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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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aus dem Lucie einst geraubt worden war.
    Lucie saß neben Adrian, der den Wagen fuhr und nach ihrer Hand griff, um sie kräftig zu drücken.
    »Bitte halt kurz an. Ich bin so aufregt«, bat Lucie ihn.
    Adrian steuerte den Wagen auf den Seitenstreifen und hielt. »Was für ein Blick!«, schwärmte er und deutete auf die Bucht.
    »Was für ein Tag!«, bemerkte Eva vom Rücksitz, während sie aus dem Wagen kletterte, um sich die Füße zu vertreten. Lucie und Adrian folgten ihr. So standen sie eine Weile stumm nebeneinander und ließen ihre Blicke über jene Bucht schweifen, in der einst Kapitän James Cook geankert hatte.
    »Warum heißt die Bucht eigentlich Poverty Bay?«, fragte Eva in das Schweigen hinein.
    »Als Kapitän Cook an Land ging, begrüßten ihn unsere Leute mit einem Haka, dem Kriegstanz. Das interpretierten Cooks Leute falsch und töteten sechs Maori. Daraufhin konnten sie nur noch schnellstens auf die ›Endeavour‹ zurück, die Segel setzen und in dieser Bucht keinen Proviant an Bord nehmen. Deshalb nannte James Cook sie die ›Bucht der Armseligkeit‹«, erklärte Lucie, während sie weiter über das Wasser starrte. »Meint ihr denn wirklich, dass er noch lebt?«, fragte sie, während sie sich Eva und Adrian zuwandte. »Er muss Mitte achtzig sein. Er ist älter als ich!«
    Adrian zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es.« Und das tat er wirklich, denn der Vorschlag, Hehu aufzusuchen, stammte von ihm. Es war seine erste Reaktion gewesen, nachdem er die Geschichte seiner Großmutter gelesen hatte.
    Lucie hatte sich zunächst dagegen gesträubt, aber dann war sie Feuer und Flamme gewesen. Inzwischen hatte auch Daniel Lucies Erinnerungen zu Gesicht bekommen. Ihn schien die Tatsache, dass Adrian sein Halbbruder war, über die große Enttäuschung mit Eva hinwegzutrösten.
    Nur Berenice war immer noch nicht in den Genuss der Lektüre gekommen. Ihr das Manuskript zu übergeben, stand ihnen auf dem Rückweg bevor. Kein leichtes Unterfangen, wie sie bereits ahnten. Berenice war ja schon nicht besonders erfreut gewesen, dass die Familie für heute Abend ihren Besuch in Napier angekündigt hatte. Was sie wohl erst sagen würde, wenn sie erfuhr, dass ihr Bruder am Leben war, ihm das Haus gehörte und er es verkaufen würde, um in Wellington für uns eine neue Bleibe zu finanzieren?, ging es Eva durch den Kopf.
    Die einzigen Personen, die von Adrians Überleben wussten, hatten Schweigen gelobt. Margret MacAlister und ihre Mutter im Gegenzug dafür, dass Eva, Adrian und Lucie niemals auch nur mit einem Wort erwähnen würden, was sie für ein teuflisches Spiel mit dem Mann ohne Gedächtnis getrieben hatten. Und Daniel, der sich ausgebeten hatte, in allen Einzelheiten über Berenices dummes Gesicht, wenn plötzlich der Erbe des Hauses vor ihr stand, informiert zu werden. Er hatte sich inzwischen in eine junge Architektin bei Geoffrey verliebt. In eine Kollegin von Eva, die weiter für das Büro arbeitete, während Adrian an der Akademie Architektur studierte. Und wenn er fertig war, dann, so beschwor Daniel ihn immer, würde es endlich die Firma Clarke & Thomas geben, wobei er neuerdings verlangte, dass seine neue Flamme die Vierte im Bunde sein sollte.
    Als sie schließlich am Fuß des Titirangi angekommen waren, sprang Lucie wie von Sinnen aus dem Wagen.
    »Es ist ja nichts mehr wiederzuerkennen!«, schrie sie aufgeregt, bevor sie wild mit der Hand herumfuchtelte. »Aber seht, dort. Da steht das alte Versammlungshaus. Links daneben muss der Pfad beginnen.«
    Eva und Adrian stiegen aus und blieben andächtig vor ein paar prächtigen Eisenholzbäumen stehen. Sie blühten zwar noch nicht, aber man konnte sich lebhaft vorstellen, was für eine zauberhafte Blütenpracht sie wohl zwischen Mitte Dezember bis Ende Januar entfalteten.
    »Powutokawa!«, murmelte Lucie und mahnte ungeduldig zur Eile. Nun konnte sie es kaum mehr erwarten.
    Sie waren erst ein paar wenige Schritte gegangen, als ihnen eine alte Maori mit faltigem Gesicht entgegenkam, gegen die Lucie geradezu jugendlich wirkte. Lucie blieb wie angewurzelt stehen. Die Alte kam ihr entfernt bekannt vor. War sie nicht aus ihrem Dorf? Soweit sie sich erinnern konnte, gehörte sie schon damals zu den verheirateten Frauen. Die Maori musterte Lucie von Kopf bis Fuß, dann kam sie näher, bis ihre Nase Lucies berührte und sie ihre an dieser rieb. Nachdem sie den Nasenkuss beendet hatte, redete sie wild gestikulierend und mit beschwörenden

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