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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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der reglos auf dem Rücken lag. Ein dunkler Fleck zeichnete sich auf dem braunen Hemd ab, und sein Blut tränkte bereits die weiße Hose, die sich gespenstisch im Dämmerlicht vom Rest der Umgebung abhob.

    Sie ergriff seine Hand und presste sie sich gegen die Brust. Sein Brustkasten hob und senkte sich unter großer Anstrengung, und plötzlich flackerten seine Augenlider, und er sah sie an.
    » Sorellina .«
    »Lass mich nicht allein! Ich bringe dich nach Hause, Armido.« Sie strich ihm über die Stirn und hörte es in seinen Lungen rasseln.
    »Ich bin zu Hause. Gott vergebe mir …« Sein Blick wurde starr, und sein Kopf sackte zur Seite. Mit einem letzten Seufzer entwich die Luft aus seinen Lungen.
    »Nein, geh nicht, Armido.« Schluchzend hielt sie seine Hand umklammert und legte ihm den Kopf auf die Brust. »Nein …«, weinte sie und küsste seine Wangen. Als er sich nicht rührte, schüttelte sie seine Schultern. »Armido! Komm zurück! Ich brauche dich doch!«
    »Lasst ihn gehen. Er hat seinen Frieden«, sagte Gérard leise.
    Luisa weinte und schloss ihrem Bruder die Augen. »Warum nur? Bin ich denn ganz umsonst zum König geritten?«
    Gérard zog sie sanft von ihrem Bruder fort. »Nein, alles hat einen Sinn. Ihr braucht Euch nicht vorwerfen, Eurem Bruder nicht jede Hilfe gegeben zu haben, derer Ihr fähig wart. Armido hat gewusst, was er tat. Vielleicht ist es so besser.«
    »Aber er hatte seine Arbeit. Er hätte mit mir zurück nach Fontainebleau kommen können!«, sagte Luisa und betrachtete das Gesicht ihres Bruders, in dem die Leiden tiefe Spuren hinterlassen hatten.
    »Hätte er das wirklich? Habt Ihr darüber nachgedacht, was passiert wäre, wenn der Hof zurückkommt und mit ihm Mallêt und der Inquisitor?« Gérard bückte sich und durchsuchte einen der toten Meuchelmörder.

    »Der König hat ihn begnadigt, aber vielleicht hast du recht. In Embrun werden sie Beweise gesammelt haben, dass er zum Ketzer geworden war.« Mit gemischten Gefühlen erinnerte Luisa sich nun an die Begegnung mit dem König und Katharina de Medici in Villeneuve. Sie hatte sich für ihren Bruder verbürgt und praktisch versichert, dass er ein gläubiger Katholik sei.
    Gérard hatte auch den anderen Toten durchsucht. »Nichts. Kein Hinweis, wer sie geschickt hat, aber ich fresse meine Kappe, wenn die nicht vom Erzbischof gekommen sind. So einer lässt sich nicht einfach einen Delinquenten vom Scheiterhaufen wegstehlen.«
    »Was machen wir jetzt?« Sie wischte sich über das tränennasse Gesicht. Gérard, dessen Wange aufgeplatzt und dessen Hose auf dem Oberschenkel zerrissen und blutig war, hob die Waffen der Angreifer vom Boden auf und wickelte sie in eine Decke. »Noch haben wir etwas Licht. Wir können Armido nach Chorges bringen. Neben dem Hospital der heiligen Cäcilie gibt es eine kleine Kirche. Gap ist zu weit und die Abbaye de Boscodon auch.«
    »Und die hier?« Sie stieß mit ihrem Fuß gegen den von Gérard getöteten Mörder.
    »Die lassen wir hier liegen. Wird schon jemand kommen und sich die Kleider und die Pferde holen. Wir legen Armido auf den Zelter«, drängte Gérard mit Blick auf die untergehende Sonne.
    Mit zusammengepressten Lippen half Luisa, den Körper ihres Bruders auf den Pferderücken zu hieven. Als sie Armidos Lippen ein letztes Mal küsste, waren sie bereits kalt. Gérard legte einen Umhang über Armido und band ihn fest. Luisa suchte nach ihrem Pferd, das in der Nähe graste, und saß auf.
    »Werden wir nicht viele Fragen zu beantworten haben,
wenn wir in die Stadt kommen?«, fragte Luisa und duckte sich unter den tief hängenden Zweigen einer Weißtanne.
    »Lasst mich machen.« Er griff nach den Zügeln des Zelters mit seiner traurigen Last und ritt vorweg. Die Waffen der Meuchelmörder befestigte er hinter Armido.
    Sie hatten Mühe, sich im zunehmenden Dunkel auf dem Weg zu halten, und Luisa war froh, als sie die Lichter der Stadt am Fluss entdeckte. Über dem Stadttor von Chorges hing eine Laterne, und in einem Ring steckte eine Fackel. Das Licht reichte gerade aus, um seinen Schein auf das Wächtertor zu werfen, aus dem lautes Schnarchen tönte.
    Gérard stieg ab, gab Luisa die Zügel und klopfte an die offene Tür. »Heda! Hier sind Reisende, denen übel mitgespielt wurde!«
    In dem engen Verschlag hustete jemand, spuckte aus, irgendetwas wurde umgestoßen. Dann erschien ein verschlafener Mann mit Schnauz- und Spitzbart. Sein Leib ragte über den Hosenbund, und unappetitliche Ausdünstungen

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