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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Angabe, seine zur Schau gestellte Ausgewogenheit. Aber mir
braucht er doch eigentlich nichts vorzumachen. Es ist sowieso
kaum denkbar, dass sich hier jemand wohl fühlen kann.’
Langsam ging Alexej in die Ebene hinaus, auf die
Erhebungen zu. Achtlos trat er auf die Ranken der üppig über
den Weg wuchernden Pflanzen, die sich in endlosem
blaugrünem und kniehohem Gestrüpp bis zum Horizont zogen.
Mehr im Unterbewusstsein fiel ihm auf, dass vor wenigen
Tagen noch die flachen Hangars des ehemaligen, zehn
Kilometer entfernten Start- und Landeplatzes über den
Horizont ragten. Jetzt verschmolz der rötliche Himmel dort
wie überall ringsum mit dem grünblauen Meer.
Und dann hatte Alexej die Idee, dass es der schwere Duft
dieses blühenden Ozeans sein mochte, der ihn besonders
missmutig stimmte, ihm heftig auf die Nerven fiel, ein Odeur,
dem die dichtesten Schleusen nicht gewachsen waren, das
scheinbar durch alle Poren drang.
,Auf die Menschen kommt es diesen Pflanzentechnikern ja
nicht an. Hauptsache, ihre Schützlinge gedeihen und
poussieren duftend mit den Insekten. Ob mir das auf die
Nerven geht, interessiert niemanden. Der Mensch ist
anpassungsfähig, hat anpassungsfähig zu sein. Will oder kann
er nicht, wird er trainiert wie Mac und ich. Braucht eine
Maschine eine Klimaanlage, bekommt sie die, braucht das
Grünzeug Hummeln und dazu Duft, kein Problem. Brauche
ich…
Ja, die Erde brauche ich. Aljoscha, das ist Heimweh,
Sehnsucht nach der Erde! Menschenskind, dass dich das mal
so packen würde…
Am Baikal beginnt jetzt der Frühling. Dort muss es nun
riechen – nach feuchter Erde, den Knospen der Zedern, nach
eben aus dem Eis gebrochenem Wasser.
Alexej blieb stehen. Ihm war, als riefe der erste Kuckuck,
rauschte der Wald, plätschere ein Bach.
Dann versetzte er einer vier Zentimeter großen Hummel
einen gedämpften Fußtritt, dass sie ärgerlich aufbrummte und
im Bogen davon schwirrte.
„Scheißplanet“, stieß er hervor. „Na, endlich!“, setzte er
hinzu, als er in seiner Richtung über dem Roten Felsen die
Umrisse eines Menschen auftauchen sah.
Er hätte nicht zu begründen vermocht, warum er „endlich“
gesagt hatte. Wenn man jemanden wiedertrifft, mit dem man
seit über einem Jahr in dieser gottverlassenen Station
zusammen ist, der noch dazu vor nunmehr nur drei Stunden
zum ersten Rundgang an diesem Tag aufgebrochen war, gibt es
kaum einen Grund zur Euphorie. Alexej verspürte weder
Sehnsucht nach Mac, noch knüpfte er an dessen Auftauchen
irgendwelche Erwartungen. Sie kannten sich beinahe bis zum
Überdruss, hatten einander nichts mehr zu entdecken. Ja,
Alexej kannte selbst die intimsten Wünsche Macs aus
schwärmerischen Wachträumen in den vielen Abendstunden
zwischen dem Ausschalten des Videophons und dem
Einschlafen.
Ohne Mühe gelang es Alexej, sich Macs Zuhause
vorzustellen, und er hatte auch einen nachhaltigen Eindruck
von dem Mädchen Kim, das Mac heiß und innig, für Alexej
beinahe unerträglich intensiv, liebte. Nur eins begriff er an
seinem Gefährten nicht, die penetrante Gelassenheit, mit der er
das tägliche Marseinerlei hinnahm, mit der er immer wieder
durch den roten Sand stapfte, die Sprüher umsetzte, Senker
vergrub, Exhaustoren mit Chemikalien beschickte stur wie eine
dieser Raketen, die zum Nachimpfen der sieben Sonnen
unbeirrbar ihrem Ziel zustrebten.
Alexej lächelte. Ist eben ein Kerl, der Mac. Was er sich
vorgenommen hat, führt er stoisch aus. Wenn er meint, er
braucht den dritten Qualifikationsgrad, dann erwirbt er ihn
eben, ohne zu murren, selbst wenn er sich vor Sehnsucht nach
seiner Kim fast verzehrt. So gesehen, eigentlich ein glücklicher
Mensch.
,Tatsächlich, der Kerl pfeift!’
Wirklich klang durch den rötlichgelben Marsmorgen eine
gepfiffene Melodie von mäßiger Reinheit.
Als noch etliche Meter zwischen ihnen lagen, rief Mac:
„Leichte Schwierigkeiten gehabt heute, Aljoscha?“
Alexej winkte gleichgültig ab.
„Du, die Berberitzen blühen jetzt auch – orangefarben. Das
haben sie sauber hingekriegt.“
„Interessant“, sagte Alexej mit einem Unterton, als hätte ihm
jemand mitgeteilt, dass ein gesunder Mensch im Stande sei,
auf zwei Beinen zu laufen. Dann setzte er, um dem Gefährten
gefällig zu sein, hinzu: „Das ist doch jenes stachlige Zeug am
Fuße des Roten?“
„Sag das nicht, die haben sich herrlich entwickelt. Ich habe
die Sieben hingestellt.“
„Gut, gut. Ich ziehe Nummer drei und vier ein Stück näher
heran.“ Alexej konnte sich

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