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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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begleiteten das Erscheinen des Torwächters von Chorges, dessen halb herabhängender Hosenlatz mehr enthüllte als verbarg. »Wer wagt es, nach Sonnenuntergang die Stadtruhe zu stören?«, raunzte der Mann und rülpste.
    Dann sah er das Packpferd mit Armidos Leiche, stülpte sich seinen Morion über das spärliche Haupthaar und stiefelte näher. »Ein Toter? Hatte er die Blattern? Dann könnt ihr gleich wieder umkehren. In Gap sind die Blattern ausgebrochen.«
    »Gut zu wissen. Wir sind Buchdrucker auf dem Weg von Colmar nach Lyon. Im Wald oberhalb des Flusses sind wir überfallen worden, und meinen Freund hat es erwischt. Wie du sehen kannst, bin ich verwundet, und mein junger Freund hier muss den Verlust seines Bruders betrauern.«
    Die Miene des Wächters wurde zusehends düsterer, denn er sah Arbeit auf sich zukommen. Nachdenklich schob er
den Helm in den Nacken. »Ihr könnt nicht bleiben. Vielleicht hat doch einer von euch die Blattern.«
    Gérard nahm eine Münze aus seinem Geldbeutel und drückte sie dem Wächter in die fettige Hand. »Ich kann verstehen, dass wir ungelegen kommen, aber wir wollen nur zum Hospital der heiligen Cäcilie und zum Priester. Morgen früh reisen wir weiter. Und wir würden uns dann erneut für deine Mühe erkenntlich zeigen.«
    Der Wächter steckte die Münze ein und ging auf den Zelter zu. Luisa wollte sich ihm in den Weg stellen, als er den Umhang hob, der Armido bedeckte, doch Gérard machte ein beruhigendes Zeichen, und sie trat zur Seite.
    »Ihr habt euch gewehrt?«, fragte der Wächter argwöhnisch und entdeckte die eingewickelten Degen und Dolche der Angreifer.
    »Natürlich, und zwei haben wir erwischt. Sie liegen oben im Wald. Die Waffen habe ich als Beweismaterial gesichert«, sagte Gérard und sah gelassen zu, wie der Wächter sie an sich nahm.
    »Das muss ich konfiszieren.« Er warf die Waffen in seinen Verschlag.
    »Da oben müssen auch noch ihre Pferde sein«, legte Gérard den nächsten Köder aus.
    Eine ungeahnte Energie schien den Wachmann zu durchströmen. Er sah sich um. »Wart ihr die Einzigen da oben und jetzt auf dem Weg?«
    Gérard und Luisa nickten.
    »Zum Hospital folgt der rechten Gasse bis zum Schmied. Da seht ihr den Kirchturm, und gleich daneben ist es.«
    Sie nahmen die Pferde am Zügel und gingen langsam durch das dunkle Tor. Dahinter eröffnete sich ihnen ein finsteres Labyrinth schwer einsehbarer Gassen mit geduckten Häusern einfachster Bauart. Chorges war arm, und seine
Bewohner hatten sich bereits in ihre kargen Behausungen zurückgezogen. Nur Ratten und eine magere Katze huschten durch die enge Gasse, an deren Ende sie das Feuer in der Esse der Schmiede brennen sahen.
    Luisa führte ihr Pferd hinter Gérard und dem Zelter, auf dem sie Armidos Körper immer dann erkennen konnte, wenn Licht aus den Fenstern oder von einer Laterne in die Gasse fiel. Sie weinte still und wischte sich zwischendurch das Gesicht mit dem Ärmel ihres Hemdes ab. Die Hufe ihrer Tiere klapperten laut auf dem unebenen Pflaster, und der Schmied, der mit seinem Gehilfen noch zu später Stunde an der Esse stand, trat aus der Werkstatt heraus.
    »Braucht ihr neue Beschläge für eure Tiere?«, fragte er und warf einen neugierigen Blick auf Gérards Verletzungen und dann auf den Zelter.
    »Nein. Das Hospital ist dort oben?«, fragte Gé rard.
    »Neben der Kirche. Nicht zu verfehlen. Seid ihr überfallen worden? Böse Zeiten. Die Steuern fressen die Leute auf und treiben selbst gute Männer als Gesetzlose in die Wälder.« Sein rotes Gesicht schien ohne Arg, doch Gérard gab keine Erklärungen.
    »Danke.« Sie gingen weiter, bis sie den Kirchplatz erreichten.
    Vor der Tür eines einstöckigen Gebäudes brannte eine Laterne. Ein eiserner Türklopfer und ein Kreuz waren alles, was auf den Eingang des Cäcilienhospitals hindeutete. Gérard betätigte den Klopfer. Nach einiger Zeit wurde auf Augenhöhe eine kleine Luke geöffnet.
    »Was wollt ihr?« Die männliche Stimme klang ungeduldig und abweisend.
    »Wir brauchen eure Hilfe«, sagte Gérard.
    »Da seid ihr nicht die Einzigen. Wir sind voll belegt. Sucht euch ein Gasthaus. Der Herr sei mit euch!« Die Luke flog zu.

    »Wartet! Wir wollen eure Hilfe nicht umsonst!«, rief Gérard. Diesmal dauerte es nur einen Moment, und dann schwang die massive, mit Eisen beschlagene Tür auf. Ein gebeugter Mönch in schwarzer Kutte erwartete sie.
    »Bruder Blasius, was ist das für ein Lärm?« Eine Ordensschwester, deren verschmierte Schürze

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