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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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unterbeschäftigt ist und über ein Ausbildungsniveau verfügt, das dem des Vorgesetzten gleich ist oder es sogar übertrifft. Für den geht es dann darum, den Druck zu erhöhen, bis der Arbeitnehmer nicht mehr mithalten kann oder sich am Ende selbst ins Unrecht setzt. Die wirtschaftlichen Zwänge führen dazu, daß man den Arbeitnehmern immer mehr abverlangt und ihnen zugleich immer weniger Beachtung schenkt. So vollzieht sich eine Abwertung der Person und ihres Könnens. Der einzelne Mensch zählt nicht. Seine Geschichte, seine Würde, seine Pein bedeuten wenig.
    Angesichts dieser Dingwerdung, dieser Robotisierung fühlen sich die meisten Angestellten in Privatunternehmen in zu schwacher Position, um etwas anderes zu tun, als innerlich zu protestieren und den Nacken zu beugen in der Hoffnung auf bessere Tage. Wenn der Streß sich zeigt mit Schlaflosigkeit, Erschöpfung und Reizbarkeit, so lehnt der Arbeitnehmer es häufig ab, sich krankschreiben zu lassen, wie es sein Arzt ihm empfiehlt – aus Furcht vor den Repressalien bei seiner Rückkehr.
    Es gibt mehrere Arten, sich eines störenden Arbeitnehmers zu entledigen, auch wenn man ihm nichts vorzuwerfen hat:
     
    • # Eine Umstrukturierung des Betriebs hat die Abschaffung seiner Stelle im Gefolge: In diesem Fall kann man eine Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen vornehmen;
    • # Man überträgt ihm eine schwierige Aufgabe und sucht seine Schwächen, um ihn anschließend aufgrund von Fehlern entlassen zu können;
    • # Man kann ihn auch psychisch quälen, um ihn an den Rand des Zusammenbruchs zu treiben und ihn – warum nicht? – zu veranlassen, von sich aus die Kündigung einzureichen.
     
    Auch wenn das nicht bewußt eingesetzt wird, macht sich Quälerei ans Werk, wenn der Arbeitnehmer bereits geschwächt ist aus einem Grund, der nichts mit seiner Arbeit zu tun hat. Wenn jemand den Eindruck erweckt, er stehe aus persönlichen Gründen (z. B. Scheidung) dem Unternehmen weniger zur Verfügung, so beginnt man hinterhältig, ihm Dinge vorzuwerfen, die man ihm zuvor – zu Recht oder Unrecht – niemals vorgeworfen hatte. Was man bisher hingenommen hatte, nimmt man nicht mehr hin, weil man spürt, daß der andere angreifbar geworden ist. Die Drahtzieher dieses Quälens sind dabei überzeugt, daß sie recht haben und die Person tatsächlich unfähig ist.
    Sich der Schwäche des anderen zu bedienen ist ein in der Welt des Geschäfts und der Politik schon übliches und sogar anerkanntes Verfahren. Man schmeichelt sich, erfolgreich zu sein «in einem Wespennest» oder «in einer Welt von Haien».
     
    Michael ist Mehrheitsgesellschafter in einer großen Beraterfirma. Seit ihrer Gründung hat sich diese Kanzlei stark weiterentwickelt, und seit kurzem beschäftigt sie junge «Diplomierte», die auf schnellen Erfolg hoffen. Franz, der andere Mehrheitsgesellschafter, ein langjähriger Freund, bedient sich nicht immer ganz koscherer Methoden. Michael macht da nicht mit, will aber deswegen nicht die Gesellschaft aufs Spiel setzen, auf der auch sein Erfolg beruht.
    Eines Tages hört er, wie seine Mitarbeiter munkeln, jemand wolle ihm ans Leder, und daß er Ärger bekommen wird mit Arbeitnehmern, die unzufrieden sind wegen eines Streits, den Franz ausgelöst hatte. Er stellt Franz zur Rede, doch der antwortet mit einem Angriff: «Wenn Du abhauen willst, hau ab, ich weiß von nichts!»
    Michael wußte schon immer, daß dieser Mann niemanden achtet. Er nutzt die anderen aus, indem er ihnen die Macht verlockend und nah ausmalt, und richtet es so ein, daß Konflikte zwischen den Minderheitsgesellschaftern angeheizt werden, um seine Stellung noch weiter zu festigen. Im Büro herrscht ein ungesundes Klima unterschwelliger Machtkämpfe. Ein junger Mitarbeiter spürt das und zieht es vor zu gehen, weil er weiß, daß im Falle einer Schieflage des Unternehmens die zuletzt Hinzugekommenen die Gefährdetsten sein werden.
    Um Michael zu destabilisieren, gibt Franz Akten nicht weiter oder vertraut sie leichter zu beeinflussenden Mitarbeitern an. Anfangs verteidigt sich Michael mehr schlecht als recht. Er kann nicht glauben, daß sein ehemaliger Kommilitone sich ihm gegenüber so benehmen kann, obwohl er dessen rücksichtslose Managementmethoden kennt. Erst als Michael feststellt, daß Franz vom gemeinsamen Konto schöpft, ohne ihn davon zu unterrichten, reagiert er und baut eine Verteidigungsstrategie auf.
     
     
    Das Unternehmen, das die perversen Methoden
geradezu fördert
     
    Ein

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