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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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Streich gespielt.
    Auf einmal schloss sich die Homepage mit den Anwaltsadressen von alleine, obwohl Claires Hand nicht einmal auf der Maus lag. Sie riss verblüfft die Augen auf. Der Cursor bewegte sich wie von Geisterhand über den Bildschirm. Vali schickte ihr einen Link über den Messenger. Der Cursor klickte ihn an, und es öffnete sich das Onlineportal der Oakwood Tribune. Die Titelzeile des Leitartikels lautete „Leichenfund im Corn Forest“.
    VALI: Wir müssen reden .
    Völlig konsterniert starrte Claire auf den Computer. Sie hatte völlig vergessen, dass Vali Todds Rechner gehackt hatte. Allerdings war sie davon ausgegangen, dass er lediglich mitverfolgen konnte, welche Webseiten sie besuchte. Doch es war viel schlimmer: Er hatte Zugriff auf den PC!
    NYMPHAE: Lass mich in Ruhe!
    In Windeseile fuhr sie den Computer herunter. Sie atmete tief durch, als der Bildschirm schwarz wurde und das Rauschen des Rechners verstummte. Angestrengt lauschte sie, als würde sie vermuten, dass er jeden Moment vor ihr stehen könnte. Doch alles blieb still im Haus.
    Draußen allerdings braute sich ein Unwetter zusammen. Am Morgen hatte der Himmel sich bereits zugezogen, doch es war den ganzen Tag seltsam ruhig geblieben. Die Ruhe vor dem Sturm. Eine Brise kam auf. Die Luft war abgekühlt, aber trotzdem noch schwül. Claire erhob sich und ging zum Fenster. Gewittertierchen krabbelten von außen über die Scheibe. Die Maispflanzen wiegten sich im Wind. Eine Krähe stob mit einem lauten „Krah, krah“ aus dem Garten hoch und hielt etwas in ihrem Schnabel, das Claire nicht erkennen konnte. Dunkle Wolken zogen auf. In der Ferne zuckten die ersten Blitze, aber der Donner war nicht mehr als ein Brummen. Das würde sich bald ändern.
    Als das Telefon klingelte, schrak Claire zusammen. Suchend schweifte ihr Blick im Büro umher. Der Hörer lag auf dem Sideboard, halb begraben unter einem von Todds Achselshirts. Sie sah ihn einfach nur an. Bewegungslos stand sie mit dem Rücken zum Fenster.
    Das Klingeln hörte nicht auf. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass es Vali war. Sie konnte nicht mit ihm sprechen, wollte nicht mit ihm sprechen. Bei einer Konfrontation würde sie entweder heulend zusammenbrechen oder zur Furie werden, beides wollte sie vermeiden. Erst als ihr Zwerchfell schmerzte, merkte sie, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Geräuschvoll atmete sie aus und sog sogleich wieder gierig Luft in ihre Lungen.
    Das Klingeln setzte einen Atemzug lang aus. Dann begann es erneut. Vali war hartnäckig, das wusste sie, das mochte sie, doch in diesem Moment machte es ihr Angst. Er würde nicht aufgeben. War die erneute Kontaktaufnahme Teil seines kranken Spiels? Oder war seine Beharrlichkeit nicht vielmehr ein Zeichen, dass er um sie kämpfte?
    Sehnsucht und Furcht wechselten sich ab. Das andauernde Klingeln machte sie nervös und zerrte an ihren Nerven. Kopfschüttelnd stand sie da, schlang die Arme um ihren Körper und war durcheinander. Er würde nicht aufgeben, das Klingeln würde ewig dauern. Aber was brachte schon ein Telefonat? Nur, was war, wenn sie nicht abhob? Würde er sich auf den Weg zu ihr machen?
    Claire machte einen Schritt in Richtung des tragbaren Telefons. Abrupt blieb sie stehen. Schwankend versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen. Es funktionierte nicht.
    Bevor sie es sich anders überlegen konnte, hechtete sie zum Hörer und drückte den Knopf mit dem kleinen grünen Telefon. „Ich will nicht mit dir reden. Kapier das endlich!“
    „Ich hasse es, ignoriert zu werden“, sagte Vali mürrisch.
    Claire konnte sich nicht länger zurückhalten. Die Furie in ihr gewann die Oberhand. Sie schob ihre Wut wie eine Schutzwand zwischen sich und Vali. „Hast du deswegen eins deiner Entführungsopfer umgebracht? War die Publicity dir nicht groß genug?“
    „Red keinen Unsinn.“
    „Du hast mir die Schlagzeile eben selbst gezeigt, und morgen wird sie auf vielen Titelblättern in ganz Amerika stehen.“
    „Das war nicht meine Intention“, erwiderte er eingeschnappt. „Du solltest mich besser einschätzen können.“
    „Behaupte jetzt nicht, du hast das alles nicht gewollt“, schrie sie in den Hörer. „Du bist kein verwundeter einsamer Wolf, der sich lediglich wehrt, sondern ein Raubtier, das seine Krallen ausgefahren hat, um seine Beute zu zerreißen.“
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. „Du verletzt mich, Claire.“
    Sie rang ihr schlechtes Gewissen nieder, indem sie keifte: „Und was war mit

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