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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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es jetzt?“
    Nach einem Augenblick zerstreuten Nachdenkens,
währenddessen sie offenbar etwas auf ihrem Tisch musterte,
antwortete sie: „Aber ja, mein Lieber, komm rüber!“ Der
Schirm erlosch.
    ,Na, immerhin’, dachte Sylvester, ,auf mich wartet schon
deshalb keine unangenehme Tätigkeit, weil ich mit ihr
zusammenarbeiten kann.’ Irgendwie erinnerte ihn die Marowa
an Alina, vielleicht deshalb, weil beide Mädchen aus Böhmen
stammten und ihm schon deshalb sympathisch waren.
    Sylvester bummelte durch die großzügig angelegten Gänge
und Atrien des Institutsgebäudes, blickte neugierig durch
Glastüren in Laboratorien und Gewächshäuser, las Türschilder
und vergaß sogleich wieder, was er gelesen hatte, nickte
freundlich Bekannten zu und stand schließlich vor der Tür der
Marowa.
    „Diplombiologin Marie Marowa, Abt. ASS“ stand da.
Abteilung ASS? Sylvester war nicht klar, was Abteilung ASS
bedeutete. Er klopfte, sah bereits beim Öffnen der Tür das
Aufleuchten des Entreeschildes und stand der Marowa
gegenüber. Er kannte sie bisher nur von zwei kurzen
Gesprächen über das Videophon, und sein Eindruck nun, da er
sie live vor sich hatte, war anders.
    Sie stand auf und kam um den Tisch herum auf ihn zu.
,Kleiner und zierlicher als Alina, dabei vollbusig und voller
Kraft, wie es scheint’, dachte Sylvester.
    Ihr rundliches Gesicht, umrahmt von dem wuschligen Haar,
war gerötet wie nach einem Dauerlauf. „Hallo, Sylvester
Reim!“, begrüßte sie ihn. „Bitte!“ Sie wies auf die Sesselecke
in dem kleinen, eher wie ein nostalgisches Mädchenzimmer
eingerichteten Raum.
    Auf dem Arbeitstisch stand ein Esel aus Plüsch, der
zähnefletschend lachte, über den Sesseln balgten sich auf
einem Aquarell zwei halbwüchsige Bären, und innen an der
Tür hing ein Plakat, auf schwarzem Grund ein verklärtes
Männerporträt, das für „Lohengrin“ warb.
    „Also“, sie ging ohne Vorrede mitten in die Sache hinein, „du
kümmerst dich zunächst um die Beschaffung der
Versuchstiere. Wir brauchen viele, letztlich einige Hundert und
– echte!“
    Sylvester wurde nicht klar, was wohl unter „echte“ zu
verstehen sei. Er hielt es für klüger, seine Unwissenheit für
sich zu behalten, und fragte statt dessen: „Ist das schwierig?
Und – welche Sorte?“
    „Einfach Schweine – wie sie noch vor Jahren zu Schnitzeln
verarbeitet wurden –, schöne Schweinerei!“ Sie lachte ein
wenig – nach Sylvesters Empfinden – unmotiviert. So lustig
fand er das nicht. Aber sehr regelmäßige Zähne hat sie, stellte
er fest. Überhaupt ließ sich bei solchen Kollegen die Faunella
ganz gut ertragen, auch wenn es sich für ihn zunächst nur um
Schweine handeln sollte. Ein gutes Team war die halbe Arbeit.
    „Du wirst schon sehen, es sind einfach keine zu haben. Wenn
wir wenigstens ein paar Zuchttiere auftrieben, dann machten
wir uns die Ferkel selbst.“ Sie lachte abermals, diesmal
schmunzelte Sylvester mit. „Natürlich könnten wir uns
Homunken, Doubles, züchten. Aber die Alge wird im Regelfall
unter natürlichen Bedingungen eingesetzt werden. Und, du
verstehst, da gibt es Probleme mit den Abwehrstoffen, der
Anpassung und Verträglichkeit. Also – kurzum, wir brauchten
möglichst viele echte Schweine!“
    „Und wo, meint ihr, müsste ich da ansetzen? Ich hatte in
meinen fünfundzwanzig Jahren noch keinen Tag mit Tieren zu
schaffen.“
    Marie zuckte mit den Schultern. „Ich denke, du bist so ein
Organisationswunder? Erg hat dich wärmstens empfohlen.“
Sie lächelte ein wenig hämisch und blinzelte ihm lustig zu.
    „Na, pass auf!“ Sie ging zum Schrank, entnahm ihm ein
zusammengefaltetes Etwas und begann dieses auf dem Tisch
auszubreiten.
    Wahrhaftig, eine Karte, eine papierne Landkarte, präziser,
eine Wanderkarte! Sylvester sah sich um. Da dämmerte der
große Bildschirm mit der zugehörigen Projektionseinrichtung.
Auch eine Eingabeeinheit stand da und ein Datenschrank. Und
sie benutzte eine papierne Karte. Ob sie vielleicht gar danach
wanderte?
    Sie hatte seine Gedanken erraten. Ihr Lächeln vertiefte sich,
als sie glättend über das Papier strich.
Auf dieser Karte war Werchojansk liederlich rot umrandet.
Das Institut außerhalb der Stadt hatte einen grünen Kreis.
Mehrere krakelige Linien schoben sich von dort aus in
unterschiedlichen Farben in alle Richtungen.
Marie ergriff einen Stift und verdarb damit die Karte noch
mehr, indem sie um einige Siedlungssymbole Kringel zog,
dazu die Ortsnamen nannte

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