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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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nur ein orientalischer Würdenträger mit einer Hand an seinem Krummsäbel an eine Pinie gelehnt und beobachtete das bunte Treiben mit gerunzelter Stirn.
    »Kein gutes Zeichen. Die anderen sind wahrscheinlich wütend abgereist. Der Sultan wird toben, wenn er hiervon erfährt.« Der Marquis drehte seinen Kelch zwischen den Fingern.
    »Und Mailand? Es geht dem König immer um Mailand!«, meinte Bardi. »Franz ist doch besessen von Mailand. Deshalb die Kriege!«
    »Mailand. Ja.« Nachdenklich strich sich der Marquis mit dem Ringfinger einen Tropfen von der Unterlippe. »Da durch den tragischen Tod seines zweifellos begabteren Bruders Henri zum Thronfolger aufgestiegen ist, kommt nur noch Charles für eine Investitur des Herzogtums Mailand in Frage. Es geht das Gerücht, Charles, seit kurzem nun Herzog von Orléans, könne die verwitwete Christine von Dänemark ehelichen.«
    Der dritte Sohn Seiner Majestät war vom Wesen seinem verstorbenen Bruder ähnlich, und es war ein bedauernswerter Schicksalsschlag, dass nicht er, sondern Henri dem Thron näher stand. »Christine von Dänemark, Nichte des Kaisers und Witwe des letzten legitimen Herzogs von Mailand, würde im Fall einer Ehe mit dem Herzog von Orléans Mailand als Mitgift einbringen. Ich habe bereits ähnliche Andeutungen aus dem Lager Montmorencys gehört«, sagte Giustiniani.
    Der junge Bankier zwinkerte einer braunhaarigen Schönheit aus dem Gefolge des Kaisers zu. »Meine Herren, ich denke, ich werde die diplomatischen Beziehungen auf persönlicher Ebene vertiefen, und möchte mich verabschieden.«
    Lucien de Saint-Flour und Botschafter Giustiniani bemerkten das Objekt von Bardis Aufmerksamkeit, und der
Marquis lachte verständnisvoll. »Aber nehmt Euch in Acht. Die junge Dame ist bereits versprochen, und ich habe gehört, dass ihr Zukünftiger ein spanischer Grande ist, deren Degen steckt bekanntlich locker …«
     
    Später an diesem Abend, König und Kaiser hatten sich bereits zurückgezogen, schlenderte Giustiniani allein an der Festungsmauer entlang auf den Hafen zu. Er liebte das Meer und spürte täglich sein Heimweh wachsen. Hieß es nicht, dass man sich im Alter nach der Heimat sehnt? Nun, er stand in seinem sechsten Jahrzehnt und hatte sich einen ruhigen Lebensabend in der Serenissima verdient. Gemächlich spazierte er unter Palmen die Kaimauer hinunter. Im Licht der Fackeln und Lampen wiegten sich die Schiffsrümpfe sanft auf der See. Hier und dort ertönte ein nautisches Kommando oder Geräusche, die auf ein Schäferstündchen schließen ließen.
    Er erinnerte sich, dass am Ende der Hafenanlage, die langsam zu versanden drohte, die Ufer sanft ins Meer abfielen und einen schmalen Streifen Sand hinter blühenden Büschen und Palmen freigaben. Dorthin wollte er gehen, um in dieser schwülen Julinacht dem Plätschern des Meeres zu lauschen. An den Wegesrändern standen fast kniehohe Lavendelbüsche, deren Duft die lästigen Mückenschwärme zumindest ein wenig fernhielt. Aigues-Mortes, die »Stadt der toten Wasser«, eine Bezeichnung, die als Einladung für die Plagegeister gelten mochte, war von Sümpfen und flachen Teichen umgeben. Giustiniani kannte die Gefahr, die von dem in ihnen wohnenden Ungeziefer ausging, aus seiner Heimat. Es gab mehr Arten von Sumpffieber, als er aufzählen konnte. Und in jedem Jahr starben Tausende Menschen am Fieber.
    Er öffnete die Bänder seines Hemdes und genoss die frische
Meeresbrise auf der Haut. Sümpfe gab es auch um Paris reichlich. In Verbindung mit Kälte und Feuchtigkeit produzierten sie ein ungesundes Klima, und obwohl er das ewige Reisen satt hatte, war er dem König dankbar für dessen Reiselust, verhinderte sie doch, dass sie allzu lange in der stinkenden Stadt an der Seine verbleiben mussten. Der Botschafter hustete. Dieser Husten würde ihn irgendwann ins Grab bringen.
    Die Positionslichter der Fregatten lagen nun hinter ihm, und dort unten schimmerte verheißungsvoll das Meer. Er verließ den Pfad und trat auf Steine, die spitz in seine dünnen Sohlen stachen.
    »Und wenn ich Euch sage, dass Ihr Euch durchsetzen müsst! Hört auf mich, ich kenne mich aus bei Hofe!«
    »Ich bin kein grünschnäbliger Ministrant mehr. Der Kardinal vertraut mir immer öfter wichtige Aufgaben an.«
    Giustiniani verharrte auf dem Abhang und ging langsam in die Hocke, was ihn einige Mühe kostete, denn seine Kniegelenke protestierten vernehmlich. Die ältere Stimme kannte er gut, sie gehörte dem Comte de Mallêt, einem

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