Die Maske des Alien
Ist noch jemand hier?“
„Nein. Nein, ich glaube nicht. Aber Ihr solltet nicht hier sein.“
„Warum nicht?“
„Ich … nun, man muß seine Schuhe und allen Schmuck ablegen, ehe man einen Tempel betritt.“
„Das habe ich getan. Seht Ihr?“
„Oh. Es tut mir leid, ich dachte, Ihr wüßtet das nicht.“
„Ich weiß nicht nur solche Kleinigkeiten.“
„Das müßt Ihr wohl, bei Eurer vollkommenen Aussprache. Die meisten Erdler haben sich dieser Mühe nicht unterzogen. Dennoch ist es ungewöhnlich, daß ein Erdler sich an die Zeremonien hält, selbst wenn er sie kennt.“
„Warum?“
„Überlegt doch. Ihr dachtet, es sei niemand im Tempel. Das dachte ich auch. Ihr hättet Eure Schuhe und Euren Schmuck anbehalten können, denn es wäre ohnehin niemand dagewesen, der es gesehen hätte.“
„Der Gott der Neunundneunzig Namen wäre hiergewesen.“
Sie sah ihn prüfend und überrascht an. „Das ist wahr. Und es ist schön gesagt. Ich werde es mir merken.“
„Ist das Nennen der Namen nicht der Zweck dieses Schreines?“
Joane lachte. Es klang wie ein perlendes Glöckchen. „Ich komme her, um mich auszuruhen.“
„Warum entspannt Ihr Euch nicht zu Hause?“
„Manchmal möchte ich allein sein.“
„Es tut mir leid, daß ich Euch gestört habe.“ Er trat in die Schatten zurück, als wollte er gehen.
„Nein, nein. Bleibt doch. Ich bin hier sowieso fertig. Und wenn Ihr mich zum Hotel zurückbegleiten wolltet, würde das meinem Gatten gefallen.“
Skallon setzte sich auf ein marmornes Geländer. „Weshalb?“
„Er wünscht nicht, daß ich im Dunkeln allein ausgehe. Er sagt, die Straßen werden allmählich gefährlich. Natürlich hat er recht. Vor wenigen Tagen wurde meine Schwester bei Sonnenuntergang überfallen. Man stahl ihr den Marktkorb und die Lebensmittel für zwei Tage.“
„Pestopfer?“
„Höchstwahrscheinlich. Aber wenn ich mit einem zuverlässigen Begleiter wie Euch zurückkehre, wird mein Mann nichts dagegen haben. Es wäre sogar eine Ehre für ihn.“
„Ich verstehe.“ Skallon nickte. Keiner von beiden machte Anstalten, aufzustehen und zum Hotel zurückzugehen. Joane legte die Handflächen gegeneinander. „Obgleich ich nicht weiß, ob ich wirklich zuverlässig bin“, sagte er schließlich, um das Schweigen zu brechen.
„Aber Ihr seid kein gewöhnlicher Mann. Ihr seid es immerhin wert, daß man Euch zu den Sternen reisen läßt.“
„Ich bin nicht sicher, ob man mich ausgesucht hat, weil ich ein so guter Straßenkämpfer bin.“
„Aber ich bezweifle nicht, daß Ihr einer seid.“
„Ja, wahrscheinlich.“ Er verlagerte sein Gewicht und sah zu dem rosigen Mond hinauf, der jetzt weit über dem Fries stand. „Mein militärisches Training wurde vor einigen Monaten verstärkt. Offensichtlich hatte jemand dabei etwas Derartiges im Sinn, das habe ich mir gleich gedacht. Aber mein eigentlicher Wert liegt in meiner akademischen Arbeit.“
„Aka …?“
„Habe ich es richtig ausgesprochen? Wissenschaftlich. Na ja, nicht genau das, aber ich habe Alvea studiert.“
„Weil Euch an uns etwas lag?“
„Das nicht gerade. Die Erde wählt einen gewissen Bruchteil der Bevölkerung aus, um gewisse Gebiete zu studieren. Dadurch haben sie immer jemanden greifbar, der über Hintergrundwissen verfügt. Ein paar Leute für jeden Planeten.“
„Für den diplomatischen Dienst?“
„Zum Teil.“ Skallon überlegte, wie er es ihr erklären sollte. „Als Reserve, würde ich sagen. Hier zum Beispiel hat man das gesamte Konsulatspersonal für Alvea gesperrt.“
„Man wirft ihnen Unlauterkeit vor, wie ich hörte.“
„Hm. Ja.“ Er beschloß, auf diesen Punkt nicht weiter einzugehen. „Also warf die Erde für diesen Auftrag einen Blick in ihr Reservepotential. Es mußte schnell jemand gefunden werden.“
„Und Ihr wart am besten qualifiziert.“
„Tja, der Psycher stellte fest, daß ich beim Feldtraining nicht gerade der Aggressivste war. Mangelndes Selbstvertrauen, hieß es. Aber als sie mit mir darüber redeten, nannten sie es ‚vorsichtiges Abwägen’. Demzufolge hatten sie wohl nichts dagegen, daß ich so war.“
„Ich verstehe“, sagte Joane. „Eure Vorgesetzten verlangten Besonnenheit.“
„Hah! Sie wollen, daß ich mich heraushalte und die Angelegenheit Fain überlasse.“
„Fain?“
„Das ist der andere Mann. Ich frage mich manchmal, wie zuverlässig diese Psycher waren. Ich fühle mich nicht zuverlässig.“
„Ich bin sicher, Ihr seid es.“ Sie
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