Die Malerin von Fontainebleau
schloss die Augen.
»Rosso wird Euch schreiben«, sagte Remin. »Jetzt müsst Ihr erst einmal vollständig genesen. Lebt Euch zu Hause ein. Eure Familie wird sich freuen, Euch zu sehen. Und dann, Ihr werdet sehen, dann wird sich alles zum Guten wenden!«
Mit großen traurigen Augen sah sie Michel Remin an. »Wird es das?«
»Aber ja doch! Seid voller Zuversicht! Denkt nur, was Ihr überstanden habt! Oh, beinahe hätte ich etwas Wichtiges vergessen.« Er nestelte in der Innenseite seines Wamses, zog einen goldenen Ring aus einer versteckten Tasche und reichte ihn der überraschten Luisa.
Das Schmuckstück hatte die Form eines Siegelrings, allerdings war das Siegel nicht in Gold graviert, sondern in einen sandfarbenen Edelstein, der flach geschliffen und in Gold gefasst war. Ein Pferd und sechs Kugeln, von denen eine die französische Lilie trug.
»Das Medici-Wappen?«, fragte Luisa.
»Das Pferd ist eine Spielerei, die Katharina sich ausgedacht hat. Sie sendet Euch den Ring mit ihrer aufrichtigen Anteilnahme für den Verlust Eures Bruders und den besten Wünschen für Eure Genesung. Und sie sagt, dass Ihr auf ihre Hilfe bauen könnt, solltet Ihr noch einmal nach Frankreich kommen.«
»Warum, ich meine, woher weiß sie …?«
»Nun, sie war mit dem König in Fontainebleau und hat sich bei Meister Rosso nach Euch und Eurem Bruder erkundigt. Offensichtlich hält Rosso sie für vertrauenswürdig und hat ihr die Wahrheit über Euch gesagt.« Remin sah Luisa bewundernd an. »Ihr müsst großen Eindruck auf sie gemacht haben.«
»Villeneuve. Armidos Begnadigung hatte ich nur ihr zu verdanken.« Was für eine starke großherzige Frau, dachte Luisa und bedauerte, dass die zukünftige Königin Frankreichs mit einem Mann geschlagen war, der ihr weder charakterlich noch intellektuell gewachsen war.
»Natürlich weiß auch Madame d’Étampes, dass Ihr hier seid, und sendet ebenfalls Genesungswünsche. Außerdem könnt Ihr Euch an Kleidern nehmen, was Ihr möchtet.« Michel Remin erhob sich. »Ich werde mich nun von Euch verabschieden, denn ich werde noch in Montereau erwartet.«
Luisa erhob sich ebenfalls. »Ich habe noch so viele Fragen, und es erscheint mir so unwirklich, dass ich hier bin …« Hilflos brach sie ab. »Ich kann doch nicht einfach gehen!«
»Ihr müsst. Hier seid Ihr nicht sicher. Und es würde Meister Rosso das Herz brechen, wenn Euch etwas zustieße.«
Sie senkte den Blick.
»Ihr glaubt mir nicht. Bedenkt alles in Ruhe, Luisa. Auf der Reise habt Ihr genügend Zeit, und dann werdet Ihr verstehen.«
Mit tränenerstickter Stimme flüsterte sie: »Danke, Michel«, und umarmte den Arzt, der sie auf die Wangen küsste. »Sagt ihm, nein … Er wird mir schreiben, nicht wahr?«
Remin, der sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, nickte. »Ja, das wird er. Übrigens gefällt mir Luisa besser als Luca. Ich fand Luca immer etwas zu weibisch …«
Luisa lachte unter Tränen und stand noch lange, nachdem er den Hof verlassen hatte, am Fenster und blickte in den regennassen Garten hinaus. In ihrer Hand hielt sie den Ring von Katharina de Medici und wusste, dass sie wiederkommen würde. Vielleicht nicht morgen, aber irgendwann.
Fontainebleau
Oktober 1547
Les Nynfes ia en mile ieus s’esbatent
Au cler de Lune, & dansans l’herbe abatent:
Veus tu Zephir de ton heur me donner,
Et que par toy toute me renouelle?
Fay mon Soleil deuers moy retourner,
Et tu verras s’il ne me rend plus belle .
Die Nymphen schon bei tausend Spielen weilen;
Im Mondschein tanzen sie die Gräser nieder.
Zephir, willst du mit mir dein Glück nicht teilen,
Dass ich mich ganz erneuere durch dich?
So sende mir doch meine Sonne wieder,
Und du wirst sehen, sie verschönert mich.
Sonett von Louise Labé
M eister Primaticcio, ich bitte Euch im Namen von Rosso Fiorentino, für den ich dieses Fresko malen durfte, lasst mich mit Ihrer Majestät, der Königin von Frankreich, sprechen. Sie wird mich empfangen!« Eindringlich sah sie Primaticcio an, der sich den Bart kratzte und aus seiner Verärgerung keinen Hehl machte. Er war immer noch der launische, rechthaberische Mann, der niemanden neben sich duldete.
»Sie ist eine Fremde und hat nichts zu verlangen. Ich werde
sie den Wachen übergeben, und dann kann sich ein Gericht mit ihr beschäftigen«, insistierte Mallêt.
»Wer ist diese Person überhaupt?«, mischte sich Diane de Poitiers ein.
»Luisa Paserini«, sagte Luisa mit fester
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