Die Masken der Niedertracht
einsetzen, müssen wir inaktiv scheinen; wenn wir nahe sind, müssen wir den Feind glauben machen, daß wir weit entfernt sind; wenn wir weit entfernt sind, müssen wir ihn glauben machen, daß wir nahe sind.» 20
Die unvollständigen, paradoxen Botschaften entsprechen einer Angst vor der Reaktion des anderen. Man redet, ohne etwas zu sagen, in der Hoffnung, der andere werde die Botschaft verstehen, ohne daß die Dinge beim Namen genannt werden müßten. Diese Botschaften lassen sich meistens erst nachträglich entschlüsseln.
Reden, ohne etwas zu sagen, ist ein geschickter Trick, um sich in allen Situationen zu behaupten.
Diese indirekten Botschaften sind harmlos, allgemein oder indirekt aggressiv – «Vor Frauen soll man sich hüten!» «Frauen, die arbeiten, vernachlässigen den Haushalt!» –, was dann abgemildert wird, wenn der Partner protestiert: «Ich habe doch nicht Dich gemeint. Wie empfindlich Du sein kannst!»
Es geht darum, die Oberhand zu behalten in einem mündlichen Austausch. Ein zu direktes Vorgehen könnte den Partner ja dazu verleiten, dem Aggressor Herrschsucht vorzuwerfen. Die indirekten Techniken aber destabilisieren und verleiten ihn, das, was sich da gerade abgespielt hat, für unwirklich zu halten.
Ein anderer Typus von indirekter Lüge besteht darin, verschwommen oder ausweichend zu antworten, oder mit einem Ablenkungsmanöver. Zu einer Frau, die ihre Zweifel an der Treue ihres Mannes äußert: «Um so etwas zu sagen, mußt Du Dir selbst etwas vorzuwerfen haben!»
Die Lüge kann auch in Details stecken: Seiner Frau, die ihm vorwirft, acht Tage mit einem Mädchen aufs Land gefahren zu sein, antwortet der Ehemann: «Die Lügnerin bist Du, zum einen waren es nicht acht Tage, sondern neun, und zum anderen handelt es sich nicht um ein Mädchen, sondern um eine Frau!»
Was man auch sagen mag, die Perversen finden immer einen Weg, recht zu haben, um so mehr, als das Opfer schon destabilisiert ist und im Gegensatz zu seinem Aggressor keinerlei Spaß an Polemik hat. Die Verwirrung des Opfers ist die Folge der ständigen Verwechslung von Wahrheit und Lüge.
Direkt wird die Lüge bei den narzißtischen Perversen erst während der Phase der Zerstörung, wie wir im folgenden Kapitel sehen werden. Es ist dann eine Lüge, die jedem Augenschein spottet. Dennoch überzeugt gerade und vor allem die Lüge, an die der Lügner glaubt. Wie auch immer die Ungeheuerlichkeit der Lüge sein mag, der Perverse steht dahinter und überzeugt den anderen am Ende.
Wahrheit oder Lüge, das bedeutet den Perversen wenig: Wahr ist das, was sie im Augenblick sagen. Diese Verfälschungen der Wahrheit sind bisweilen von phantastischer Machart. Jede Botschaft, die nicht ausdrücklich in Worte gefaßt ist, selbst wenn sie durchscheint, darf vom Gesprächspartner nicht beachtet werden. Da sie nicht direkt ausgesprochen wurde, existiert sie nicht. Die Lüge geht einher mit dem Bedürfnis, nicht zur Kenntnis zu nehmen, was der narzißtischen Selbstsucht widerspricht.
So sieht man, wie die Perversen ihre Geschichte in ein großes Geheimnis hüllen, das den anderen eine Überzeugung gewinnen läßt, ohne daß irgend etwas gesagt worden wäre: verbergen, um zu zeigen.
Mit Sarkasmus, Spott und Verachtung umgehen
Gegenüber der äußeren Welt herrschen Verachtung und Spott vor. Die Verachtung betrifft den gehaßten Partner; das, was er denkt; das, was er tut; aber auch seine Umgebung. Die Verachtung ist die Waffe des Schwachen; sie ist ein Schutz gegen unerwünschte Gefühle. Man versteckt sich hinter einer Maske aus Ironie oder Spott.
Diese Verachtung und dieser Spott werden besonders gegen Frauen gerichtet. Im Fall der sexuell Perversen gibt es eine Verneinung des weiblichen Geschlechts. Die narzißtischen Perversen verleugnen die Frau insgesamt, als Individuum. Sie finden Vergnügen an allen Scherzen, die Frauen ins Lächerliche ziehen. Das kann gefördert werden durch das Entgegenkommen der Zeugen:
Während einer Talk-Show im amerikanischen Programm NBC sollte ein junges Paar öffentlich über folgendes Problem diskutieren: «Er kann mich nicht ausstehen, weil ich kein Top-Model bin.» Der junge Mann erklärte, daß seine Freundin – die Mutter seines Kindes – nicht so sei, wie er es sich gewünscht hätte: mit schlanker Taille, sexy; ihre Zähne und ihre Brüste seien unvollkommen und sie folglich nicht begehrenswert. Sein Traumbild sei Cindy Crawford. Er gab sich derart herablassend, daß seine Frau in
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