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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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alle abwehren!«
    Elma sagte nichts. Sie blieb liegen, zusammengesunken.
    Sam feuerte achtmal seine Pistole ab. Ein Sandschiff brach auseinander, das Segel, der smaragdene Schiffskörper, die bronzenen Beschläge, das mondweiße Ruder und all die Wesen darin. Die maskierten Männer, sie alle, wurden in den Sand gepreßt und gingen in orangefarbenen und dann rauchschweren Flammen auf.
    Aber die anderen Schiffe kamen näher.
    »Sie sind in der Überzahl, Elma!« rief er. »Sie bringen mich um!«
    Er warf den Anker aus. Zwecklos. Das Segel flatterte herab, fiel seufzend in sich zusammen. Das Schiff drehte bei und hielt. Der Wind hörte auf. Alles kam zur Ruhe. Der Mars stand still, während die majestätischen Fahrzeuge herankamen, ihn einkreisten und schwankend umragten.
    »Erdenmensch«, rief eine Stimme irgendwo von einem hohen Thron. Eine silberne Maske schimmerte. Rubinbesetzte Lippen glitzerten im Takt der Worte.
    »Ich habe nichts getan!« Sam schaute zu den Gesichtern hinüber, zu den einhundert Gesichtern, die ihn umringten. Es gab nicht mehr viele Marsianer auf dem Mars – hundert, hundertfünfzig mochten noch am Leben sein. Und die meisten waren jetzt hier auf dem Grund des toten Meeres versammelt, in ihren wiedererstandenen Schiffen, in der Nähe ihrer toten Schachbrettstädte, deren eine eben in sich zusammengefallen war wie eine zerbrechliche Vase unter dem Aufprall eines Kiesels. Die silbrige Masken glänzten.
    »Es war alles ein Irrtum«, flehte er und stieg aus dem Schiff, während seine Frau wie tot an Deck liegenblieb. »Ich kam zum Mars wie jeder andere ehrliche Geschäftsmann auch. Ich beschaffte mir ein paar Extrarationen aus einer abgestürzten Rakete und baute mir an der Kreuzung den schönsten kleinen Verkaufsstand, den man sich vorstellen kann – Sie wissen schon, wo. Sie müssen zugeben, er ist gut und solide gebaut.« Sam lachte und sah sich um. »Und dieser Marsianer – ich weiß, daß er ein Freund von Ihnen war. Sein Tod war ein Unfall, das versichere ich Ihnen. Ich wollte nur meinen Würstchenstand, den einzigen auf dem Mars, den ersten und wichtigsten, sonst nichts. Sie verstehen mich? Ich wollte die besten Würstchen verkaufen, mit Paprika und Zwiebeln und Orangensaft.«
    Die Silbermasken bewegten sich nicht. Sie glitzerten im Mondlicht wie kaltes Feuer. Gelbe Augen richteten sich auf Sam. Er spürte, wie sich sein Magen verkrampfte und einschrumpfte und steinhart wurde. Er warf seine Pistole in den Sand.
    »Ich gebe auf.«
    »Nehmen Sie Ihre Waffe«, sagten die Marsianer im Chor.
    »Was?«
    »Ihre Pistole.« Eine juwelengeschmückte Hand winkte vom Bug eines blauen Schiffes. »Heben Sie sie auf. Stecken Sie sie ein.«
    Ungläubig nahm er die Pistole wieder an sich.
    »Und jetzt«, sagte die Stimme, »wenden Sie Ihr Schiff und kehren zu Ihrem Verkaufsstand zurück.«
    »Sofort?«
    »Ja, sofort«, sagte die Stimme. »Wir werden Ihnen nichts tun. Sie sind leider davongelaufen, ehe wir Ihnen die Lage erklären konnten. Kommen Sie.«
     
    Wieder bewegten sich die Schiffe mit großer Leichtigkeit dahin. Ihre flügelartigen Segel flatterten leisen Applaus. Die Masken funkelten, wandten sich hierhin und dorthin und erhellten die Schatten.
    »Elma!« Sam stolperte an Bord. »Steh auf, Elma. Wir kehren um.« Er war aufgeregt und wäre vor Erleichterung fast ins Stottern geraten. »Sie wollen mir nichts tun, wollen mich nicht umbringen. Elma, Liebling, steh auf.«
    »Was sagst du?« Elma sah sich blinzelnd um. Als das Schiff wieder in den Wind gebracht wurde, stemmte sie sich langsam hoch, als erwache sie aus einem Traum. Wie ein Sack voll Steine ließ sie sich auf eine Bank sinken und sagte nichts mehr.
    Der Sand glitt unter dem Schiff dahin. Eine halbe Stunde später waren sie wieder an der Kreuzung, die Schiffe festgezurrt, verlassen.
    Der Anführer stellte sich vor Sam und Elma hin, seine Maske aus Bronze gehämmert, seine Augen bodenlose blauschwarze Schlitze, der Mund eine Öffnung, aus dem die Worte strömten, die im Wind davontrieben.
    »Machen Sie Ihren Verkaufsstand fertig«, sagte die Stimme. Eine diamantenbesetzte Hand hob sich. »Bereiten Sie das Fleisch, bereiten Sie die Mahlzeiten, stellen Sie die fremden Weine zurecht, denn heute ist wirklich ein großer Tag!«
    »Soll das heißen«, fragte Sam, »daß Sie mich hier wohnen lassen!«
    »Ja.«
    »Sie tragen mir nichts nach?«
    Die Maske bewegte sich nicht; sie war kalt und blind.
    »Eröffnen Sie Ihr Lokal«, sagte die Stimme

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