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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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uns Einstein. Da er der Anwesenheit Mileva Marićs, der Mutter seiner beiden Kinder, überdrüssig ist, aber nicht gewillt ist, die Initiative zu einem Bruch zu ergreifen, stellt er schriftlich drakonische und demütigende Bedingungen für die Fortsetzung eines gemeinsamen Lebens:
     
    Bedingungen
     
    A. # Du sorgst dafür
    1) # daß meine Kinder und Wäsche ordentlich im Stand gehalten werden.
    2) # daß ich die drei Mahlzeiten im Zimmer ordnungsgemäß vorgesetzt bekomme.
    3) # daß mein Schlafzimmer und Arbeitszimmer stets in guter Ordnung gehalten sind, insbesondere, daß der Schreibtisch mir allein zur Verfügung steht.
    B. # Du verzichtest auf alle persönlichen Beziehungen zu mir, soweit deren Aufrechterhaltung aus gesellschaftlichen Gründen nicht unbedingt geboten ist. Insbesonders verzichtest Du darauf
    1) # daß ich zu Hause bei Dir sitze
    2) # daß ich zusammen mit Dir ausgehe oder verreise.
    C. # Du verpflichtest Dich ausdrücklich, im Verkehr mit mir folgende Punkte zu beachten
    1) # Du hat weder Zärtlichkeiten von mir zu erwarten noch mir irgendwelche Vorwürfe zu machen.
    2) # Du hast eine an mich gerichtete Rede sofort zu sistieren, wenn ich darum ersuche.
    3) # Du hast mein Schlaf- bzw. Arbeitszimmer sofort ohne Widerrede zu verlassen, wenn ich darum ersuche.
    D. # Du verpflichtest Dich, weder durch Worte noch durch Handlungen mich in den Augen meiner Kinder herabzusetzen. 21
     
    Hier ist der Machtmißbrauch deutlich, er ist sogar niedergeschrieben. Bei einem Perversen ist das Beherrschen hinterhältig und wird abgeleugnet. Die Unterwerfung des anderen genügt nicht; man muß sich seines Wesens bemächtigen.
    Die perverse Gewalt stellt sich schleichend ein, manchmal unter der Maske von Freundlichkeit oder Wohlwollen. Der Partner ist sich der Gewalt nicht bewußt, er kann bisweilen sogar die Illusion hegen, er bestimme die Spielregeln. Niemals gibt es einen offenen Konflikt. Wenn diese Gewalt sich insgeheim weiter entfalten kann, dann liegt bereits eine echte Verzerrung der Beziehung zwischen dem Perversen und seinem Partner vor.
     
     
     
    5. Die perverse Gewalt
     
    Sich dem beherrschenden Einfluß zu widersetzen bedeutet, sich dem Haß auszusetzen. In diesem Stadium wird der andere, der nur als nützliches Objekt existierte, ein gefährliches Objekt, das man sich, egal mit welchen Mitteln, vom Halse schaffen muß. Die perverse Strategie tritt offen ans Licht.
     
     
    Der Haß wird gezeigt
     
    Die Phase des Hasses tritt offen zutage, wenn das Opfer widersteht, wenn es versucht, als Person aufzutreten und ein wenig Freiheit zu gewinnen. Ungeachtet vieldeutiger Gesamtumstände versucht es, eine Grenze zu ziehen. Ein auslösendes Ereignis läßt es sagen: «Das reicht!» sei es, weil ein äußeres Geschehen ihm erlaubt hat, sich seiner Unterjochung bewußt zu werden – im allgemeinen geschieht das, wenn es gesehen hat, wie sich sein Aggressor auf einen anderen stürzt; sei es, wenn der Perverse einen anderen potentiellen Partner gefunden hat und versucht, den vorigen zum Fortgehen zu drängen, indem er seine Gewalt verstärkt.
    In dem Moment, da das Opfer den Eindruck erweckt, ihm zu entschlüpfen, überkommt den Aggressor ein Gefühl von Panik und Raserei; er tobt.
    Wenn das Opfer ausspricht, was es empfindet, muß man es zum Schweigen bringen.
    Das ist eine Phase des Hasses im Reinzustand, äußerst heftig, mit Tiefschlägen und Beschimpfungen, mit Worten, die herabsetzen und demütigen, die alles ins Lächerliche ziehen, was dem anderen eigentümlich ist. Dieser Panzer aus Sarkasmus schützt den Perversen vor dem, was er am meisten fürchtet: der Kommunikation.
    In seinem Bemühen, um jeden Preis einen Meinungsaustausch zu erreichen, stellt sich der andere bloß. Je mehr er sich bloßstellt, um so mehr wird er angegriffen, und um so mehr leidet er. Das Schauspiel dieses Leidens ist dem Perversen unerträglich: Er verstärkt seine Aggression, um sein Opfer zum Schweigen zu bringen. Wenn der andere seine Schwächen erkennen läßt, beutet der Perverse sie sogleich gegen ihn aus.
    Der Haß bestand schon während der Phase des beherrschenden Einflusses, aber der Perverse hatte ihn versteckt, maskiert, um diese Beziehung in einem Zustand der Starre fortbestehen zu lassen. All das, was bereits in geheimer Form vorhanden war, tritt von nun an zutage. Das Unternehmen der Zerstörung wird systematisch.
    Es handelt sich hier nicht um Liebe, die sich in Haß wandelt, wie man zu glauben geneigt ist,

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