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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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der Dunkelheit verschwanden. Hier hatte Sam Parkhill seine Wellblechhütte errichtet die in hellem Licht erstrahlte und im Rhythmus der Music-Box zitterte. Er bückte sich, um eine Reihe von Glasscherben zurechtzurücken, die den Fußweg säumten. Er hatte das Glas aus alten marsianischen Gebäuden in den Hügeln herausgebrochen. »Die besten Würstchen zweier Welten! Der erste Würstchenstand auf dem Mars! Die besten Zwiebeln, der beste Paprika, der beste Senf. Niemand kann sagen, daß ich nicht aufpasse. Das sind wichtige Landstraßen, da drüben liegen die tote Stadt und die Minerallager. Die Lastwagen von der Erdsiedlung 101 kommen Tag und Nacht hier durch. Na, weiß ich einen günstigen Platz zu finden oder nicht?«
    Seine Frau betrachtete ihre Fingernägel.
    »Glaubst du, daß es die zehntausend neuartigen Volksraketen zum Mars schaffen?« fragte sie schließlich.
    »In einem Monat sind sie da«, antwortete er laut. »Warum schaust du mich so seltsam an?«
    »Ich traue den Leuten auf der Erde nicht«, sagte sie. »Ich glaub’s erst, wenn ich die zehntausend Raketen mit den hunderttausend Mexikanern und Chinesen sehe.«
    »Kunden.« Er schmeckte das Wort ab. »Hunderttausend hungrige Mäuler.«
    Seine Frau beobachtete den Himmel und sagte langsam: »Wenn es keinen Atomkrieg gibt. Ich habe kein Vertrauen in diese Atombomben. Es gibt viel zu viele davon auf der Erde; man kann nie wissen.«
    »Ach was!« sagte Sam und fegte weiter.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er einen blauen Schimmer. Etwas schwebte lautlos hinter ihm in der Luft. Er hörte seine Frau sagen: »Sam. Dein Freund ist wieder zu Besuch da.«
    Sam wirbelte herum und erblickte die Maske, die im Wind zu schweben schien.
    »Da bist du also doch wieder!« Und Sam hob den Besen wie eine Waffe.
    Die Maske nickte. Sie war aus hellblauem Glas geformt und saß auf einem dünnen Hals, unter dem mehrere weite Umhänge aus gelber Seide flatterten. Zwischen den Seidentüchern erschienen zwei silbrige Hände. Der Mund der Maske war ein Schlitz, aus dem eine wohlklingende Stimme ertönte, während Umhang, Maske und Hände in die Höhe stiegen und wieder herabsanken.
    »Mr. Parkhill, ich möchte noch einmal mit Ihnen sprechen«, sagte die Stimme hinter der Maske.
    »Ich dachte, ich hätte mir dein Auftauchen deutlich genug verbeten!« brüllte Sam. »Verschwinde, oder ich drehe dir die Krankheit an!«
    »Die Krankheit habe ich schon gehabt«, sagte die Stimme. »Ich gehöre zu den wenigen Überlebenden. Lange Zeit war ich krank.«
    »Verschwinde und versteck dich in den Hügeln, wohin du gehörst; da hast du ja auch gelebt. Warum fällst du ausgerechnet mir auf den Wecker? Heute, so ganz plötzlich? Zweimal am gleichen Tag?«
    »Wir haben keine bösen Absichten.«
    »Aber ich!« sagte Sam und rückte vor. »Ich mag euch Fremde nicht! Ich mag keine Marsianer! Ich habe noch nie einen gesehen. Das ist natürlich. Die ganzen Jahre versteckt ihr euch, und nun plötzlich habt ihr es auf mich abgesehen. Laßt mich in Frieden!«
    »Unser Kommen hat einen Grund«, sagte die blaue Maske.
    »Wenn’s um das Land geht – das gehört mir. Ich habe die Würstchenbude mit eigenen Händen gebaut.«
    »In gewisser Weise geht es tatsächlich um das Land.«
    »Nun hör mal gut zu«, sagte Sam. »Ich komme aus New York. Und da gibt’s noch zehn Millionen weitere Menschen wie mich. Ihr Marsianer seid bestenfalls ein paar Dutzend, ihr habt keine Städte, ihr wandert in den Bergen herum, ohne Führer, ohne Gesetze – und da willst du mir etwas über dieses Land erzählen? Mal muß das Alte ja dem Neuen Platz machen. Das Gesetz des Nehmens und Gebens. Ich habe hier eine Pistole. Nach deinem Besuch heute morgen hab ich sie rausgeholt und geladen.«
    »Wir Marsianer sind Telepathen«, sagte die kalte blaue Maske. »Wir stehen in Verbindung mit einer Ihrer Städte auf der anderen Seite des toten Meeres. Haben Sie Radio gehört?«
    »Der Apparat ist kaputt.«
    »Dann wissen Sie es also nicht. Es gibt große Neuigkeit, die die Erde betrifft…«
    Eine Silberhand bewegte sich, und eine Röhre erschien.
    »Ich will Ihnen mal etwas zeigen.«
    »Eine Waffe!« brüllte Sam Parkhill entsetzt.
    Eine Sekunde später hatte er seine Pistole aus dem Halfter gerissen und feuerte auf den Nebel, die gelben Umhänge, die blaue Maske.
    Die Maske verhielt einen Moment reglos. Dann, wie ein kleines Zirkuszelt, dem die Pflöcke herausgezogen werden und das leise zusammenfällt, raschelte die Seide, die Maske

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