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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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hineinsteigern kann.«
    »Und haben Sie sich hineingesteigert?«
    »Nicht sehr weit. Es reicht aber.«
    Der Kapitän betrachtete seine Zigarette. »Warum haben Sie’s getan?«
    Langsam legte Spender seine Pistole vor sich auf den Boden. »Weil ich erkannt habe, daß das, was wir überhaupt jemals erreichen können, nicht besser sein wird als die Errungenschaften der Marsianer. Sie haben Schluß gemacht, wo wir schon vor hundert Jahren hätten aufhören müssen. Ich bin durch die Städte gegangen, und ich kenne diese Leute, und ich wäre froh, wenn ich sie meine Vorfahren nennen könnte.«
    »Das ist eine schöne Stadt hier.« Der Kapitän nickte und sah sich um.
    »Das ist es nicht allein. Ja, ihre Städte sind gut. Sie verstanden es, die Kunst in ihr Leben einzubeziehen. Für die Amerikaner war das immer etwas Absonderliches. Kunst war etwas, das man allenfalls im Zimmer des verrückten Sohnes duldete. Kunst war etwas, das man höchstens in kleinen Dosen, vielleicht vermischt mit etwas Religion, zu sich nahm. Die Marsianer aber haben Kunst und Religion und einfach alles als etwas Selbstverständliches.«
    »Sie glauben also, die Marsianer wußten ihr Leben wirklich zu meistern, ja?«
    »Meiner Meinung nach schon.«
    »Und aus diesem Grund haben Sie damit angefangen, Menschen zu töten.«
    »Als Kind hat mich meine Familie mal nach Mexico City mitgenommen. Ich werde nie vergessen, wie sich mein Vater benahm – laut und groß. Und meine Mutter mochte die Menschen dort nicht, weil sie dunkel waren und sich nicht genug wuschen. Und meine Schwester wollte mit den meisten nicht einmal sprechen.
    Ich war der einzige, dem der Aufenthalt wirklich Spaß machte. Und ich kann mir richtig vorstellen, wie meine Mutter und mein Vater zum Mars kommen und sich hier genauso aufführen.
    Dem durchschnittlichen Amerikaner ist alles Fremde suspekt. Wenn keine Chicagoer Installationen vorhanden sind, ist es nichts. Stellen Sie sich das vor! Gott, wenn man sich das nur mal vorstellt! Und dann – der Krieg. Sie haben vor unserer Abreise sicher auch die Reden im Kongreß gehört. Wenn alles klappt, hofft man drei nukleare Forschungszentren und Atombombendepots auf dem Mars zu errichten. Und das heißt, daß es mit dem Mars aus ist – mit all diesen herrlichen Relikten. Wie wäre Ihnen zumute, wenn ein Marsianer auf den Fußboden des Weißen Hauses kotzte?«
    Der Kapitän sagte nichts; er hörte nur zu.
    Spender fuhr fort: »Und dazu kommen noch die anderen mächtigen Interessengruppen. Die Leute vom Bergbau und von der Touristik. Wissen Sie noch, was mit Mexico passierte, als Cortez und seine überaus netten Freunde aus Spanien eintrafen? Eine ganze Zivilisation wurde vernichtet durch gierige, selbstgerechte, intolerante Frömmler. Die Geschichte wird Cortez das niemals verzeihen.«
    »Sie haben aber heute auch nicht gerade ethisch gehandelt«, warf der Kapitän ein.
    »Was sollte ich tun? Eine Diskussion mit Ihnen anfangen? Es läuft doch in jedem Fall darauf hinaus, daß ich gegen das ganze fiese, zerstörerische, gierige Establishment der Erde stehe. Die Leute werden die schmutzigen Atombomben hier heraufschaffen und um Stützpunkte kämpfen, von denen aus man Krieg führen kann. Reicht ein zugrundegerichteter Planet nicht aus – müssen sie auch noch ein fremdes Nest beschmutzen? Diese engstirnigen Schwätzer! Als ich hier heraufkam, fühlte ich mich nicht nur frei von ihrer sogenannten Kultur, ich fühlte mich auch frei von ihrer Ethik und ihren Sitten. Ich dachte, ich hätte mich aus ihrem Bezugssystem gelöst. Ich brauchte hier nur alle umzubringen und könnte dann mein eigenes Leben leben – dachte ich.«
    »Aber so einfach war es dann doch nicht«, sagte der Kapitän.
    »Nein. Nach dem fünften Toten heute morgen stellte ich fest, daß ich gar nicht so völlig neugeboren war, gar nicht so sehr marsianisch. Ich konnte nicht so einfach alles fortwerfen, was mir auf der Erde anerzogen wurde. Inzwischen fühle ich mich aber wieder ziemlich gefestigt. Ich werde Sie alle umbringen. Das dürfte die nächste Raketenreise um gut fünf Jahre verzögern. Außer dieser gibt es zur Zeit keine Rakete. Die Leute auf der Erde warten vielleicht ein, zwei Jahre, und wenn sie von uns nichts hören, haben sie bestimmt Angst, eine neue Rakete zu bauen. Sie werden sich zweimal soviel Zeit lassen und Hunderte von Versuchen durchführen, um sich gegen einen weiteren Fehlschlag zu sichern.«
    »Da haben Sie recht.«
    »Dagegen würde bei Ihrer

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