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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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gesprochen. Er ist
meiner Meinung.“
,Kunststück’, dachte Sylvester.
     
„Wir bitten dich, nach Abschluss eurer jetzt laufenden Serie
die Faunella-Liveversuche mit vorzubereiten.“
    Sylvester blieb unklar, warum ein so sachlicher Satz mit einer
Art Begeisterung hervorgebracht wurde.
Ramona-Ros sprach nicht weiter, sondern blickte
erwartungsvoll auf Sylvester, als wünschte sie, dass er sofort
etwas Bedeutungsvolles, vor allem aber vorbehaltlos
Zustimmendes von sich gäbe.
Dessen Überraschung war perfekt. Er sagte zunächst gar
nichts.
Die Faunella! Meine Güte, welche Spekulationen und
Gerüchte gab es um diese Alge. Nur drei Mitarbeiter unter
persönlicher Anleitung der Alten befassten sich seit einem Jahr
wieder damit, bei strenger Informationssperre. Und
ausgerechnet er – als junger, unerfahrener Kollege, wie er sich
selbst einschätzte – sollte da mitwirken! Natürlich würde er
das Angebot annehmen. Aber wie waren die ausgerechnet auf
ihn gekommen?
Als er schwieg, sagte Ramona-Ros: „Wir meinen, dass du das
notwendige Organisationstalent hast. Wir brauchen – ja, so
weit ist es – “, fügte sie erklärend hinzu, vielleicht auf sein
verdutztes Gesicht hin, „zunächst eine große Zahl von
Versuchstieren. Die gilt es als Erstes zu besorgen. Denk nicht,
dass das einfach ist. Du bist da unbefangen – auch ein Grund,
weshalb unsere Wahl auf dich fiel. Also – du bist doch
einverstanden?“
Sylvester beeilte sich, dem zuzustimmen, ohne sich der
Tragweite dieser Aufgabe bewusst zu sein. Tiere besorgen, na
und? Konnten sie nicht einfach welche anfordern?
„Die Marowa wird dich näher einweisen. Sie wird auch deine
unmittelbare Partnerin sein, die Gruppenleiterin. Na, auf gutes
Gelingen und – gute Zusammenarbeit!“ Die Alte lächelte und
hob eins der beiden Gläser, die sie während des Gesprächs
gefüllt hatte.
Ein alkoholisches Getränk! Trinkalkohol im Institut,
Sylvester erinnerte sich nicht, das jemals in den drei Jahren
seiner Tätigkeit erlebt zu haben.
„Und sieh zu, dass keine Panne eintritt“, sagte RamonaRos zu betont obenhin.
Sylvester wurde hellhörig. Sollte an den Geschichten doch
etwas sein? Nur noch wenige Leute gab es im Institut, die vor
einem knappen Jahrzehnt auch schon hier gearbeitet hatten.
Wer schon hält es in diesem öden Werchojansk länger als fünf
Jahre aus! Keine zentrale Klimaregelung, kein
Transitanschluss, dafür drei Viertel des Jahres schlechtes
Wetter. Unverfälschter Kältepol, na schön. Was ist heute noch
unverfälscht! Also, einen, der damals an der Faunella
gearbeitet hatte, gab es hier offenbar nicht mehr.
Als hätte sie seine Gedanken erraten, fuhr die Alte fort: „Du
hast sicher gehört, dass vor Jahren bereits einmal solche
Versuche stattfanden… Ich bin mir mit der Institutsleitung
einig, dass wir neu beginnen, mit neuen Leuten. Das ist die
Marowa mit ihrer Gruppe. Sie sollen – zunächst – keine
Kenntnis von den alten Unterlagen haben. Jede unbewusste Beeinflussung wird so vermieden. Bei dem vorerst
verhältnismäßig geringen Aufwand können wir uns das
leisten.“ Sie lächelte wie verlegen, entschuldigend. Und sie
fügte – wohl angesichts seines Stirnrunzelns – hinzu: „Dir
unverständlich?“
,In der Tat, ziemlich töricht’, dachte Sylvester, ,albern oder
beinahe mystisch. Auf jeden Fall äußerst unwirtschaftlich.
Aber wenn sie das verantworten konnten?’ Er ahnte, dass mehr
dahinter steckte, als aus Ramona-Ros’ Worten offenkundig
wurde.
„Mir liegt sehr viel daran, dass es dieses Mal keinen
Fehlschlag gibt, verstehst?“, ergänzte Ramona-Ros leise.
Fehlschläge? Was sollte dieses Gerede? Wenn man sich in
eine Sackgasse verrennt, kehrt man eben um, geht einen
anderen Weg. Nur ein Blödian beschreitet wieder den alten.
„Wird schon nicht“, gab Sylvester lakonisch zurück. Es
wurde ihm peinlich, dass er nichts Konstruktives zu sagen
wusste. Er hatte den Eindruck, dass er eine ziemlich traurige
Figur abgab.
Ramona-Ros hob abermals das Glas, sah auf ihn mit einem
wohlwollend-mütterlichen Blick und lächelte.
,Wie alt sie ist’, dachte Sylvester. Und in welch krassem
Gegensatz stand ihre Erscheinung zu ihrem Vornamen, der
stets in den Spötteleien eine Rolle spielte und den Sylvester
nicht nur deshalb lächerlich fand, weil er antiquiert war.
Er bemühte sich, unter den vielen Fältchen des Gesichts ein
Antlitz, ein Mädchenantlitz hervorzuzaubern, auf das der
Name Ramona-Ros zutraf. Einen Augenblick gelang

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