnauben bemerkbar. Sie mußte sich während der Fahrt erkältet haben. Besorgt drehte sich Philippa nach ihrer Amme um. »Wie geht es deinem Kopf?«
    »Wie soll's ihm schon gehen?« krächzte die alte Frau schlecht gelaunt. »Er schmerzt und würde lieber auf einem Zölsdorfer Dinkelkissen liegen als auf dieser harten Pritsche.« Offensichtlich nahm die Amme es Philippa noch immer übel, daß ihr Ziehkind sie nicht früher in ihre Pläne eingeweiht hatte.
    »Wie konntet Ihr die Hilfsbereitschaft des Herrn Magister für Eure finsteren Pläne mißbrauchen, Philippa?« fuhr sie dann zeternd fort. »Wenn Euer Bruder von Gut Zölsdorf die Nachricht erhält, daß wir niemals dort eingetroffen sind, wird er sich beim Dechanten beschweren. Vielleicht läßt er uns sogar suchen!«
    Bernardi hielt die Zügel stramm. Er sagte kein Wort, doch ein Lächeln huschte über sein mageres Gesicht und ließ seine schwarzen Augen für einen Moment heiter aufleuchten. Ihm gefällt unser kleiner Streit, dachte Philippa, und ihm gefällt auch, daß wir nach Wittenberg gefahren sind, auch wenn er es nicht zugeben mag.
    Wenig später hatten sie den Wachtturm weiträumig umfahren. Das südlich gelegene Elbtor war tatsächlich noch nicht verschlossen. Die Umgebung allerdings wirkte düster und alles andere als einladend. Mauer und Pforte wiesen zahlreiche schadhafte Stellen auf. Aus großen, in den bröckeligen Stein gestemmten Breschen wucherten Grasbüschel, durch die der kalte Abendwind pfiff.
    Das Holz des Tores bestand aus nachlässig verarbeiteten Balken, deren Bolzen nur noch locker in den rostigen Scharnieren steckten. Irgendwann mußte das Tor eine Farbe gehabt

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