Die Markgräfin
das heißt schwarz, und auch an das griechische
chym
, womit das Schmelzen und Gießen von Metallen gemeint ist.«
Er nahm den kleinen Blasebalg vom Haken und pustete Luft auf die glimmende Holzkohle. Mit einem Seitenblick registrierte er, dass Barbara aufmerksam an seinen Lippen hing. Er fuhr fort zu erklären.
»Die Wurzeln der Alchemie selber sind tief und
vielfältig. Sie reichen tief in die Erde hinein und weit in die Vergangenheit zurück, umspannen Meere und Kontinente. Die Geschichte der Alchimie liegt in der Erde, aus der sie hervorging und in der noch heute ihr Zuhause ist. Denn alle Pflanzen, alle Mineralien und Metalle empfangen Wachstum und Nahrung vom Geist der Erde, der der Geist des Lebens ist. Dieser Geist wiederum wird von den Sternen gespeist.«
Der Herzog spürte mit Erstaunen, dass es ihm Spaß machte, dem kleinen wissbegierigen Mädchen seine Leidenschaft zu erläutern. Was für kluge Augen sie doch hat, bemerkte er zu sich selber, von dieser eigenartigen hellen Farbe. Er griff nach verschiedenen Steinen und hielt sie Barbara hin.
»Jedes Metall ist einem Gestirn zugeordnet. Seht Ihr, das ist Silber, es korrespondiert mit dem Mond. Da Kupfer, ihm entspricht die Venus. Eisen gehört zum Mars, Zinn zu Jupiter. Hier habt Ihr Blei, es wird dem Saturn zugerechnet. Seht in diesem Glas Quecksilber, nach dem berühmten Philosophen und Meister Ramon Lull die ›prima materia‹ oder Urmaterie genannt; es orientiert sich zu Merkur. Und hier das kostbarste Metall, ein Körnchen Gold – ihm entspricht die Sonne.«
Barbara besah sich die verschiedenen Metalle ausgiebig und mit kindlichem Ernst.
»Und all das könnt Ihr in Gold verwandeln?«
Der Herzog lachte.
»Wenn ich das könnte, Liebfräulein, wäre ich wie der liebe Gott. Nein, dieses Geheimnis habe ich noch nicht entdeckt, das ist nicht so einfach.«
Er griff sich eines der dicken Bücher, die auf einem Seitentischchen lagen, und klopfte mit der Faust darauf.
»Hier drin stehen verschiedene Möglichkeiten, wie man auf dem Wege der Alchemie Gold herstellen kann. Gewiss ist jedenfalls eines – die Ausgangsform muss entweder Silber oder Quecksilber sein.«
Die kleine Herzogin bot ein Bild des völligen Unverständnisses.
»Ich fürcht, Liebden, ich bin zu dumm für solch hohe Wissenschaft.«
»Nun, das ist doch ganz einfach.« Der Herzog von Glogau begann zu dozieren. »Silber oder Quecksilber müssen erst schwarz, dann weiß, dann gelb und schließlich rot werden, bevor Gold daraus entstehen kann.«
»Und wie kann man die Farben verändern?«
»Das ist recht unterschiedlich. Die Weißung von Kupfer zum Beispiel erreicht man durch Zugabe von Arsenik. Und zusammen mit Kalk und Schwefel aufgekocht kommt es zur Gelbung. Das habe ich selber schon versucht.«
Inzwischen züngelte ein kleines Feuerchen im Kamin, an dem sich beide die Hände wärmten.
»Und wozu benutzt Ihr das?« Barbara zeigte auf
das Gestell mit dem Rohr, das sie schon die ganze Zeit über fasziniert hatte.
»Oh, das ist mein Sternengucker. Es ist nämlich von Bedeutung, das Goldmachen zu einer bestimmten Zeit durchzuführen, sonst kann es nicht gelingen. Die großen Alchemisten – auch der Doctor Paracelsus, den ich sehr schätze – sind der Meinung, der beste Zeitpunkt sei das Frühjahr mit seinen Sternbildern Widder, Stier und Zwilling. Das sind Zeichen, die Feuer, Geist und Erde beinhalten. Und diese Sternbilder finde ich, wenn ich durch mein Rohr schaue.«
Barbara war enttäuscht. »Also könnt Ihr mir heute nicht vormachen, wie man Gold herstellt. Wir haben ja noch nicht Frühling.«
Heinrich von Glogau fasste Barbara um die Schulter. »Nicht traurig sein, Liebfräulein – ich kann Euch wenigstens zeigen, wie es ungefähr geht, wenn Ihr wollt.«
Das Mädchen sah gebannt zu, wie der Herzog in einem Achatmörser ein Bröckchen Silber zu Pulver zerstieß und in eine flache Schüssel gab. Danach tat er das Gleiche mit einem Stückchen Blei. Schließlich wurden die beiden Pulver vermischt und mit ein paar Tropfen Wasser zu einem Brei vermengt. Diesen »Kompost« durfte Barbara vorsichtig in einen Glaskolben füllen. Der Herzog griff die Phiole mit einer Zange und hielt sie in die Feuerstelle.
»Am Anfang darf die Hitze im Kolben auf keinen
Fall zu hoch sein, sonst platzt das Glas und alles ist verloren. Das ist mir schon so manches Mal geschehen, worauf der Prozess wieder neu begonnen werden musste. Und jetzt schaut!«
Die beiden Metalle verloren ihre
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