Die Maske des Meisters
Wind das Türschloss aus dem Rahmen gedrückt hatte oder ob das Einbruchspuren waren. Deshalb beschloss Claire, Licht zu machen, und wandte sich um.
In diesem Moment bemerkte sie einen Lichtkegel in der Küche, die sowohl eine Tür zum Wohnzimmer als auch zum Flur besaß.
Vor Schreck versiegten ihre Tränen. Sie rieb über ihre Augen, bis ihr Blick wieder klar war. Auf Zehenspitzen ging sie durch das Wohnzimmer. Sie schlich um die Couch herum, den Blick abwechselnd auf den Boden vor ihren nackten Füßen und die Küche gerichtet. Ihr Puls beschleunigte sich mit jedem Schritt, den sie dem Ausgang näher kam. Schreien machte keinen Sinn. Die Polizisten, die in der Einfahrt im Wagen saßen, würden sie aufgrund des Donners nicht hören.
Es gab nur eine Möglichkeit: Flucht. Und der schnellste Weg zu den Deputy Sheriff’s führte durch die Eingangstür – an der Küche vorbei.
Claires Herz hämmerte in ihrem Brustkorb. Ihr Atem kam ihr unnatürlich laut vor, weil sie sich angestrengt bemühte, keinerlei Geräusche zu machen. Sie setzte einen Fuß vor den anderen. Immer wieder stand sie kurz davor, einfach loszulaufen, doch das würde den Einbrecher auf sie aufmerksam machen.
Ruhig, sagte sie sich, geh ruhig und langsam weiter. Ihr Blick schweifte umher, um eine Waffe zu finden, irgendetwas, mit dem sie sich im Notfall wehren konnte, fand jedoch nichts. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Ihr Körper war so angespannt, dass ihr Nacken schmerzte.
Als sie kurz davor war, die Tür, die vom Flur in die Küche führte, zu passieren, hielt sie es nicht mehr aus. Sie sprintete los, rannte durch den kleinen Korridor und hatte fast den Ausgang erreicht, als Licht auf die Haustür fiel. Es war der Lichtkegel einer Taschenlampe.
„Claire.“ Valis Stimme klang energisch und sanft zugleich.
Claire hielt in ihrer Bewegung inne. Sie war wie paralysiert. Die zwei Schritte bis zur Tür erschienen ihr wie zwei Meilen. Die Hand, die sie bereits nach dem Knauf ausgestreckt hatte, zitterte. Claire zog sie zurück. Es war zu spät. Sie hatte ihre Chance zur Flucht vertan. Vali trug vermutlich wieder seine Handfeuerwaffe und das Bajonett. Das Risiko, verwundet zu werden, wollte sie nicht eingehen.
Als sie sich umwandte, senkte er seine Taschenlampe, um sie nicht zu blenden. Der Lichtkegel zeigte auf einen Punkt zwischen ihnen, der wie eine unsichtbare Grenze war. Sein Gesicht lag im Halbdunkel.
Claire riss überrascht die Augen auf. Sie schwankte zwischen Euphorie und Bestürzung. Vali hatte ein Zeichen gesetzt. Ihr Schicksal war besiegelt.
Denn er trug keine Maske.
31. KAPITEL
Vali besaß tatsächlich einen durchtrainierten Körper. Das hatte Claire bereits ertastet, nun sah sie es mit eigenen Augen. Doch anders als bei Howard, dessen Muskeln immer wie aufgepumpt aussahen, wirkte Vali geschmeidig wie eine Raubkatze. Sein großer, schlanker Körper steckte wie bei ihrem letzten Treffen im Wärterhäuschen in einer dunklen Cargohose und einem dunklen T-Shirt, dazu trug er Armeestiefel.
Ein schwarzer Panther, der seine Beute eingekesselt hat, dachte sie.
Er trug jedoch keine Waffen, zumindest keine über seiner Kleidung. Das ließ ihn allerdings nicht weniger bedrohlich erscheinen.
Als er näher kam, wich sie instinktiv zurück, bis sie mit ihrem Rücken an die Haustür stieß. Nun stand er nah vor ihr. Er gab ihr Zeit, sein Gesicht zu betrachten.
Seine pechschwarzen Haare hatte er kurz geschnitten und nach hinten geföhnt. Oder kam das durch die Sturmmaske, die aus seiner Gesäßtasche lugte? Er musste sie getragen haben, als er zum Haus gepirscht war. Dann hatte er sie ausgezogen.
Er trug einen Seitenscheitel. Seine Augenbrauen waren dünn, seine Lippen voll. Er besaß harte Konturen, die ihm ein männliches Aussehen gaben, doch seine braunen Augen blickten sie voller Wärme an.
Das war also der Mann, der sie über eine Webcam beim Masturbieren beobachtet hatte, mit dem sie zweimal geschlafen hatte, ohne zu wissen, wer er war. Ihre Beine wurden weich. Sie wünschte sich, ihn unter anderen Umständen kennengelernt zu haben. Erneut wurden ihre Augen feucht.
„Nicht schon wieder weinen, Claire, bitte.“ Langsam, damit sie nicht erschrak, neigte er sich vor und küsste ihre Tränen weg, die immer noch feucht auf ihren Wagen schimmerten.
Sie konnte nicht glauben, was er tat, hatte sie doch damit gerechnet, dass er wütend auf sie war, weil sie ihn am Telefon beschimpft hatte. Aber Vali überraschte sie immer
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