Die Maschen des Schicksals (German Edition)
verdiene ich eine Goldmedaille. Es hat Stunden gedauert.“
„Dann hast du was falsch gemacht“, tönte Margaret vom anderen Ende des Ladens.
Ich ärgerte mich über ihren Kommentar und lächelte Bethanne aufmunternd zu. „Es wird leichter, wenn du mehr Übung bekommst. Also mach dir keine Sorgen.“
„Das tu ich auch nicht. Na ja, anfangs schon, weil es einfach nicht richtig aussah. Aber ich habe die Anleitung genau befolgt, und alles wurde letztendlich genau so, wie es sein sollte. Eins wusste ich gleich – ich würde nicht aufgeben, bis ich es hinbekommen hätte.“
„Das hast du gut gemacht!“, lobte ich sie und unterdrückte den Impuls, sie zu umarmen. Ich war wirklich stolz auf Bethanne. Sie hatte während des Unterrichts große Fortschritte gemacht, und dabei meinte ich nicht nur das Stricken.
„Ich wünschte, ich wäre bei meiner Jobsuche genauso erfolgreich“, murmelte sie niedergeschlagen.
Elise traf kurz nach Bethanne ein, und sie setzten sich gegenüber und verglichen ihre Ergebnisse. Elise hatte schon früher Socken mit gerundeten Hacken gestrickt, aber nicht mit zwei Rundnadeln, was eine andere Technik erforderte.
„Das sieht wirklich gut aus“, bemerkte ich, während ich Elises Arbeit begutachtete. Jede Schlaufe saß perfekt. Ich merkte, dass sie beim Stricken sehr korrekt und zielbewusst vorging – und hatte den Eindruck, dass sie ihr tägliches Leben genauso in die Hand nahm.
Courtney kam als Letzte. Sie war mit dem Rad unterwegs gewesen und schloss es vor dem Laden an der Laterne an. Ich sah, dass sie noch ein wenig mehr abgenommen hatte. Eigentlich hätte ich ihr gern gesagt, wie gut sie aussah, befürchtete aber, dass sie mein Kompliment in Verlegenheit bringen würde.
„Tut mir leid, ich bin spät dran“, sagte sie, als sie in den Laden stürmte. Sie setzte den Fahrradhelm ab, zog den Rucksack von den Schultern und nahm Platz. Innerhalb von ein, zwei Minuten hatte sie das Strickzeug vor sich liegen, bereit, mehr zu lernen.
„Wie ist es euch allen ergangen?“, wollte ich wissen. Wir hatten bereits die schwierigste Phase des Sockenstrickens erreicht, und zwar den gerundeten Hacken. Ich fand, durch die Methode mit den zwei Rundnadeln war dieser Teil der Arbeit sehr viel einfacher geworden. Aber es gab auch immer noch Strickerinnen, die dabei bevorzugt vier oder fünf doppelseitige Spitznadeln benutzten. Ich weiß, dass man Socken ebenfalls mit einer einzigen Hunderter-Nadel herstellen kann, mit der sogenannten „Magic Loop“-Methode. Ich persönlich bevorzuge beim Stricken und im Unterricht die beiden Rundnadeln.
Ich begutachtete eingehend jeden halbfertigen Socken meiner Schülerinnen und fand, dass sie gute Arbeit geleistet hatten. Diese Prozedur gehörte anfangs zu jeder Sitzung, wie ein kleines Ritual, auch wenn ich ihre Werke vorher schon gesehen hatte. Es war in gewisser Weise sehr befriedigend, vielleicht weil dabei die Bemühungen jeder Einzelnen zur Geltung kamen. Ich setzte mich zu ihnen und erklärte den nächsten Schritt, dann ließ ich sie stricken.
„Ich wünschte, die Jobsuche wäre auch so leicht“, sagte Bethanne erneut, während sie die Schlaufen von einer Nadel zur anderen übertrug.
Elise sah sie an. „Ich habe mal ein bisschen darüber nachgedacht. Wo hast du dich denn beworben?“
„Überall“, antwortete sie fast verzweifelt. „Ich habe alles versucht, was mir nur einfiel. Tatsache ist, dass mir der Gedanke gar nicht gefällt, nicht mehr für meine Kinder da sein zu können.“
„Deine Kinder sind doch alt genug, um allein zu bleiben, oder?“, fragte Margaret, die sich in die Unterhaltung einmischte, obwohl sie gerade einen Kunden bediente. „Ich habe zwei Töchter“, fuhr sie fort, ohne auf meinen skeptischen Blick zu achten, „und lasse sie auch allein.“
Bethanne dachte darüber nach. „Fühlst du dich gut dabei?“
Meine Schwester zuckte die Schultern. „Ihr Vater ist in diesem Sommer zu Hause, und darüber bin ich froh. Wir wären glücklicher, wenn er arbeiten würde, aber so kann er mehr Zeit mit den Mädchen verbringen und hat ein besseres Verhältnis zu ihnen bekommen.“
„Also, um ehrlich zu sein, ich hätte Angst, Annie allein zu lassen“, sagte Bethanne. Ich bemerkte, wie Courtney kurz zu ihr hinüberblickte. „Annie ist in letzter Zeit … nicht sie selbst. Na ja, nach dem Umbruch in ihrem Leben wäre ich lieber in der Nähe, um ein Auge auf sie zu haben. Es ist nicht so, dass ich nicht arbeiten will – das
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