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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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ihnen den Atem nimmt, daß sie nichts alleine tun können. Sie beschreiben den Eindruck, keinen Raum zum Denken zu haben.
    Zunächst gehorchen sie, um ihrem Partner Freude zu bereiten oder um ihn aufzurichten, weil er unglücklich aussieht. Später werden sie gehorchen, weil sie Angst haben. Am Anfang, vor allem bei Kindern, wird die Unterwerfung hingenommen als Notwendigkeit, sich dankbar zu zeigen; sie scheint besser zu sein als Verlassenheit. Da ein Perverser wenig gibt und viel verlangt, ist Erpressung impliziert, zumindest die Vermutung: «Wenn ich mich fügsamer zeige, wird er mich endlich achten oder lieben können.» Ein aussichtsloses Unterfangen, denn der andere ist nicht zufriedenzustellen. Das Gegenteil tritt ein: Dieses Betteln nach Liebe und Anerkennung löst bei dem narzißtischen Perversen Haß und Sadismus aus.
    Das Paradoxe an der Situation ist, daß die Perversen um so stärker Druck machen als sie selbst gegen die Angst vor der Macht des anderen ankämpfen – eine fast panische Angst, wenn sie diesen anderen als überlegen empfinden.
    Die Phase der beherrschenden Einflußnahme ist für das Opfer noch eine Zeitspanne, während der es verhältnismäßig ungestört bleibt, sofern es gefügig ist, das heißt, sofern es sich im Spinngewebe der Abhängigkeit fangen läßt. Doch da macht sich bereits eine hinterhältige Gewalt breit, die sich nach und nach in objektive Gewalt wandeln kann. Während der Dauer des beherrschenden Einflusses ist keinerlei Veränderung möglich, die Lage ist festgefahren. Die Furcht, die jeder der beiden Protagonisten vor dem anderen empfindet, hat die Tendenz, diese ungemütliche Lage fortdauern zu lassen:
     
    • # Der Perverse ist gehemmt, sei es durch eine innere Anständigkeit, die an seine eigene Geschichte geknüpft ist und die ihn hindert, unmittelbar zur Tat zu schreiten; sei es durch seine Angst vor dem anderen;
    • # Das Opfer ist gehemmt durch den beherrschenden Einfluß und die Angst, die dieser in ihm verursacht, aber auch durch die Weigerung wahrzunehmen, daß man es abweist.
     
    Während dieser Phase hält der Aggressor den anderen in einem Zustand der Anspannung, der einem permanenten Streßzustand gleichkommt.
    Der beherrschende Einfluß ist im allgemeinen für außenstehende Beobachter nicht sichtbar. Selbst angesichts gewisser eindeutiger Tatsachen bleiben sie blind. Die destabilisierenden Anspielungen erscheinen nicht als solche für den, der den Zusammenhang und die Hintergedanken nicht kennt. Während eben dieser Phase geht auch ein Prozeß der Isolierung vonstatten. Die Verteidigungshaltung, in die das Opfer gedrängt wird, treibt es zu Verhaltensweisen, die die Umgebung reizen. Es wird streitsüchtig oder zum Jammerlappen oder von fixen Ideen verfolgt. In jedem Fall verliert es seine Ursprünglichkeit. Die Umgebung versteht nicht und wird zu einer negativen Meinung über das Opfer verführt.
     
     
     
    4. Die perverse Kommunikation
     
    Zur Durchsetzung des beherrschenden Einflusses bedient sich der Aggressor gewisser Vorgehensweisen, die die Illusion von Kommunikation bieten – einer eigenartigen Kommunikation, nicht geschaffen, um zu verbinden, sondern fernzuhalten und jeglichen Austausch zu verhindern. Diese «verzerrte» Kommunikation verfolgt den Zweck, den anderen zu «benützen». Man muß ihn mit Worten manipulieren, ihn immer mehr verwirren, damit er nur ja nicht merkt, was hier gespielt wird. Totaler Black-out ist unerläßlich, um das Opfer ohnmächtig, hilflos zu machen.
    Auch wenn sie nonverbal, versteckt, unterdrückt bleibt, die Gewalt ist dennoch da: im Unausgesprochenen, in den Anspielungen, in den absichtlichen Auslassungen, und dadurch überträgt und erzeugt sie Angst.
     
     
    Die unmittelbare Kommunikation verweigern
     
    Unmittelbare Kommunikation findet nie statt; «man diskutiert nicht mit Sachen».
    Wird eine direkte Frage gestellt, weichen die Perversen aus. Da sie nicht sprechen, unterstellt man ihnen Größe und Weisheit. Man betritt eine Welt, in der es wenig mündliche Kommunikation gibt, gerade mal kleine Seitenhiebe destabilisierender Art. Nichts wird benannt, alles bleibt unausgesprochen. Es genügt ein Achselzucken, ein Seufzer. Das Opfer versucht zu verstehen: «Was habe ich ihm getan? Was hat er mir vorzuwerfen?» Da nichts gesagt wird, kann alles Vorwurf sein.
    Das Bestreiten eines Vorwurfs oder Konflikts seitens des Aggressors lähmt das Opfer, das sich nicht wehren kann. Die Aggression wird verübt durch

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