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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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plötzliche Schüchternheit bemächtigte sich seiner.
    »Grüß Gott!« Pause. Fleischmann durchforstete krampfhaft seine innersten Gehirnwindungen auf der Suche nach einem flotten Spruch. Doch all sein Charme und alle Beredsamkeit, an Generationen von älteren Damen erfolgreich erprobt, waren wieder einmal von einer Sekunde auf die andere verflogen.
    »Ähem, ja, ich habe gestern kurz mit Herrn Kleinert telefoniert und mich für heute angemeldet … « Am liebsten hätte er sich selber gegen das Schienbein getreten. Nie, aber auch nie fiel ihm was ein, wenn’s
drauf ankam! Jedes Mal passiert mir das, haderte er mit sich selbst. Kaum gefällt mir mal eine, setzt mein Hirn aus.
    Prinz Eisenherz musterte den Besucher freundlich von oben bis unten. Bei dem klingelten mittlerweile alle Glöckchen. Du meine Güte, bimmelte es, so eine Prachtfrau. Von so was hab ich immer geträumt, Typ Brünhilde in Liebenswert. Mein Gott, was sag ich nur, was sag ich nur? In seiner Verzweiflung blieb Fleischmann nur ein hilfloses Lächeln.
    »Ach ja, Sie sind der Herr aus Abenberg, ich weiß schon!« Geli Hufnagel erinnerte sich. »Na, dann kommen Sie mal mit; der Herr Kleinert ist in seinem Büro.«
    Die Archivarsgehilfin drehte sich um und ging vor Fleischmann her, der nicht umhin konnte, ihr quadratisch-voluminöses Hinterteil zu bemerken, das den knielangen Leinenrock zum Schwingen brachte. O Mann, ein echtes Klasseweib! Fleischmann war drauf und dran zu vergessen, wozu er überhaupt hergekommen war.
    »Legen Sie doch ab«, meinte das Klasseweib freundlich und deutete mit dem Gießkännchen auf die Garderobenhaken vor der Bürotür. Fleischmann entledigte sich umständlich seines Mantels, lehnte den Schirm gegen die Wand und trat dann an der Frau seiner Träume vorbei in Kleinerts Zimmer. Uff.
Der Archivar schüttelte Fleischmann grinsend die Hand.
    »Na, haben Sie hergefunden bei dem Mistwetter?«
    Fleischmann lachte. »Mit knapper Not! Am Hienberg hat’s geschüttet wie aus Eimern, und das Verdeck von meinem alten Jeep ist nicht mehr so ganz dicht.«
    Kleinert ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder und machte eine einladende Handbewegung.
    »Nehmen Sie doch Platz! Also, was führt Sie zu uns nach Kulmbach?«
    Fleischmann öffnete den Schnappverschluss seiner Schulmappe und zog vorsichtig eine knittrige Plastiktüte heraus, der er einen geklöppelten Brusteinsatz entnahm.
    »Das hier«, sagte er lapidar und breitete das Teil sorgsam vor Kleinert auf dem Schreibtisch aus.
    Der Archivar begutachtete die Handarbeit etwas hilflos.
    »Was soll denn das sein? Ein altes Häkeldeckchen? Frau Hufnagel, kommen Sie doch mal! Sie kennen sich da bestimmt besser aus als wir.«
    Die Archivarsgehilfin trat hinzu, und alle drei beugten sich gemeinsam über die Handarbeit. Fleischmann begann sofort zu schwitzen, und Kleinert entging nicht, dass die Augen seines Besuchers weniger das Häkeldeckchen als vielmehr verstohlen den Ausschnitt seiner Mitarbeiterin begutachteten.
    Geli Hufnagel rümpfte die Nase. »Tut mit Leid. Mit
so langweiligem Häkelzeugs kann ich gar nichts anfangen«, meinte sie. »Ich repariere lieber an meinem Auto herum, als dass ich so tüddeligen Damenkram mache.«
    Fleischmann war schwer beeindruckt von Gelis Handfestigkeit. »Da haben Sie vollkommen Recht. Aber – Spaß beiseite – das ist eine Klöppelarbeit aus dem sechzehnten Jahrhundert. Und sie stammt nach meinen Informationen aus Kulmbach.« Er erzählte die ganze Vorgeschichte, angefangen bei seiner Ersteigerung der Klöppelwaren in Bayreuth bis hin zu seinem Besuch bei Hildegard Zehrer vor einigen Wochen.
    »Und jetzt wollen Sie versuchen nachzuweisen, ob die Klöppelsachen wirklich von einer Kulmbacherin stammen, die auf der Plassenburg gelebt hat und anschließend ins Kloster gegangen ist?« Kleinert lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und strich sich über den Bart.
    »Genau.« Fleischmann blickte den Archivar erwartungsvoll an. Der machte mit den Lippen kleine schmatzende Geräusche und zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
    »Hm. Das dürfte schwierig werden. Wenn das Klöppelzeug wirklich aus dem sechzehnten Jahrhundert stammt, dann haben wir zunächst einmal ein Grundproblem. Wissen Sie, für diesen Zeitraum ist unsere Quellenlage ausgesprochen schlecht. Kulmbach
wurde ja Ende 1553 völlig zerstört, das heißt, das meiste, was bis dahin an schriftlicher Überlieferung, Ratsverlässen, Stadtrechnungen und so weiter existiert hat, ist größtenteils

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