Die Malerin von Fontainebleau
mit ihm in Zusammenhang gebracht werden. Lasst etwas Zeit vergehen. Und wem nützt es, von Armidos Tod zu wissen? Jules und die anderen in den Bergen haben genug Kummer.«
Ihr Kopf juckte, und sie kratzte sich.
»In der Nähe von Corps gibt es Seen, in denen wir uns reinigen können«, sagte Gérard mitfühlend.
Aber zuerst mussten sie Chorges unbehelligt verlassen.
XXXVI
Aigues-Mortes
Juli 1538
D er gealterte Botschafter Venedigs, der sich nach nichts mehr sehnte, als endlich die Heimreise antreten zu können, um an den noch verbleibenden Tagen seines Lebens den salzig-modrigen Geruch der Lagune atmen zu können, betrachtete den erneuten Halt des königlichen Trosses mit gemischten Gefühlen. Eine weitere ereignislose Verhandlung war das Letzte, wonach ihm der Sinn stand, auch wenn dieses Mal die Vorzeichen günstiger schienen, denn Karl und Franz wollten sich in Aigues-Mortes von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten.
Signor Giustiniani ließ seinem Pferd die Zügel, es folgte automatisch den anderen, die bereits auf die düstere Festungsanlage der kleinen Hafenstadt zusteuerten. Schon aus der Entfernung waren die Masten von mindestens vierzig Galeeren zu sehen. Die Regenten hatten es vorgezogen, auf ihren Galeeren anzureisen, während der Großteil des königlichen Trosses über Land zog. Da es mit Sicherheit seine letzte Reise innerhalb Frankreichs war, hatte Giustiniani sich einer Gruppe italienischer Kaufleute und Bankiers angeschlossen. Vor allem die Bankiers waren besser informiert als andere, immerhin ging es um ihr Kapital, mit dem der König seine Unternehmungen großzügig finanzierte.
»Auf der vorderen Galeere dürften Baron Saint-Blancard und Montmorency sein. Sollten die nicht den König ankündigen?
«, fragte Onorato Bardi, Spross der mächtigen Familie aus Florenz, die über eine riesige Handels- und Bankenkompagnie herrschte und lukrative Transaktionen in Flandern, England und Frankreich tätigte.
»Die königliche Fregatte läuft gerade ein, wenn ich die Flaggen richtig deute«, erklärte Giustiniani. »Nun, lassen wir uns die Einzelheiten des Spektakels beim Essen vorlegen. Ich bin neugierig, welche Quartiere uns erwarten.«
Bardi war ein hübscher Florentiner im heiratsfähigen Alter, den die französischen Hofdamen umschwärmten wie die Bienen den Honig. »Bei der Hitze ist mir ein Zelt recht, und die Nacht wird ohnehin kurz werden …« Er grinste und sah zu einer Gruppe kichernder Damen, die in einem offenen Wagen saßen und sich Luft zufächelten.
An diesem Abend wurde auf der Galeere des Kaisers gespeist, und nur ausgewählte Höflinge waren geladen. Bereits am Abend darauf richtete Franz das Diner aus und ließ seinen Todfeind angesichts dieser Prachtentfaltung vor Neid erblassen. Nicht nur die Galeeren waren geschmückt, auch an Land verwandelten Girlanden und Lampions, unzählige Kerzen und Blumengestecke die königliche Zeltstadt auf den Wiesen vor der Festung in eine Märchenwelt. König Franz und sein kaiserlicher Gast speisten an einer Tafel, deren mit Duftwasser beträufelte Tischwäsche mehr kostete, als eine Pächterfamilie in einem Jahr verdiente. Giustiniani nahm Spuren von Anstrengung und Krankheit im Gesicht des Königs wahr und hoffte, dass Franz nicht von einem neuerlichen Anfall seiner schlimmer werdenden Krankheit niedergeworfen wurde. Königliche und kaiserliche Leibwachen waren mit polierten Brustharnischen und stolz aufgestellten Hellebarden überall präsent. An diesem Abend feierten die beiden mächtigsten regierenden Häupter des christlichen Abendlands ihre Versöhnung.
Gaukler und Musikanten sorgten für Unterhaltung, doch Glanzlicht waren die hochgestellten Persönlichkeiten, die in dieser Konstellation nur äußerst selten aufeinandertrafen. Es war rührend, die Freude auf dem Gesicht von Königin Eleonore zu sehen, als ihr Bruder und ihr Gatte sich demonstrativ umarmten.
Giustiniani, der neben Bardi stand, bemerkte leise: »Das hätten Montmorency und der Kardinal nicht besser inszenieren können. Schaut Euch den Kaiser an, ganz der großherzige Bruder, der um Verzeihung bittet.«
Tatsächlich umarmte Karl, der mit seinem abnorm vorstehenden Kinn und dem untrainierten Körper neben dem ebenmäßig gewachsenen Franz noch hässlicher wirkte, auch dessen Sohn Henri. Der Dauphin ließ es geschehen, ohne das Gesicht zu verziehen. Immerhin hatte er seine in düsterer Gefangenschaft verbrachte Kindheit Karl V. zu verdanken.
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