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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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zu stören, indem sie unmittelbar mit ihnen spricht. Sie darf nur per E-mail Verbindung aufnehmen.
    In diesem Unternehmen sind die Telephonapparate und die Computer mit Codes gesichert. Bei der Rückkehr nach ein paar Tagen krankheitsbedingter Abwesenheit findet sie ihre Codes geändert und muß abwarten, bis eine Sekretärin, die dem Geschäftsführer nahesteht, ihren Apparat wieder freischaltet. Sie protestiert:
    «Du hättest meine Daten wieder einspeichern können, wenn Du schon meinen Apparat benutzt hast!»
    «Fall mir nicht auf den Wecker! Für wen hältst Du Dich eigentlich? Hier weiß doch schließlich jeder, daß du ‘nen Knall hast!»
    In der Folge erfährt sie, daß wichtige Telephonanrufe von dieser Sekretärin durchkreuzt wurden, auf Anweisung des Geschäftsführers. Es kommt zu einem Wortwechsel per E-mail zwischen der Sekretärin und Clemence, mit Kopien an den Geschäftsführer. Dieser Geschäftsführer ignoriert Clemence ganz bewußt und beruhigt nur die Sekretärin, die befürchtet hatte, ihn zu stören.
    Nach und nach verliert Clemence ihr Selbstvertrauen. Sie zieht ihr eigenes Verhalten in Zweifel: «Was habe ich getan, daß sie mich so behandeln?» Sie, die als Jahrgangsbeste ihre Schule verlassen hatte, beginnt, ihre beruflichen Fähigkeiten anzuzweifeln. Sie schläft schlecht, fürchtet den Montagmorgen, an dem sie wieder zur Arbeit gehen muß. Sie hat Migräneanfälle, Weinkrämpfe, wenn sie abends ihrem Mann ihren Arbeitstag schildert. Sie verliert jeglichen Schwung, hat keine Lust mehr auszugehen, ihre Freunde zu besuchen.
     
    Die Unternehmen sind nachsichtig, was Übergriffe gewisser Individuen betrifft, sofern es Gewinn bringt und nicht zuviel Aufruhr erzeugt. Während sie den Menschen ermöglichen könnten, sich zu entfalten, zerbrechen sie sie nicht selten.
    In dem Film Enthüllung von Barry Levinson sehen wir, wie ein Unternehmen den Versuch der Vernichtung eines Menschen durch einen anderen geradezu ermöglicht. Die Geschichte spielt sich in einem Unternehmen in Seattle ab, das spezialisiert ist auf die Herstellung von Computerchips. Anläßlich der Fusion mit einem Betrieb, der Programme herstellt, muß ein Verantwortlicher ernannt werden. Meredith, gespielt von Demi Moore, erhält diese unerwartete Beförderung, auf Kosten von Tom (gespielt von Michael Douglas), der doch über mehr Erfahrung, Professionalität und Sachkenntnis für die Aufgabe verfügt. Man könnte meinen, daß jene in Ruhe ihren Triumph auskosten würde ... Ganz und gar nicht, sie will auch den Kopf ihres Rivalen; denn sie ist vor allem neidisch auf das Glück der anderen. Tom ist ein vernünftiger Mann, glücklich mit seiner sanften Frau und seinen zwei entzückenden Kindern. Meredith, die früher einmal seine Geliebte war, kann ihm dieses schlichte Glück nicht nehmen. Sie beschließt daher, ihn zu vernichten. Sie setzt ihr Geschlecht als Waffe ein, macht Annäherungsversuche, die er aber zurückweist. Sie rächt sich, indem sie ihn der sexuellen Belästigung beschuldigt. Der sexuelle Angriff ist nur ein Mittel, den anderen zu demütigen, ihn wie eine Sache zu behandeln, um ihn am Ende zu vernichten. Wenn die sexuelle Demütigung nicht genügt, wird sie andere Mittel finden, um ihr Opfer «zugrunde zu richten».
    In diesem Film finden wir wieder den Kampf um die Macht, der kennzeichnend ist für eine Aggression durch eine narzißtische perverse Person, aber da ist auch das Bedürfnis, sich das Glück des anderen anzueignen und, wenn das nicht gelingt, es zu zerstören. Dazu nützt man seine Schwachstellen aus, und wenn keine vorhanden sind, schafft man welche.
    Ob der Ausgangspunkt ein Konflikt zwischen Menschen ist oder ob er aus der schlechten Organisation des Unternehmens erwächst – es ist Sache des Unternehmens, eine Lösung zu finden; denn wenn es zu quälerischem Verhalten kommt, dann hat das Unternehmen es zugelassen. Es gibt immer einen Moment in diesem Prozeß, wo man Lösungen hätte suchen und eingreifen können. Aber trotz der Erfindung der «Direktoren für Humanressourcen» berücksichtigen die Unternehmen, von Ausnahmen abgesehen, selten den «Faktor Mensch» und noch weniger die psychologische Dimension des Arbeitsklimas.
    Trotzdem sind die wirtschaftlichen Folgen des Quälens für ein Unternehmen nicht unwesentlich. Die Verschlechterung des Arbeitsklimas hat eine erhebliche Leistungs- oder Ertragsminderung in einer Abteilung oder Belegschaft zur Folge. Das Austragen des Konflikts wird zum

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