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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Auch ohne Ziani.»
    «Was ist mit dem Telegramm aus Turin?»
    «Das hat Ziani vermutlich vernichtet. Und offenbar hat er zu niemandem etwas gesagt.»
    «Keine misstrauischen Blicke? Keine Fragen?»
    «Sie sind völlig ahnungslos.»
    «Dann war der Mord ein glücklicher Umstand.»
    Dem konnte Boldù nur zustimmen. Er lächelte. «So  könnte man es sehen.»
    «Haben Sie etwas über den Stand der Ermittlungen erfahren können?»

    «Commissario Tron hat so reagiert, wie ich es erwartet hatte», sagte Boldù. «Er war nachts auf San Michele und hat das Grab geöffnet.»
    «Von wem wissen Sie das?»
    «Von einem Totengräber auf der Insel. Er hat mir erzählt, dass sich nachts jemand am Grab zu schaffen gemacht hat. Es kann nur die Polizei gewesen sein.»
    «Ein leerer Sarg hilft ihnen auch nicht weiter.»
    «Doch», erwiderte Boldù. «Sie werden sich gesagt haben, dass irgendetwas nach Venedig geschmuggelt worden ist.»
    «Aber sie können nicht wissen, was geschmuggelt wurde.»
    Auch über diesen Punkt hatte Boldù nachgedacht. Das  Tempo, in dem die venezianische Polizei ihre Ermittlungen vorantrieb, war beeindruckend. Dieser Commissario Tron war hochintelligent. Und vermutlich hatte er das getan, was Boldù selbst als Polizist getan hätte.
    «Es kommt darauf an, wie das Schießpulver verpackt  worden ist», sagte Boldù.
    Oberst Hölzl runzelte die Stirn. «Sie meinen, es könnten sich noch Reste im Sarg befunden haben?»
    Boldù nickte. «Die Substanz lässt sich analysieren. Was sie vermutlich bereits getan haben.»
    «Also wissen sie, was in dem Sarg transportiert worden ist. Aber wie kommt die venezianische Polizei auf Zorzi und seine Leute?»
    «Sie sind schon dran», sagte Boldù. «Commissario Tron war wegen des Mordes an Ziani bei Zorzi.»
    «Wie das?»
    «Dieser Zorzi betreibt ein Spielcasino in Canareggio, und Ziani hat dort als Croupier gearbeitet», erklärte Boldù.
    «Reden Sie weiter.»
    «Sie haben Zündschnüre in Zianis Wohnung gefunden»,

    fuhr er fort. «Und natürlich eine Verbindung zwischen ihnen und dem Sprengstoff hergestellt. Jedenfalls soll sich der Commissario im Gespräch mit Zorzi so geäußert haben.»
    Oberst Hölzl stieß einen Pfiff aus. «Das heißt, sie wissen auch, dass Ziani in die Angelegenheit verwickelt war.»
    Boldù nickte. «Und vermutlich werden sie jetzt Zorzi unter die Lupe nehmen.»
    «Was ist, wenn sie nichts finden? Wir haben keine Zeit mehr. Diese Leute müssen spätestens Dienstagmorgen ausgeschaltet sein.»
    Boldù überlegte. «Wenn Tron nicht weiterkommt, werden wir ihm einen anonymen Hinweis geben. Der selbstverständlich später in keinem seiner Berichte auftauchen wird.»
    «Sie meinen, er wird den Hinweis unterschlagen, damit wir später den Ermittlungserfolg seinem Scharfsinn zurechnen?»
    «Natürlich. Aber es wäre mir lieber, wenn wir nicht auf dieses letzte Mittel zurückgreifen müssten», sagte Boldù.
    «Und Sie sind sich ganz sicher, dass Tron den Fall nicht doch noch an die Kommandantura abgibt?»
    Boldù schüttelte den Kopf. «Das werden sie nicht tun.»
    «Und warum nicht?» Oberst Hölzl zog die Mundwinkel  nach unten und sah Boldù skeptisch an.
    Eine berechtigte Frage, dachte Boldù. Er hatte in den vergangenen Tagen immer wieder versucht, sich ein Bild von diesem Tron zu machen, und war zu dem Schluss gekommen, dass er nur für seinen Beruf lebte. Und dass es ihm ein großes Vergnügen bereiten würde, die militärischen Ermittlungsbehörden zu blamieren.
    «Dieser Tron ist extrem ehrgeizig», antwortete Boldù.
    «Ich bin sicher, dass er von morgens bis abends an dem Fall arbeitet.»

33
    Die Fliege auf Trons Brötchen hatte ihre besten Tage hinter sich. Sie klebte an einer halben Kirsche, man hätte sie mit einem Fruchtpartikel der Konfitüre verwechseln können. Normalerweise hätte Tron zugebissen, und das Insekt wäre unbemerkt in seinem Magen verschwunden.
    Aber da er seinen Kneifer aufgesetzt hatte, sah er es mit großer Deutlichkeit. Die Flügel und die Beinchen fehlten, doch daran, womit er es hier zu tun hatte, bestand kein Zweifel.
    Tron schloss die Augen und überlegte. Sollte er die  Marmelade wieder abkratzen und eine Diskussion über die Qualität des Brotaufstrichs riskieren? Eine Diskussion, zu der er sich so früh am Morgen nicht aufgelegt fühlte? Oder sollte er heroisch die Augen schließen, in das Brötchen hineinbeißen und den Happen sofort mit einem Schluck Kaffee nachspülen? Und wie war eigentlich die Laune

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