Die Markgräfin
fertig bist!«
»Ja, Herr Vater!«
Katharina wirbelte herum und schoss aus dem Zimmer. Viel hatte sie nicht einzupacken: ein Paar gestrickte Strümpfe, ein Koller, einen Unter- und einen Überrock, ein Paar Lederschuhe, ein wollenes Umschlagtuch und zwei Haarbänder. Sie warf alles auf ein großes flächsernes Tuch, legte noch ihren Kamm aus Schildpatt – das Kostbarste, was sie besaß – dazu und schnürte das Bündel zusammen.
Der Abschied von der Stiefmutter war schnell vorüber – Katharina hatte nie ein besonderes Verhältnis zur zweiten Frau ihres Vaters entwickelt. Schwerer fiel ihr die Trennung von den kleinen Brüdern, die sie
mitten im Spiel mit Kreisel und Steckenpferd hinter dem Haus fand. Aber schon rief ihr Vater vom Fenster aus. Schnell nahm sie ihr Bündel auf und lief zum Hauseingang.
Vor der Tür stand bereits die Hauptmännin, eine groß gewachsene, eher unansehnliche Frau mit stechendem Blick und spitzer Nase, die aber vornehm gekleidet war. Neben ihr lümmelte sich der Plassenburger Einkäufer gegen die Wand, der sie mit seinem Esel begleitet hatte, um auf dem Markt seine Besorgungen zu machen. Hinter dem Grautier stand etwas verschüchtert die zweite frisch angeworbene Hofdame, Susanna Zehrer. Susanna war eine Enkelin des sagenhaft reichen Kulmbacher Fernhändlers Pankraz Gutteter und die Nichte des Kulmbacher Bürgermeisters. Sie lebte im Haushalt ihres Onkels, ein junges, reizloses Mädchen von neunzehn Jahren, etwas grobschlächtig und unbeholfen in ihren Bewegungen und nicht besonders vorteilhaft gekleidet. Bisher hatte sich noch kein Heiratskandidat eingefunden, der dem Bürgermeister recht gewesen wäre, und so hatte man auch für sie die Stellung als Zofe als eine glückliche Fügung erachtet.
Mit einem Nicken machte sich die Hauptmännin mit den beiden frisch bestallten Hofdienerinnen an den Aufstieg zur Burg.
Bestallung der Kathrine Fursfeh und der Susanna
Zerer, angenommen zu Johanni anno 1545
Katharine Fursfeh und Susanna Zerer, Bürgerstöchter aus der Stadt Kulmbach, geloben und schwören, dem gnedigen Herrn Markgraf Albrechten, genannt der Alcibiades, getreu zu sein und wohl zu dienen. Item so wollen wir unserer gnedigen Herrin, der Markgräfin Barbara, mit Fleiß aufwarten und ihr an nichts fehlen lassen. Auch wollen wir kein Nachricht aus der Stadt zu ihr tragen, nichts Heimliches reden und keine unrecht Kunde aus dem Schloss gelangen lassen. Wir geloben, ohne Gestattung des Haubtmanns oder Hofmeisters nicht aus dem Schloß zu gehn oder jemands aus dem Schloss hinab zu schicken. Dafür erhalten wir selbander die Kost zu Hof und ein Hofgewandt, auch fünf Gulden zu Walpurgis und Michaelis.
Katharina Fursfeh, Susanna Zerer
Plassenburg, Juni 1545
»Ihr müsst wissen, dass die Markgräfin Barbara manchmal, wie soll ich sagen, in eine Traurigkeit verfällt und dann nicht isst und gar seltsames Benehmen zeigt. Das liegt daran, dass sie nicht freiwillig hier auf
der Plassenburg lebt, sondern von unserm gnädigen Herrn Albrecht hierher geschickt wurde.«
Die Hofmeisterin ging den beiden Mädchen voraus zur Vogtei. Katharina und Susanna, beide mit ihren Bündeln in der Hand, folgten ihr auf dem Fuß.
»Wieso ist sie denn hergeschickt worden, Frau Hofmeisterin?«
Katharina war die Neugierigere von beiden und traute sich zuerst zu fragen.
»Das geht euch zwar gar nichts an, aber ihr werdet’s ja doch erfahren. Sie hat gegen den Willen ihrer Brüder ihre Scheidung vom König von Böhmen betrieben und sich auch noch einem gemeinen Mann anverlobt.«
Die Mädchen sahen sich viel sagend an, und Katharina flüsterte:
»Na, wenn ich mit dem König von Böhmen verheiratet wär, ich tät mich hüten, den zum Teufel zu jagen!«
Susanna kicherte und fing sich einen tadelnden Blick der Guttenbergin ein.
»Aber darüber braucht ihr euch gar keine Gedanken zu machen, davon versteht ihr überhaupt nichts. Ihr müsst nur für die Markgräfin sorgen, ihr aufwarten und sie ein bisschen aufheitern, wenn sie traurig wird. Das ist alles. Und wenn sie dann ihr Verlöbnis aufgesagt hat, geht ihr mit ihr nach Ansbach und führt ein lustiges Leben!«
Damit drehte sich die Hofmeisterin auf dem Absatz um und ließ die markgräflichen Zofen vor der Tür zur Schlossvogtei stehen.
Die beiden Mädchen warteten, bis der Wächter aufgesperrt hatte. Katharina fand es merkwürdig, dass die Markgräfin, der sie nunmehr dienen sollten, hinter verschlossenen Türen lebte und, so wie es
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